2145 - Gestrandet auf Vision
gesessen, eine Statue der Abwehrbereitschaft.
Kamatta mit seinen inzwischen zehntausend meist jugendlichen Einwohnern zeigte eine ähnliche, ins Riesenhafte getriebene Wehrhaftigkeit. Die Stadt besaß zehn Tore, an denen Ahhani mit Holzspießen Wache standen. Kamatta selbst besaß drei Dutzend gleichmäßig verteilte Türme von der Gestalt schlanker Nadeln. Wie Abstrahlprojektoren von Energiewaffen ragten sie in den Himmel über der Stadt.
Mit Ausnahme der Tore gab es keine Eingänge. Die Häuser am Stadtrand waren zusammengebaut. Fenster besaßen sie erst im dritten und vierten Stockwerk. Sie bildeten eine bewohnte Stadtmauer.
Kewin Kirrik musste kein Psychologe sein, um zu erkennen, dass die Mago ihre Stadt als Abwehr errichtet hatte. Gegen Get Leshishi? „Du hättest dir den Weg hierher sparen können", sagte er sich. Er überflog die Trutzhäuser, glitt dicht über den Dächern entlang zum Zentrum. Auf dem großen Platz in der Mitte landete er.
Kamattagiras Behausung glich einer Festung in der Festung. Im Erdgeschoss gab es keine Tür und keine Fenster. Wer einen Antigravprojektor besaß, landete auf einer der Terrassen des vierstufigen Pyramidenbauwerks.
Kewin Kirrik schickte der Mago einen Funkspruch in das Gebäude. Sie antwortete nicht. Er vermisste die typische Aura der Mago. Kamattagira war nicht zu Hause, Er zögerte eine Weile, landete dann, ließ sich durch die Öffnung im Boden hinabtragen in das Erdgeschoss. Er entdeckte so etwas wie einen Besucherraum. Die Mago hatte ihn für ihre Artgenossen eingerichtet und damit zum Ausdruck gebracht, dass jeder von ihnen dieses Haus betreten durfte, wann immer er wollte.
Der Anführer der Technos wartete eine Stunde, dann zwei und drei. Er begann umherzugehen, warf ab und zu einen Blick in die angrenzenden Räume. Sein Blick fiel auf einen Tisch. Dort lag die Notiztafel samt Projektor. Sie war eingeschaltet, musste bloß aktiviert werden.
Fiebrige Erregung erfasste Kewin Kirrik. Die Tafel enthielt all das, was die Mago bei einer Rückkehr in den Schwarm an seine Vorgesetzten übergeben würde. Wie er Kamattagira kannte, spielte es für sie keine Rolle, ob der Zeitpunkt hundert oder tausend Jahre in der Zukunft lag, Kewin zögerte. Wenn er die Tafel samt ihrem technotronischen Inhalt zerstörte, wusste sie sofort, dass er es gewesen war. Las er die Notizen, kam das einem Vertrauensbruch gleich, was nicht minder schwer wog.
Geh! Verlasse dieses Haus!
Er schaffte es nicht. Ehe er sich seines Tuns richtig bewusst wurde, beugte er sich bereits über die Tafel. Seine Finger glitten zur Aktivierungsleiste.
Während er das „Tagebuch seiner Verfehlungen" öffnete, wallte Zorn in ihm auf. Er nahm sich vor, die Tafel und ihre Datenspeicher unwiderruflich zu löschen. Im nächsten Augenblick kicherte er. Was nützte es? Für eine Mago stellte es mit Sicherheit kein Problem dar, den Inhalt aus dem Gedächtnis fehlerlos wiederherzustellen. Er selbst machte sich nur lächerlich, wenn er an den Erfolg seiner primitiven Methode glaubte. Sein Blick brannte sich an der Projektionsfläche fest. Die Notizen begannen in dem Moment, als er zusammen mit seinen Technikern die Fähre betreten hatte.
Kamattagira hatte zunächst ihren allgemeinen Eindruck von ihm festgehalten. Kewin Kirrik stockte der Atem. Was er las, besaß keinerlei kritischen Unterton. Im Gegenteil. Die Mago äußerte sich wohlwollend bis ins Detail. Sie dokumentierte sein Handeln an Bord der Fähre mit der Genauigkeit eines Zeitmessers, lobte seine Umsicht, sein Wissen, sein Verantwortungsgefühl, seinen Teamgeist und überhaupt alles, was an ihm und in ihm war.
Ein paar Atemzüge lang glaubte Kewin, sie mache sich über ihn lustig. Dann aber las er weiter, stolperte über Formulierungen, die nicht der Sprache der Vertyren entstammten, sondern der der Sieben Mächtigen, die auch die Diener der Materie gesprochen hatten.
Der vermeintliche Bericht verzeichnete jeden einzelnen Tag seit ihrem Aufbruch aus dem Schwarm. Sie verdammte nicht einmal sein Handeln im Bezug auf den Schemen, obwohl sie ihn gewarnt und Grund genug gehabt hatte, sein Verhalten zu tadeln. Sie fand selbst dafür noch eine positive Sichtweise.
Aus gutem Grund. Die Mago ging davon aus, dass der Schemen sie schon vor der Landung allein durch seine mentale Botschaft beeinflusst hatte.
Was immer das Ziel der Entität gewesen war, sie hatte es erreicht.
Mit flatternden Augenlidern las Kewin Kirrik weiter. Je länger sie auf Zabar-Ardaran
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