212 - Das Skelett (German Edition)
hinterher ist man immer schlauer, nicht wahr?
So genoss ich diesen fast makellosen Körper einer jungen Russin und wusste natürlich ganz genau, dass es ihre Aufgabe gewesen war, mir gefällig zu sein . Diesen Job führte sie mit einer Hingabe und Leidenschaft aus, die mich einfach nur glücklich und erfüllt nach Hause fliegen ließ.
A m Hamburger-Flughafen angekommen, holte ich meinen Ferrari aus der Parkzone und fuhr zum vereinbarten Essen mit meiner Frau. Denn diese Geschichte wollte ich als Erstes aufarbeiten.
Ich schickte ihr eine SMS , dass ich gelandet sei und pünktlich erscheinen würde. Sie antwortete, dass sie sich auf mich freuen würde. Wie lange würde diese Freude noch anhalten?
Ich saß schon an einem Tisch unseres Lieblingsrestaurants, eine r französischen Brasserie in der Nähe unserer Villa.
Als Beate eintrat, betrachtete ich sie mit ganz anderen Augen. Sie war schon immer wunderschön, als Kind, als Teenager, und auch jetzt mit ihren fünfunddreißig Jahren. Ihre langen kastanienfarbenen Haare wehten mir entgegen. Ihre feinen Gesichtszüge waren kaum geschminkt, weil sie es einfach nicht nötig hatte. Ihr hellblaues Kostüm saß wie eine zweite Haut um ihren schlanken Körper. Aber jegliche Anziehung war weg, ausgelöscht für immer und ewig!
Wir begrüßten uns freundschaftlich, es gab einen Kuss auf die Wange. Sie setzte sich und war regelrecht euphorisch:
»Na , schöner Mann, wie war es? Für die paar Tage hast du aber toll Farbe angenommen, steht dir gut. Vielleicht hätte ich doch mitkommen sollen?«
Sie lächelte und strahlte, vor ein paar Tagen noch hätte ich gedacht , sie wäre verliebt in mich. Hahaha!
Ich antwortete nicht , zog ebenso strahlend den Umschlag der Wahrheit aus meinem Sakko heraus und legte ihn vor sie hin.
»Was ist das, ein Geschenk ?«
»Schau hinein !«
Sie öffnete ihn und entnahm die zehn wirklich ästhetisch schönen Hochglanzfotos. Bild für Bild glitt durch ihre perfekt manikürten Finger, ihre Miene veränderte sich nicht. Ihre blauen Augen schon.
In de m Moment kam der Ober und wollte die Bestellung aufnehmen. Beate bestellte ruhig und scheinbar emotionslos unser klassisches Menü. Mit Käse überbackene Zwiebelsuppe, Entrecote mit frischen Pfifferlingen und als Nachspeise ein Crêpe mit frischen Erdbeeren. Doch sie wich vom Gewohnten ab, heute gab es keinen Wein, nur eine Flasche Wasser.
Wollte sie sich einen klaren Kopf bewahren?
Ren é, unser altbekanntes Gesicht, entfernte sich auch lächelnd, alles war wie immer.
Sie räusperte sich, rang sie doch um ihre Fassung?
»Wo hast du die her?«
»Artjom Chlebnikov hat sie mir gegeben und gemeint , ich soll mich scheiden lassen.
Ich musste nicht einmal lange überlegen, er hat vollkomme n recht. Ich will die Scheidung!
Du kannst alles haben, was du möchtest, ausgenommen die Klinik, die ist mein alleiniges Baby. Die gehört mir, sie verkörpert all meine Wahrheit und das wenige Schöne. Alles andere ist verlogen und mir deshalb vollkommen egal, wenn du dich fair verhältst. Du hast in den elf Jahren unserer Ehe nicht einen Tag gearbeitet oder irgendetwas für unseren Zugewinn geleistet. Wir haben keine Kinder, wo du dich drum kümmern musstest, auch unsere Haushalte haben gute Geister erledigt.«
Ich wurde von Ren é unterbrochen, wir aßen ohne weitere Worte unsere leckeren Speisen. Danach räumte er ab, und ich sagte ihm, dass wir die nächste Viertelstunde nicht gestört werden wollten, er solle Gläser putzen. Er ging mir mit seinem Herumscharwenzeln schon immer auf den Keks. Solch einen Satz hatte er von mir noch nie gehört, aber er verstand und hielt sich daran. Wir hatten beide alles aufgegessen, also hatten diese Neuigkeiten niemandem den Appetit verdorben.
Ich nahm unser nettes Gespräch wieder auf:
»Lass es sacken und mach dir ein paar Gedanken, wie wir im Guten auseinandergehen können. Ich würde es mir wünschen. Bis wir klar sehen, ziehe ich erst einmal in ein Hotel. Eine Frage noch, wielange geht das schon mit Melanie? Sei ehrlich!«
Ich wollte diese Frage gar nicht stellen und cool bleiben, aber es brannte mir auf der Seele. Sie war angeschlagen, ihr Geheimnis floss aus ihr heraus:
»Henryk – es tut mir aufrichtig leid. Ich habe dich immer lieb gehabt, aber halt nicht mehr. Natürlich war ich immer Realist und musste die Chance ergreifen, einen Mann wie dich festzuhalten. Aber wirklich geliebt habe ich immer nur Melanie. Eigentlich sind wir schon seit unserer
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