2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
keinen Sinn hatte, Jed 1 zu suchen, vielmehr müssten wir ihn dazu bringen, sich von allein zu zeigen.
»Ja, sicher«, sagte ich zum x n -ten Mal. »Allerdings wird jemand, der so paranoid ist, sich nur sehr mühsam ausräuchern lassen.«
»Wir müssen eben sehr subtil vorgehen«, erwiderte Marena. »Wir müssen seinen Verdacht erregen.« Und, fuhr sie fort, sein Verdacht müsse der Wahrheit so nahe kommen wie möglich. Indem er beispielsweise glaubte, wir hätten etwas Spielveränderndes aus Guatemala mitgebracht. Oder besser noch, er ging davon aus, es wäre etwas noch Größeres – dass unsere neue, verbesserte Version des Opferspiels uns gestatten würde, seine schändlichen Pläne zu vereiteln. Taro warf ein, wir sollten womöglich eine ähnliche Anomalie erzeugen. »Etwas, das den Einzelereignissen der Domino-Kaskade parallel läuft«, sagte er. »Dann würde es ihm so vorkommen, als hätten wir eine Art Blockadestrategie entwickelt.«
Ich war nicht überzeugt.
»Seine Neugierde muss die Oberhand gewinnen«, sagte Taro.
»Nicht nur seine Neugier«, warf Marena ein. »Auch sein Stolz.«
»Also wie die Strategie aus Wie schlägt man Bobby Fischer? «, fragte ich.
»Was ist das?«
»Wir müssen Jed 1 den Eindruck vermitteln, dass das Spiel gegen uns ihm ein letztes Ventil für seine Kreativität bietet.«
»Genau«, sagte Taro. »Er könnte sogar Lunte wittern, aber er muss glauben, dass die Falle etwas anderes ist als in Wirklichkeit. Dann reizt er vielleicht zu hoch.«
»Okay, hört zu«, sagte Marena. »Betrachten wir es mal aus einer anderen Perspektive. Was hasst Jed 1 wirklich?«
»Die ganze Welt«, antwortete ich.
»Also ist sein Hass zu allgemein. Geben wir ihm etwas, worauf er ihn richten kann.«
»Und was soll das sein?«, fragte ich.
»So etwas wie einen Filmstar. Jeder ist eifersüchtig auf die Filmstars, stimmt’s?«
»Na ja …«
»Von dieser Sache verstehe ich wenigstens mal etwas.«
»Du meinst, vom Filmemachen?«
»Ja.«
»Das heißt, du willst in einer Woche einen Film drehen, oder was? Und ihn in die Kinos bringen?«
»Nein, natürlich nicht. Wir müssen keinen ganzen Film drehen, nur den Trailer. Verstehst du? Gerade genug, um Jed 1 glauben zu machen, der Dreh würde tatsächlich stattfinden.«
»Hmm.«
»Okay? Und dann wird er eifersüchtig, er kontaktiert uns, er vermasselt irgendwie die Rufumleitung, mit der er seinen Standort verschleiert, und wir haben ihn.«
»Hmm.«
»Meinst du nicht auch?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
»Aber du solltest es wissen. Gerade du solltest es wissen.«
»Na ja …«
»Komm schon. Wir machen einen Star aus dir.«
(87)
Am 4. November 2012 stand ich um 14:05.49 Uhr auf einem † aus DayGlo-Green-Gaffertape vor einer grünen Leinwand und trug grüne Bandagen, wo später Kostümdetails hinzugefügt wurden, und sprach zu einem grünen Ding, das sie hin und her bewegten.
Ich wusste, dass Filmaufnahmen von jeher alles andere als glamourös abliefen, doch in unserer Zeit der Vormachtstellung von Computergrafik sind sie noch viel prosaischer geworden. Hin und wieder rief man mir Anweisungen zu.
Zum Glück brauchte man heute auch nichts mehr von Schauspielerei zu verstehen. Was unser Produkt anging, besaß es immerhin so viel Klasse, dass ein wenig untertiteltes Yukateko darin gesprochen wurde; wenn beispielsweise die Jed-Figur mit 2 JS redete, sprachen sie in dieser pseudohistorischen Art, ohne Verkürzungen, als wären Verkürzungen damals noch nicht erfunden gewesen.
Am 13. November ließ Marena den Trailer auf YouTube »durchsickern«. Die Hauptrolle in Chrononaut: Maya sollte Tony Sic – ich – als er / mich selbst spielen. Das Premierendatum war auf den Sommer 2013 angesetzt. Der Trailer benutzte Aufnahmen, die das kleine Filmteam bei unserem Einsickern nach Guatemala gemacht hatte, dazu Szenen vom Bewusstseinstransfer und von meinem Missionsbericht, außerdem einiges Archivmaterial vom Disney-World-Horror und anderen zeitgenössischen Ereignissen, alles vermischt mit ein paar Szenen, die ich vor der grünen Leinwand »darstellte« und die mit computergenerierten Hintergründen versehen wurden. Sie gaben einige meiner Erlebnisse im »Alten Mayaland« wieder. Der Trailer deutete an, dass der Film eine vereinfachte und streng zensierte Version meiner »Zeitreise« erzählte. Natürlich war er abscheulich, aber Marena sagte nur: »Wir kämpfen ums Überleben, also was soll’s?«
Natürlich glaubten die meisten Blogger
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