2129 - Der Gewährsmann
stehen. Erst jetzt kam ihm zum Bewusstsein, was er getan hatte. Er hörte schnelle Schritte und wütende Rufe. Er sah die Schatten auf das Podest zukommen.
Kräftige Wesen, zweifellos Sklavenhändler und ihre Helfer, rannten die kleine Treppe herauf, mit Peitschen bewaffnet. Die befreiten Sklaven warfen sich ihnen entgegen. Lieber wollten sie sterben, als noch einmal in Gefangenschaft zu geraten.
Die Sklaven hatten von vorneherein keine Chance. Der Medile sah sie unter den Schlägen der Händler zusammenbrechen. Sie wehrten sich, konnten diesen Kampf aber nicht gewinnen. Zweien gelang es, einen Händler zu überwinden und ihm die Peitsche abzunehmen. Sie kämpften für einige Augenblicke aufrecht, doch sie hatten dieses Handwerk nicht gelernt.
Bleu sah das alles wie in Trance. Er stand abseits, und die Medilin zerrte an ihm, wollte, dass er mit ihr floh. Er nahm sie kaum wahr, denn plötzlich stand das gelbe Tier vor ihm, das ihn für Garachim aufgespürt hatte. Es war wie aus dem Nichts aufgetaucht.
Bleu Cefu ahnte, was auf ihn zukam. Bevor er sich fortdrehen konnte, sprang das Tier. Mit unwiderstehlicher Gewalt schnellte es sich an die Kehle des Medilen und biss sie durch.
Bleu brach mit einem erstickten Schrei zusammen. Das Tier ließ erst von ihm ab, nachdem es einige Male zugebissen hatte. Dann verschwand es in der Nacht, aber das sah Cefu nicht mehr.
Das Letzte, was er wahrnahm, als er verblutend auf den Plastikbohlen lag, war die Hand, die über seine Stirn strich. Er sah das Gesicht der Medilin und wollte ihren Namen flüstern - den Namen, den er ihr gegeben hatte. Aber seine Stimme versagte.
Sie floh nicht. Sie hielt seine Hand. Tränen tropften auf seine nackten Arme. Ihre Tränen.
Bleus Bewusstsein begann zu schwinden. Vielleicht hatte er eine Minute zu leben, vielleicht zwei. Egal wie - er hatte alles verloren, alles bis auf die Schwester, die er im Angesicht des Todes wiedergefunden hatte.
12.
Tess und Benjameen: Das Ende Der Sklavenmarkt wirkte bei Nacht auf Benjameen da Jacinta gespenstisch, fast ausgestorben. Die hohen Lampen warfen geisterhafte Schatten; hier und da brannten Lichter hinter offenen Fenstern. Die Luft war schwül.
Als einzige Geräusche waren die der eingesperrten Wesen zu hören: ein Seufzen und Wimmern, gelegentlich ein Schrei. Hier und da begegneten den zwei Menschen vermummte Gestalten. Vielleicht waren es reisende Händler, die aus Kostengründen nicht viel Zeit auf Shurriks verbringen konnten und die Wesen in ihren Käfigen und an ihren Pfählen unter die Lupe nahmen, um sich gleich am frühen Morgen mit „Ware" versehen zu können.
Benjameen sah einmal, wie einer dieser „Besucher" auf ein Podest stieg und einem schlafenden Sklaven mit einem spitzen Stock in die Rippen stieß. Der Arkonide fühlte nichts als Abscheu.
„Widerlich", sagte auch Tess, als zwei Humanoide mit zwei einheimischen Wesen kichernd in einem spärlich beleuchteten Hauseingang verschwanden. „Ben, es ist aussichtslos. Wie sollen wir inmitten Tausender von Ständen jenen finden, auf dem Bleu Cefu gefangen gehalten wird?"
„Wenn ich vor dem richtigen stehe, werde ich es wissen", versicherte ihr Gefährte. „Ich habe ein Bild vor Augen."
„Ein Bild?" Sie schüttelte zweifelnd den Kopf. „Hier sieht ein Podest aus wie das andere. Und die Sklaven schlafen. Sie liegen am Boden. Du kannst sie von hier aus nicht sehen. Du machst dir doch nur etwas vor, Ben."
Benjameen sah einen Sklavenhändler breitbeinig und mit der Peitsche in der Hand seine Gefangenen bewachen. Das war an vielen Ständen so. Ein Stand sah tatsächlich wie der andere aus.
Erst vor einer halben Stunde hatten sie den nächtlichen Sklavenmarkt betreten. Seither wartete Benjameen auf eine Eingebung, einen Zufall, ein Wunder. Er wusste selbst, wie gering ihre Aussichten waren.
Da half es auch nichts, dass er Ussufs und Arhans Leute wieder in die Stadt beordert hatte. Die Arkoniden suchten andere Teile des Marktes ab.
Norman trottete zwischen ihnen her und gab unglückliche Laute von sich. Der Zwergelefant konnte nicht helfen und kam sich vielleicht selbst unnütz vor.
Sie gingen weiter, eine Stunde lang. Benjameen sah nach links und nach rechts. Mit jeder Minute schwand seine Hoffnung, aber er wollte es nicht zugeben. Vielleicht - wahrscheinlich - schlief Bleu Cefu noch. Wenn er nur im Gehen träumen hätte können...
„Was ist das?", fragte Tess plötzlich. „Hörst du nichts, Ben?"
Er schrak zusammen. Er hatte
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