212 - Das Skelett (German Edition)
meine unbändige Gier heraus. Und ich fiel darauf herein. Erbärmlich.
„ Die Macht des Geldes fördert immer eins zutage, die dunkle Seite einer jeden Seele.“
Auch ein Zitat von Artjom Chlebnikov. Vieles sah ich schon damals auf Santorin wie einen unfertigen Film in meinem strukturierten Gehirn vor mir. Ich kannte nur noch nicht alle Kapitel und dachte doch wirklich, ich könnte in diesem Blockbuster meine Rolle bestimmen. Weit gefehlt, ich war von Anfang an nur ein Statist.
Kapitel 1 7
Nachdem ich meine Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt hatte, fuhr ich am frühen Morgen von der Klinik nach Hause. Mein altes Loft engte mich ein, seltsam, aber ich konnte das Mobiliar nicht mehr sehen. Selbst die Bilder an den Wänden erschienen mir wie riesige Spiegel, die mir das Gesicht meiner Noch-Ehefrau zeigten.
Zu all em Übel roch ich sie auch noch. Nein, hier konnte ich nicht bleiben, ich wollte das ganze Inventar verkaufen oder verschenken und das Appartement neu einrichten. In den nächsten Tagen wollte ich mich darum kümmern und einen Innenarchitekten beauftragen. Ich duschte, zog mir frische Kleidung an und packte noch schnell eine Reisetasche voll. Aus meinem alten Fundus, auch das behagte mir nicht. Haftete Beates Geruch auch an meiner Kleidung? Sie war mir einfach zu präsent, ihre alte Dominanz wurde mir erst jetzt klar. Sie hatte mich umgarnt und immer fest in ihrer kleinen Hand – nun war ich frei. Nein, es hatte nur ein Wechsel stattgefunden. Eine andere Dominanz hatte von mir Besitz ergriffen.
Frischen Mutes machte ich mich auf zum Hamburger Flughafen, es war gegen 07.00 Uhr, also hatte ich genügend Zeit zu frühstücken und mal wieder eine Tageszeitung zu lesen. Denn um 09.30 Uhr wollte ich ja meine neue Gespielin abholen. Auf Martha freute ich mich schon riesig. Zur Abwechslung mal wieder eine Brasilianerin, Artjom hatte sie mir wärmstens empfohlen. Sie wäre nochmals ein Tick verrückter als alle anderen Target-Mädchen. Das machte mich schon ein wenig kirre und ließ meine Vorfreude steigen. Meine Rühreier schmeckten nicht, mein Geschmackssinn war irgendwie gestört. Ich schmeckte nur Beate – hatten mich die letzten Stunden hingerafft? Ich schaffte es nicht zu lesen, zu essen oder meinen Kaffee auszutrinken. Fast verloren bummelte ich herum, die Zeit wollte nicht vergehen, und dann erschien Martha nicht. Sie befand sich nicht im angekündigten Flieger aus London.
Also rief ich in der Target-Zentrale an, es wäre etwas Wichtiges dazwischen gekommen, musste ich vernehmen.
Martha würde erst in vier Tagen abkömmlich sein und dann in Hamburg erscheinen.
Ein anderes Mädchen wä re derzeit auch nicht verfügbar. Ich war geknickt, warum haben die sich nicht bei mir gemeldet? Sie hatten, nur ich hatte meine E-Mails nicht gecheckt. Nun war ich noch mehr frustriert. Ich drosch meinen Ferrari über die Autobahn und wusste nicht wohin. Ich fuhr sinnlos bis nach Kiel und wieder nach Hamburg zurück. Währenddessen rief mich Artjom an, ich ging nicht ran.
Ich brauchte einen Kick oder eher einen Fick!
Was war nur mit mir los? Ich erkannte mich selbst nicht mehr und auch nicht das Rotlichtmilieu von Hamburg. Dieser Teil der Gesellschaft hatte mich nie, auch nur im Geringsten interessiert. Ich musste sowieso tanken, also kaufte ich eine Bildzeitung und las entsprechende Annoncen. Wie ein Süchtiger, einmal ist immer das erste Mal. Dann landete ich in einer Wohnung in Fuhlsbüttel. Drei Mädels befanden sich in den Räumlichkeiten, allesamt aus Bulgarien. Und eine Omi, die mir alles erklärte und kassierte.
Das war erheiternd , die Mädchen verstanden kein Deutsch und nur mäßig Englisch. Wie die Alte mit denen kommunizierte, ist mir immer noch ein Rätsel. Mir war es egal, ich wollte ja auch nicht reden. Ich bezahlte für eine wundervolle Stunde mit allen dreien vierhundertfünfzig Euro. Sie waren nicht die hübschesten, kein Vergleich zu den Target-Models. Aber sie waren bemüht, mich glücklich zu machen, und sie schafften es – mehrfach. Danach nahm ich mir im Hotel Hyatt ein geräumiges Zimmer, legte mich hin und schlief. Da muss es ungefähr 15.00 Uhr gewesen sein. Mein Handy hatte ich ausgestellt, ich wollte heute und morgen, vielleicht auch noch übermorgen mit niemandem reden und die Klinik nicht von innen sehen. Ich schlief tief und fest bis ungefähr 19.00 Uhr und erwachte grimmig und hungrig. Also zog ich mich an und setzte mich an einen Tisch im
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