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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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sind nur wund, versuchte sie sich zu beruhigen.
    Vielleicht war die fünfte Kieme schon länger da und die Haut jetzt erst aufgeplatzt. Vielleicht hatte ihr Arzt das bei der letzten Untersuchung übersehen. Wer sah denn noch so genau hin? Am Anfang hatten die Ärzte alles millimetergenau vermessen. Doch je mehr Betroffene es gab, umso unwichtiger war das Schicksal eines Einzelnen.
    Während des Frühstücks bemerkte sie mehrfach Ethans fragenden Blick. Doch er schwieg.
    Hoffentlich denkt er nicht, ich bin so übernächtigt wegen meiner Angst um Leon.
    Josi bekam keinen Bissen herunter. Sie trank zwei Tassen bitteren Kaffee. Danach ging sie mit Ethan und den Mädchen an den Hafen. Ethan ließ sich von seinen Schwestern erzählen, welche Farbe die Boote hatten und zählte mit ihnen die Segel. Dabei lachten sie, und für kurze Momente schlich sich so etwas wie Normalität in Josis Leben.
    Schweren Herzens willigte sie am Nachmittag ein, mit Ethan auf eine Cocktailparty zu gehen. Als sie fertig für den Aufbruch waren, saß Hillary Hilden auf der Terrasse. Vor ihr ein Champagnerkühler und ein leeres Glas. Sie hielt die lackierten Fußnägel in die Sonne und bat Ethan, nachzusehen, wo sein Vater bliebe. Ethan versprach es, ging dann aber an der halbgeöffneten Bürotür vorbei.
    Sie konnten seinen Vater telefonieren hören. »Ja, Liebling… bis später…«
    »Hast du das vergessen?«, flüsterte Josi und nickte zur Tür.
    »Nein, ich habe es nicht vergessen«, zischte Ethan und schob sie zum Ausgang.

     
    Die Party erschien ihr wie eine Szene aus einem Jetset-Film. Kellner reichten Petit Fours auf Silbertabletts. Eisgekühlter Champagner perlte in schlanken Gläsern, und ein Quintett spielte Mozarts Zauberflöte.
    Bis gestern hatte Josi noch geglaubt, das Schaulaufen der Schönen und Reichen sei ein Klischee. Seit diesem Abend wusste sie es besser. Die Gespräche verharrten im Small Talk über das Wetter und in Komplimenten an die Frauen.
    In einem Champagnerkelch zappelte eine Fliege. Josi befreite das Insekt, trank zwei Gläser Champagner und schlenderte am Pool entlang.
    Ein Mann im weißen Anzug sprach sie an.
    »Ich kenne dich noch nicht, bist du eine Neue?«
    »Ich bin mit Ethan hier.«
    »Ethan. Welcher Ethan?« Der Mann wankte von einem Bein aufs andere.
    »Ethan Hilden.«
    »Ach, der alte Schwerenöter. Geschmack hat er.«
    Der Mann starrte ihr auf den Ausschnitt. Josi drehte sich weg. Aber er hielt sie am Arm fest. Sie sah sich hilfesuchend um. Zwei Frauen in weißen Minikleidern schlenderten mit wiegenden Hüften an den Pool.
    »Hier steckst du«, rief eine der beiden. »Wir sind nur deinetwegen auf diese Party gekommen.«
    Die andere Frau lachte und hakte sich bei dem Mann unter.
    Sie zogen ihn mit sich fort.
    Ethan stand plötzlich neben Josi. »Hat der Kerl dich belästigt?« Seine Augen funkelten wütend.
    »Es ist nichts passiert.«
    »Hurenpack!«, zischte er.
    »Die Frauen?«
    »Ja, lassen sich von den Männern aushalten, damit sie sich die OPs leisten können.«
    »Welche OPs?«
    »Chimären. Hast du nicht gesehen wie maskenhaft ihre Gesichter sind? Wer weiß, was sie sind.«
    »Menschen. Sie sind Menschen. Und vielleicht wollen sie nur dazu gehören, so aussehen wie alle hier. Ihr duldet doch nichts, was auch nur minimal von euren Schönheitsidealen abweicht.«
    »Einspruch. Es geht mir nicht ums Äußere.«
    Josi ignorierte seine Worte. »Ihr Superreichen, ihr seid doch die Taktgeber der High Society, die Botox, Plastikbrüste und einheitlich operierte schmale Nasen erfunden haben. Ist dir noch nie aufgefallen, dass du nur von Heuchlern umgeben bist? Ethan, in welcher Welt lebst du? Deine Mutter ist alkoholabhängig. Euer Zuhause ist ein goldener Käfig. Dein Vater geht fremd, und sein Geld hat er mit üblen Geschäften gemacht. Sieh dich doch um! Alles nur Schein und Betrug. In Wirklichkeit hast du keine Freunde. Oder willst du die Leute hier etwa als deine Freunde bezeichnen?«
    O was red ’ ich da?
    Die Worte waren unüberlegt über Josi Lippen geglitten. Doch mit Bestürzung sah sie nun, dass Ethan Tränen in den Augen hatte.
    »So ist es nicht«, flüsterte er.
    »Es tut mir leid. Ich bin zu weit gegangen.« Sie berührte seinen Arm. Aber er wich zurück.
    »Nein, manches mag zutreffen. Nur eine Sache nicht. Meine Mutter hätte jeden haben können. Sie hat das Geld in die Familie gebracht. Ihr letzter Versuch, meinen Vater zu binden«, Ethans Stimme begann plötzlich zu zittern, »führte

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