2191 - Alles für die Ewigkeit
nicht erlebt. Sonst bist du immer ruhig und höflich. Du zeigst nicht gern, was in deinem Inneren vorgeht. Aber nun blitzten deine hellblauen Augen auf. „Bist du sicher, dass es dir um Arlo geht? Vielleicht stufst du deine Verantwortung für die SOL ja nur höher ein als meine?"
Das hatte mir gerade noch gefehlt. Du brachtest meine Sorge um das Wohl aller auf die Ebene eines Kompetenzgerangels. Das traf mich zutiefst. Als würde ich jemals das Interesse der Besatzung gegen meine Liebe zu Arlo und dir abwägen.
Einen Augenblick lang loderte in mir der Zorn. Ich strich mir mit einer raschen Handbewegung die Haare zurück und wollte schon zu einer geharnischten Antwort ansetzen.
Dann wurde mir klar, was dich so sehr verletzt hatte. Mein Vorschlag war ein Angriff auf deinen Stolz gewesen. Wie konnte ich von dir verlangen, deine Pflicht nicht zu erfüllen? Wo es mir doch auch nicht in den Sinn käme, meine Verantwortung niederzulegen, nur weil ich mit dem Schiff untergehen könnte. „Du willst also, dass ich mich verkrieche, damit Arlo nicht als Vollwaise endet?", hattest du meinen Verdacht bestätigt. „Du bist die Kommandantin und besitzt damit eine besonders hohe Kompetenz als Krisenmanagerin. Aber du vergisst, dass die Besatzung mich nicht weniger braucht. Besonders in Krisenzeiten."
Du hattest ja Recht. Ich verlangte sehr viel von dir. Jahrelang warst du eher im Hintergrund tätig gewesen, bevor du zum Chef der Bordlogistik aufgestiegen warst. Auf der Reise nach Wassermal konntest du erstmals zeigen, was wirklich in dir steckt. Du hattest mit einer handverlesenen Schar von Mitarbeitern die Organisation von Gütern und Dienstleistungen übernommen und sie perfekt geleistet.
Zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge an der richtigen Stelle. Eine fabelhafte Devise.
Du warst zu einem unverzichtbaren Mitglied der Schiffsführung geworden, und jetzt kam ich daher und wollte dich auf der sicheren Seite wissen. Es war, als hielte ich dich von deinen Pflichten fern, als bescheinigte ich dir, dass du überflüssig seist. „Ich weiß, dass ein Riesenkomplex wie die SOL hohe Anforderungen an die Logistik stellt", sagte ich beschwichtigend. „Sie wird oft unterschätzt, dabei ist sie im Notfall von lebensnotwendiger Bedeutung. Darüber bin ich mir voll und ganz im Klaren."
Du machtest eine ärgerliche Geste. „Alle an Bord wissen, dass die SOL nicht nur eine fliegende Stadt, sondern auch eine fliegende Welt ist. Mit eigener Ökonomie und Ökologie. Aber niemand macht sich klar, dass es sich lediglich bis zu einem gewissen Grad um selbst regulierende Systeme handelt. So funktionieren die Abläufe nicht ..."
Du schobst das Kinn vor, auf diese typische Art, wie du es immer tust, wenn du für deine Prinzipien eintrittst. „Der Mensch muss so perfekt wie möglich für die Stabilität und Funktionalität seiner Umgebung sorgen. Nur dann kann er in seiner künstlichen Welt überleben. Nur dann kann seine künstliche Welt funktionieren und ihre Macht entfalten. Und für die SOL bin ich der zuständige Mensch."
Ich nahm deine kräftigen Hände und blickte sie an. Sie wirkten auf eine schwer zu beschreibende Weise gefühlvoll, als wären sie ein Ersatz für dein seltenes Lächeln. „Du hast fähige Mitarbeiter, denen du vertrauen kannst." Ich blickte zu dir hoch. „Glaub mir, es ist vernünftiger ..."
„... wenn ich Arlos Wohl über das der Besatzung stelle?"
„Herrje!" Ich stieß deine Hände von mir. Ich hatte angenommen, dass du es endlich begriffen hättest. „Wir haben die einmalige Chance, als Team zu handeln, und du siehst nur dein Ego."
Du blicktest mich verdutzt an. „Als Team?"
„Wenn ich weiß, dass du dich um Arlo kümmerst, kann ich die Verantwortung für die SOL viel besser übernehmen. Sonst würde ich mir doch ständig Vorwürfe machen, ob ich richtig gehandelt oder euch im Stich gelassen habe."
Du wirktest nachdenklich. Ich wusste, dass dir der Kopf schwirrte. Wenn man acht Jahre lang verheiratet ist, lernt man einander kennen. Du überlegtest, wie du deinen Pflichten treu bleiben und trotzdem in die SOL-Zelle-2 übersiedeln konntest.
Ich fand, dass das kein Problem war. Du und deine Abteilung arbeiteten eng mit SENECA zusammen.
Für eine gewisse Zeitspanne war es sicher vertretbar, dem Bordgehirn den Löwenanteil der Logistik zu überlassen. Es konnte einige deiner fähigsten Mitarbeiter überwachen, während sie ein Auge auf den Warenstrom innerhalb der SOL hatten.
Aber ich hütete
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