2106 - Der weiße Tod
wir uns eben auf den Boden. Ich will auf gleicher Kopfhöhe mit euch sein."
„Ist es nicht schon zu spät für Hilfe?", fragte der Große.
„Ich hoffe es nicht", antwortete Boi. „Vielleicht geschieht jetzt doch noch ein Wunder..."
*
Benjameen da Jacinta und Tess Qumisha saßen dem insektoiden Wesen gegenüber, das sich mit geknickten zwei Beinpaaren auf seinen breiten Hinterleib niedergelassen hatte. Ihre programmierten Translatoren hatten von Anfang an eine Verständigung möglich gemacht, und sie wurde noch besser, je mehr Sprachfetzen die Geräte von dem Fremden auffingen.
„Ich bin Benjameen", sagte der junge Arkonide, als sie sich am Boden gegenübersaßen.
„Dies hier ist Tess. Willst du uns auch deinen Namen verraten?"
„Ich heiße Liktus Boi", sagte der Insektoide. „Ich bin der letzte Wissenschaftler meines Volks."
„Der letzte Wissenschaftler?", fragte Tess entsetzt. „Wieso das?"
Und Liktus Boi erzählte ihnen seine Geschichte, die eng verwoben war mit der jüngsten Geschichte des Planeten Zinet. Benjameen und Tess hörten gebannt zu, stellten gelegentlich Zwischenfragen.
„Also verlangen die E'Valenter von euch die Abstellung eurer jungen Männer zu Frondiensten in den Erzminen", fasste Benjameen schließlich zusammen. Die unsichtbare Schranke zwischen ihnen, die Angst Bois vor den Fremden, war gefallen, während er berichtet hatte und sie ihm in Einwürfen die Gewissheit gegeben hatten, an seiner und seines Volkes Geschichte mitzuleiden. „Sie saugen euer Volk aus."
„So ist es", sagte der alte Gelehrte. „Aber nun droht uns ein Strafgericht, von dem wir uns nie wieder erholen können."
„Du sagtest es schon", antwortete Tess. „Eure Prinzessin will den Aufstand."
„Sie will schon am kommenden Tag eine Armee von wehrlosen Zineda in Marsch auf die Minen setzen, wo die E'Valenter gerade heute zwanzig unserer besten Männer massakriert haben", wiederholte der verzweifelte Gelehrte. „Das wäre das Ende unserer Zivilisation."
„Es ist ihr fester Wille?", fragte Tess.
„Ich fürchte, ja. Bitte, helft uns! Uns bleibt keine Zeit mehr. Wenn ihr irgendwie diese Tragödie verhindern könnt, müsst ihr bald handeln!"
„Beruhige dich, Liktus Boü", sagte Benjameen.
Der Arkonide beugte sich im Sitzen vor und legte dem Gelehrten eine Hand auf die harte Schulter. Dabei fiel ihm wieder einmal das auffällige Brandmal an seinem Hals auf, das Boi nur ganz kurz, erwähnt hatte. Er fragte danach.
Boi informierte ihn über die Hintergründe. „Daran seht ihr, von welcher Brutalität die E'Valenter sind", fügte er hinzu.
„Wir können aber nur bei ihnen ansetzen, während du dich um die Prinzessin kümmern wirst. Wir haben keine großen Armeen mitgebracht, Liktus Boi, aber Tess und ich werden alles versuchen, um bei den Minen so viel Verwirrung wie möglich zu stiften. Wenn wir mit den E'Valentern fertig sind, haben sie vielleicht keine Lust mehr, sich an euch zu vergreifen."
Das war vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber es kam darauf an, Liktus Boi zu stabilisieren; ihm wieder den Glauben an die eigene Chance zurückzugeben.
„Ich vertraue euch", sagte der letzte Gelehrte. „Und ich werde für euch zu unseren Göttern beten. Ihr könnt jeden Beistand brauchen, denn die Waffen der E'Valenter sind schrecklich."
„Mach dir um uns keine Sorgen!","agte Tess. „Wir sind auch bewaffnet. Kümmere du dich um die Prinzessin!"
„Das werde ich", versprach Liktus Boi.
*
Sie flogen mittels ihrer Gravo-Paks und in die Deflektorschirme gehüllt von der Stadt über hügeliges Land in Richtung des Gebirges. Schon von fern orteten sie die Erzminen.
„Wir landen einen Kilometer vor den Minen!", rief Benjameen durch den Fahrtwind. „Wir müssen davon ausgehen, dass diese E'Valenter uns orten können!"
„Klar!", rief Tess zurück. „Wenn das nur nicht schon geschehen ist!"
„Die werden entsprechend sorglos sein", vermutete Benjameen. „Sie haben in der ganzen Galaxis keine Feinde zu fürchten, und auf diesem Planeten leben nur Eingeborene, die keine entwickelte Technik besitzen."
Als sie bis auf diesen einen Kilometer heran waren, ließen sie sich sinken und schalteten die Gravo-Paks aus. Das Einzige, was sie jetzt noch hätte verraten können, waren die Deflektoren. Aber deren Streustrahlung war so gering, dass man sie geradezu ignorieren konnte. Wenn die E'Valenter nicht gerade gezielt orteten, konnten die beiden Menschen sich zwischen ihnen aufhalten, ohne
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