2129 - Der Gewährsmann
wirklich „geträumt", im Sinne eines Versonnenseins. Jetzt nahm er es auch wahr. Es kam vom anderen Ende des Sklavenmarkts. Dazwischen lagen mindestens zweitausend Meter.
In der Stille der Nacht war der Tumult dennoch zu hören. Sie hörten Schreie, die nach Wut und Angst klangen; Peitschen knallten, Holz splitterte laut.
Es war eine Ahnung, eine Eingabe. Benjameen war instinktiv sicher, die richtige Spur gefunden zu haben.
„Komm!", rief er seiner Partnerin zu. „Schnell! Das kann ein Sklavenaufstand sein."
„Ben, dieser Lärm kann alles Mögliche bedeuten!"
„Es ist aber unser einziger Anhaltspunkt!"
Tess verzichtete auf eine Antwort. Sie rannte neben dem jungen Arkoniden her. Norman bemühte sich, ihnen zu folgen. Die Strecke war weit. Sie würden wahrscheinlich zu spät kommen.
Aus einer Seitenstraße kam auf einmal ein Schweber geschossen. Tess erkannte auf einen Blick, um welches Fahrzeug es sich handelte. „Arhan!", rief sie.
Im nächsten Augenblick wendete der Schweber und hielt vor ihnen an. Der arkonidische Offizier winkte den beiden.
„Wir müssen dorthin!", rief die Terranerin und zeigte in ihre Richtung. „Schnell!"
Arhan reagierte, ohne Fragen zu stellen. Er ließ drei seiner Arkoniden aussteigen und Platz für Tess, Benjameen und Norman machen. Seine Männer würde er so bald wie möglich wieder abholen. Sie warteten an der Straßenecke. Mit ihren Waffen konnten sie es mit jedem Gegner aufnehmen.
Arhan beschleunigte. Benjameen und Tess hielten sich fest. Norman stand breitbeinig hinter ihnen, um das Gleichgewicht zu halten. Podeste und Stände flogen regelrecht an ihnen vorbei. Passanten wichen schimpfend und schreiend vor ihnen zur Seite. Immer näher kam die Quelle des Tumults.
Und dann waren sie da. „Landen!", schrie Benjameen. „Runter, Arhan!"
Der Arkonide sprang aus dem Schweber, noch bevor dieser aufgesetzt hatte. Rings um ihn herrschte das Chaos. Auf dem Boden lagen verletzte Wesen, darunter viele Quintanen, aber auch andere Bewohner der Galaxis Tradom. Andere Wesen rannten durcheinander, wurden zusammengeschlagen, setzten sich verzweifelt zur Wehr.
Links von ihm erhob sich ein Podest, auf dem gerade Sklavenhändler ihre Gefangenen zurück in die Käfige schleppten. Benjameen riss seinen kleinen Strahler aus der Kombination und gab Warnschüsse in die Luft ab. Arhan und seine Leute feuerten auch. Die Händler brüllten wütend auf und ergriffen vor Wut schreiend die Flucht.
Benjameen rannte die Treppe zu dem Podest hinauf. Tess war hinter ihm. Er sah den toten Sklavenhändler zuerst. Dafür wurde Tess als Erste auf das helle Kreischen aufmerksam, das von links kam, von der offenen Tür eines Käfigs.
„Ben,", rief sie.
Er wirbelte herum und sah die beiden Medilen. Einer war einwandfrei als Frau zu identifizieren, und der andere, der wie tot am Boden lag...
„Das ist er", flüsterte Benjameen. „Bleu Cefu."
*
Es schien, als seien sie tatsächlich zu spät gekommen. Die Arkoniden hatten die Situation fest im Griff. Die Sklavenhändler schrien und tobten, aber kein Einziger wagte sich mehr auf das Podest zurück.
„Wir müssen schauen, dass wir wegkommen", sagte Arhan mit allen Anzeichen von Nervosität.
„Unsere Schießerei fällt sicher auch den Valentern auf, und ich will nicht, dass die Kerle nachschauen."
„Gleich." Benjameen da Jacinta winkte ab und kniete sich nieder, direkt neben dem scheinbar Toten und seiner Artgenossin, die seinen Kopf hielt.
Die Medilin war verzweifelt, das sah er auch, ohne die Mimik der Fremdwesen genau zu kennen.
Tränen liefen über ihre schmalen Wangen. Zweifellos hatte sie Bleu Cefu gekannt, aber wie gut? Sie mussten sich hier auf dem Sklavenmarkt kennen gelernt haben - als gemeinsame Gefangene ein und desselben Händlers?
„Kannst du mich verstehen,", fragte er, und der Translator übersetzte wie immer in das Anguela-Idiom.
„Du brauchst keine Angst vor uns zu haben. Wir tun dir nichts."
Sie sah ihn an, unergründlich und stumm. Dann öffnete sie ihren Mund zu einem lautlosen Schrei.
Nur ein leises Kreischen brachte sie hervor, und er sah ihre abgeschnittene Zunge.
„O mein Gott", flüsterte Tess. „Wer hat ihr das angetan?"
Benjameen sah kurz zu dem toten Sklavenhändler hinüber. Dann legte er seine Hände an den blutüberströmten Hals mit der durchgebissenen Kehle. Es war wie ein Wunder, aber der Puls schlug noch, wenn auch kaum wahrnehmbar. Bleu Cefu war am Leben, aber ob er jemals noch sein
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