2212 - Menschheit im Aufbruch
Transportbänder, von dem nutzlos in der vorderen Halle stehenden Frachttransmitter ganz zu schweigen.
Mit den entsprechenden Hilfsmitteln wäre es ein Leichtes gewesen, alle Regaletagen leer zu räumen und die Lebensmittel schnell zu verteilen.
So jedoch hatten sie in der ersten Stunde nur die unterste Etage ausräumen können. Mittlerweile hatten sich mehr als hundert Helfer eingefunden. Sie leisteten gute Arbeit, fand Craigh, zumal die wenigsten eine solche körperliche Tätigkeit gewohnt waren. Er spürte es selbst.
Die erste Halle erinnerte an ein Schlachtfeld. Von einigen Helfern waren die Vorräte im wahrsten Sinne des Wortes geplündert worden. In aller Eile hatten sie Großpackungen aus den Regalen gewuchtet, aufgebrochen und davongeschleppt, was sie gerade so tragen konnten. Aber das Problem gab es mittlerweile nicht mehr. Die Helfer, die jetzt kräftig anpackten, taten das nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern waren froh, etwas Sinnvolles leisten zu können. Stellenweise bildeten sie eine Kette und reichten handliche Pakete nach draußen. Vor dem Lager fanden sich immer mehr Menschen ein. An die tausend waren es inzwischen, die geduldig darauf warteten, dass sie dehydrierte Nahrungsmittel, Konserven oder Konzentrate bekamen. Die Nachricht von dem geöffneten Lager sprach sich allmählich herum.
Zumindest hier herrschte wieder gute Stimmung. An Zuversicht hatte es wohl nie gefehlt, obwohl sich allmählich die Erkenntnis durchsetzte, dass die Veränderungen keineswegs nur kurzfristig sein würden.
Die ersten Witze kursierten.
Es tat weh, die syntronische Logistik und Verladeautomatik brachliegen zu sehen. Von den Antigravstaplern und Schweberöhren ganz zu schweigen. Letztlich zimmerten einige besonders Findige aus Verpackungsmaterial und Regalsegmenten ein Rampensystem, über das sie die schweren Lasten aus den oberen Etagen in die Tiefe bugsieren konnten. Längst war der Nachmittag des 12. September angebrochen, als die schwitzende Menge endlich auch die oberen Fächer leeren konnte.
Einige Helfer hatten weitere Handlampen mitgebracht. Die Scheinwerferkegel erfüllten nun sogar die mühsam entriegelten Kühlräume im rückwärtigen Lagerbereich. Es wurde Zeit, die dort lagernden gefrorenen Lebensmittel abzutransportieren, denn die Temperatur war infolge des Ausfalls der Kühlaggregate bereits in den Plusbereich gestiegen und schoss nun schnell weiter in die Höhe.
Irgendwann war William Craigh endgültig am Ende seiner Kräfte angelangt und verließ das Lager.
Müde und mit tränenden Augen blinzelte er in den grellen Sonnenschein über der Stadt. Dann erst bemerkte er, dass die wartende Menschenmenge schon nicht mehr zu überschauen war.
„Das sind mindestens fünftausend." Jon war ihm gefolgt und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Was wir hier angefangen haben, ist ein voller Erfolg, William."
Tief atmete Craigh durch. „Da ist kein Quadratzentimeter an meinem Körper, der nicht schmerzt", sagte er. „Trotzdem ist das hier für mich die befriedigendste Arbeit, die ich je getan habe."
*
„Die ersten Maßnahmen greifen inzwischen", sagte Homer G. Adams. „Dennoch bleiben sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein."
Er hatte sich mit Tifflor und Myles Kantor im Restaurant „Marco Polo" zum Abendessen getroffen.
Aus knapp zwei Kilometern Höhe hatte sich früher ein wahrhaft atemberaubender Blick über Terrania hinweg geboten, aber sogar noch nach der Landung reichte die Sicht bis zu den Sichelwällen des Terrania Space Port im Südwesten und im Osten zum Handelshafen Point Surfat. Myles Kantor entging Tifflors sinnender Blick keineswegs. „Lass dich von dem Sonnenschein nicht täuschen", sagte er leise. „Spätestens in der Nacht werden schwere Stürme über uns hinwegziehen. In Nordeuropa waren Hagelschäden zu verzeichnen, Indien wird von einer Sturmflut heimgesucht, und im Golf von Mexiko haben sich schwere Tornados gebildet. Ohne halbwegs wieder funktionsfähige Wetterkontrolle bekommen wir das nicht in den Griff."
„Du kennst das Problem", sagte Tifflor. „Energie." Kantor nickte knapp. „Und Zeit. Wenn beides fehlt, ergibt das eine brisante Mischung."
„Ich darf gar nicht darüber nachdenken, wie viel Energie wir aufwenden müssen, um global das Wetter wieder in den Griff zu bekommen. Wir haben diese Mengen bislang nicht zur Verfügung, weil wir sie in die unterschiedlichsten anderen Projekte leiten müssen."
„In guten Zeiten werden Abhängigkeiten gern
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