2030 - Chimaerenblut
heiß gelaufen. Wir brauchen unbedingt ein neues Gerät.«
»Josi. Constantin. Das ist ehrlich gesagt nicht das, was ich wissen wollte.« Lars gab ein unterdrücktes Grunzen von sich. »Als ich vorhin Maß genommen habe, um das Neoprenkleid für Josi anzupassen, fielen mir ein paar silberne Schuppen auf.«
Josis Herz begann zu rasen. Sie zog ihre Hände unter den Tisch und krallte die Finger ineinander.
Constantin ließ seine Gabel fallen. »Mist.«
Yu und Ben tauschten einen kurzen Blick aus. Sie erhoben sich wortlos vom Frühstückstisch und räumten das Geschirr in die Spülmaschine.
» Grrk «, Lars erstickte erneut ein Grunzen. »Vielleicht nur eine raue Stelle. Aber für mich sah es aus, als würden sich dort silberne Schuppen bilden.«
»Wo?«
»Der Streifen unterhalb … na der schräg unter der Rippe langläuft.«
Constantin betäubte die Stelle mit einem Spray, dann stanzte er erneut eine winzige Probe aus Josis Gewebe, gab einen Tropfen Flüssigkeit dazu und schob die Gewebezellen ins Gerät.
Der Sequenzierer war am Abend zuvor dreimal ausgefallen. Dann hatten sie zwar ein Ergebnis bekommen, aber es zeigte lediglich Haifisch- und Menschen-Gene an, sowie undefinierbare Proteinreste. Das Gerät schaltete auf Error um. Die vorläufige Auswertung lautete: Haifisch-Mensch. Doch Lars hatte Recht, die Haut schimmerte silbrig. Vielleicht Schuppen.
»Dauert jetzt noch mindestens eine halbe Stunde, bis die Maschine die Schichten erfasst und aufbereitet hat. Dann können wir alles in den Sequenzierer geben. Vielleicht wissen wir bald mehr«, sagte Constantin und drückte Josis Hand.
Das Gerät gab keinen Mucks von sich. Lars reparierte eine Stunde am Sequenzierer . Dann rieb er seine Nase und kündigte an, dass er Ersatzteile benötige. Das Gerät sei am A... Er verkniff sich den Rest. Yu und Ben sollten bei ihrem nächsten Einkauf die Teile aus Dubai mitbringen. Die Lieferzeit würde allerdings zwei Tage brauchen, fügte Lars hinzu. »Spezialteile. Die muss ich bestellen.«
Josi versuchte sich abzulenken und bot an, Lars in der Küche zu unterstützen. Sie nahm das Messer und begann Kartoffeln zu schälen . Was die Besatzung mit den teuren Geräten machte, war ihr ein Rätsel. Wirtschaftsspionage? Virenhandel? Wozu hatten sie einen veralteten DNA- Sequenzierer und ein Elektronenmikroskop an Bord?
Sie schnitt die Kartoffelschalen spiralförmig.
Warum Schuppen?
Constantin hatte über das erwartete Ergebnis geschwiegen. Aber das Wort lag in der Luft: Triple-Chimäre. Wenn sich ein weiterer Fisch mit ihren Genen gemischt hatte, dann wäre sie genau das. Vielleicht diesmal ein Delfin? Nein, das kann nicht sein. Delfine haben keine Schuppen. Vielleicht Lachs oder Thunfisch – irgendetwas musste sich dieser Wilmershofen bei seinen Versuchen gedacht haben. Aber wie war es passiert?
Wieder und wieder ging sie den Einbruch durch. Die Hühner sahen krank aus, aber nicht wie Fisch… Plötzlich fiel ihr ein, mit welch starrem Blick Leon aus dem hinteren Raum gekommen war. Sie hatten sich kurz berührt, er wollte sie mitziehen. Aber da war noch das Huhn… das Huhn hat mich gekratzt, doch da war Leon schon weg…
Sie griff nach der nächsten Kartoffel und schälte mechanisch weiter. Wenn Kathi wüsste... Lange hatte sie nicht an Kathi gedacht. Josi erinnerte sich an die Tage kurz bevor sie hier gestrandet war so schemenhaft, als wären Jahre vergangen.
Die Freundschaft zu Kathi hatte sich verändert. Josi fühlte es überdeutlich und spürte plötzlich Traurigkeit.
Die Kartoffel glänzte feucht. Josi legte sie in den Topf und grübelte weiter. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Kathi mit nach Chicago zu nehmen? Haben wir uns voneinander entfernt, weil ich mich verändert habe?
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Die Stunden, als sie orientierungslos im Meer getrieben war, da hatte sie sich merkwürdig gefühlt. Irgendwie ruhelos und distanziert zugleich… so als stünde sie neben sich.
Plötzlich fiel es ihr wieder ein: Sie hatte Muscheln gegessen. Igitt! Josi fasste sich unwillkürlich an den Magen. Lebende Tiere hatte sie roh aus der Schale geschlürft. Kathi würde es nicht glauben.
Josi legte das Messer auf die Kartoffelschalen. Sie war mit ihrer Arbeit fertig. Gedankenverloren wischte sie über die Tischplatte. Das Holz hatte viele tiefe Kratzer. Alle von Yu ? Josi hatte ihre Krallen gesehen und beobachtet wie sie die Waffen ausgefahren hatte, als sie in Stress geraten war. Kathi war dagegen
Weitere Kostenlose Bücher