2213 - Der Traum von Gon-Orbhon
wird verlöschen wie jene, die sich meinem Gott verweigern."
Das Mädchen verzog keine Miene. Es blickte Mondra Diamond an, die sich nicht mehr von der Stelle bewegt hatte. „Du solltest auf Carlosch Imberlock hören", riet ihr die Staatssekretärin. „Wenn du den Sprengsatz zündest, wirst du nicht nur dich töten, sondern noch viele andere. Gon-Orbhon wird dich nicht aufnehmen in sein Reich, wenn du das tust."
„Ich töte für den Gott Gon-Orbhon", antwortete das Mädchen ruhig. In seinen Augen leuchtete ein gefährliches Licht. „Ich töte alle jene, die sich ihm verweigern, die nicht an ihn glauben wollen, die nicht gehorsam in seinem Sinne sind. Alle jene, die verlöschen müssen, um Platz für die Gläubigen des einzig wahren Gottes zu schaffen."
Mondra war sich sicher, dass die Frau den Verstand verloren hatte. Die Predigten hatten sie derart fanatisiert, dass sie nicht mehr klar denken konnte und die Kontrolle über sich verloren hatte. In ihrem Wahn glaubte sie, im Sinne des ominösen Gon-Orbhon zu handeln, und das machte sie gefährlich.
Die Menge teilte sich, sodass sich eine Gasse von etwa zehn Metern Breite bildete. Sie reichte bis an die Bühne.
Mondra sah, dass Carlosch Imberlock das Podest verlassen hatte und ebenso langsam wie würdevoll heranschritt. Sie musste zugeben, dass er eine imponierende Figur darstellte. Er bot das Bild eines Mannes, der vor Selbstbewusstsein nur so strotzte, der seine Ziele genau kannte und der sich völlig im Klaren darüber war, was er tat.
Er war sich seiner Wirkung auf die Massen bewusst, und er zeigte keinerlei Furcht. Andere Menschen, die ähnlich prominent waren wie er, hätten vermutlich die Flucht ergriffen angesichts der drohenden Explosion. Er hingegen stellte sich der Gefahr und versuchte, ihr zu begegnen.
Mondra Diamond zog sich vorsichtig zurück. Weit kam sie jedoch nicht, denn sie erreichte schon bald die Menge der Anhänger Carlosch Imberlocks, die einen weiten Kreis gebildet hatten und nicht mehr wichen. Sie waren wie eine Mauer, die Mondra nicht überwinden konnte. „Gon-Orbhon will mich!", rief das Mädchen. „Er hat mir Träume geschickt, in denen er mir das Schwert und den Schild gezeigt hat und in denen er mir befohlen hat, die Abtrünnigen und die Ungläubigen auszulöschen. Ich werde tun, was er mir aufgetragen hat."
Ungefähr dreißig Meter von dem Mädchen entfernt blieb das Medium des neuen Gottes stehen. „Du hast Gon-Orbhon missverstanden", eröffnete er ihr mit eindringlich klingender Stimme. „Gon-Orbhon will nicht, dass die lästerlichen Gebäude genutzt oder wieder aufgebaut werden, die allgemein Fabriken genannt werden. Und gegen seinen Willen wird es auch nicht geschehen. Aber er verabscheut Gewalt, und er will nicht, dass getötet wird. Gon-Orbhon ist so mächtig, dass er es nicht nötig hat, die lästerlichen Gebäude durch seine Jünger zerstören oder Ungläubige töten zu lassen. Alles wird nach seinem Willen geschehen. Er will, dass du den Impulsgeber nun auf den Boden legst und desaktivierst. Du darfst den Sprengstoff nicht zünden. Gon-Orbhon verbietet es dir."
„Nein!", widersprach sie. „Gon-Orbhon ist in meinen Träumen zu mir gekommen und hat mir befohlen, mich mitten in diese Menge zu begeben und den Sprengstoff zu zünden. Genau das werde ich jetzt tun!"
Der Finger senkte sich auf den Schalter der Impulskugel, und ein blaues Licht begann zu leuchten. Es zeigte an, dass nun nur noch zehn Sekunden bis zur Explosion blieben.
4.
Als Theorod Eysbir schon glaubte, dass ihn nichts mehr retten konnte, fiel ihm auf, dass sich seine Schultern immer stärker gegen die Schachtwand drückten. Durch die Reibung erhitzte sich die Kleidung, doch er verbrannte sich nicht.
Der Druck nahm zu, und nun endlich ging ihm auf, dass der Schacht nicht mehr länger senkrecht in die Tiefe führte, sondern einen Bogen machte. Er stürzte nicht mehr ins Bodenlose, sondern er rutschte an der Schachtwand entlang, und seine Geschwindigkeit verringerte sich. Um noch stärker zu bremsen, drückte er die Beine nach außen und stemmte die Füße gegen die Wand. Er spürte, dass diese nicht eben und glatt war, sondern viele Wülste aufwies. Seine Füße prallten dagegen, und es gelang ihm nur unter Schmerzen, die Erschütterungen mit den Beinen aufzufangen.
Er schrie in die Dunkelheit, und er drückte nun auch die Arme nach außen. Es war ihm egal, ob er sich dabei noch mehr verletzte oder nicht. Er wollte nur, dass dieser
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