2129 - Der Gewährsmann
Schicksals gab den Ausschlag. Der Medile war, fast ohne sich dessen bewusst zu sein, in den gelichteten Straßen zu jenem Podest zurückgekehrt, auf dem Garachims Käfige standen. Helle Lampen brannten überall auf dem Markt von hohen Masten.
Und in dem künstlichen Licht sah Bleu Cefu den Sklavenhändler in einem breiten Sessel liegen, die Augen fest geschlossen. Er schnarchte. In der rechten Hand hielt er eine große Flasche, deren Inhalt ihn ganz offensichtlich betäubt hatte.
Bleu nahm all seinen Mut zusammen und stieg über die kleine Treppe auf das Podest aus Plastik.
Mit leisen Schritten näherte er sich Garachim. Es dauerte nicht lange, bis er den Impulsschlüssel entdeckte, der an Garachims breitem Gürtel hing.
Bleu Cefu griff danach. Er war kein geübter Dieb und hielt den Atem an. Wenn der Sklavenhändler jetzt nur nicht aufwachte!
Doch das Wunder geschah. Der Medile konnte den Schlüssel vom Gürtel lösen, ohne dass Garachim zu sich kam. Bleu Cefu zitterte, als er mit dem Impulsschlüssel zum Käfig schlich.
Die gefangene Medilin saß vor ihm. Wie ein Tier umklammerte sie die Käfigstäbe. Ihre großen roten Augen waren auf ihn gerichtet. Er erwartete instinktiv, dass sie wieder davonrannte. Aber sie blieb vor ihm hocken und sah ihm in die Augen.
„Ganz ruhig!", flüsterte er. „Ich hole dich hier heraus."
Sie sagte nichts, öffnete nur den Mund. Und Bleu Cefu musste voller Erschütterung und Abscheu sehen, dass ihre Zunge herausgeschnitten war.
Der Schock lähmte ihn fast. Deshalb also hatte sie ihm keine Antwort geben können!
Doch ihre Lippen bewegten sich. Flehend sah sie ihn an, und ihr Mund formte lautlose Bewegungen, die durchaus „Bleu" bedeuten konnten. Er bildete es sich jedenfalls ein.
„Duari!", flüsterte er. „Duari, ich..."
Im nächsten Moment floh sie wieder. Der letzte Ausdruck ihrer Augen war der von Panik gewesen - und nach rechts gerichtet.
Cefu, der erfolglos mit dem Schlüssel hantiert hatte, fuhr herum und sah die große, massige Gestalt des Sklavenhändlers gerade noch über sich, mit einer Peitsche in der Hand. Im letzten Augenblick warf er sich nach links und entging dem fürchterlichen Schlag. Dabei entfiel ihm der Schlüssel.
Garachim schrie vor Wut. Bleu Cefu sah nach links und nach rechts wie ein gehetztes Tier. Rechts von ihm stand Garachim mit der Peitsche, links war der Käfig. Es gab nur noch eine Möglichkeit...
Garachim hob die Peitsche schon wieder. Cefu Bleu sprang mit einem Schrei und landete auf der mit Unrat übersäten und zertrampelten Straße. Er ging kurz in die Knie und rannte, was seine Kraft eben hergab. Er hörte, wie Garachim hinter ihm vor Wut aufbrüllte, und rannte, rannte...
Die noch wenigen Besucher des Sklavenmarkts kümmerten sich nicht um ihn. Er lief weiter, immer weiter, bis er den Markt hinter sich hatte. Dann schlug er sich in eine Gasse, wenngleich er mit solchen Gassen schlechte Erfahrungen gemacht hatte.
An ihrem Ende kam er zur Ruhe. Er hatte es geschafft, vor allem, ohne zu stürzen. Sein Gewand sah immer noch so frisch aus wie vor Stunden.
Bleu Cefu blieb stehen und lehnte sich an eine Hauswand. Er hatte Hunger und Durst, aber das musste er durchstehen. Sicher würde er wieder versuchen, die Medilin, die vielleicht seine Schwester war, zu befreien. Aber vorher brauchte er das Geld.
Seine Schwester? Duari?
Es war zu unwahrscheinlich. Offensichtlich nur ein Wunschtraum, eine Chance von vielleicht eins zu einer Million. Aber diese eine Möglichkeit ließ ihn nicht los.
Er war so schwach. Bleu Cefu verließ die Gasse. Vorsichtig sah er sich um. Von Garachim war weit und breit nichts zu sehen. Nur noch wenige Besucher - leichte Opfer für die Taschendiebe - spazierten an den Ständen und Podesten vorbei, an denen jetzt nichts mehr geboten wurde. Es war ruhig geworden.
Cefu entdeckte einen Händler, der ihm schon vorher aufgefallen war. Der Pombare trug eine Art Bauchladen unter seinem Brustgesicht und bot aufputschende Getränke feil, die auf jedem anderen Planeten verboten waren. Hier bedienten sich sogar Valenter.
Bleu Cefu trat an den Händler heran und kaufte ihm eine Flasche ab. Dafür musste er einige CE-Tradicos opfern, was ihn viel Überwindung kostete. Aber es musste sein. Die Alternative wäre ein baldiger Zusammenbruch gewesen - oder viel Schlaf, den er sich aber nicht leisten konnte. Nicht jetzt.
Er trank die Flasche in zwei Zügen aus und warf sie achtlos fort. Schnell verspürte er die Wirkung.
Die
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