2213 - Der Traum von Gon-Orbhon
geräumiger Gang, der bis zu einem Lift führte. Als Eysbir die Hand an eine Kontaktscheibe legte, hörte er es summen, und gleich darauf glitt eine Tür zur Seite. Eine angenehme Frauenstimme machte ihn darauf aufmerksam, dass der Anstieg nach oben etwa drei Minuten dauern würde.
Er zögerte, weil er sich fragte, ob der Lift tatsächlich intakt war oder ob der Aufstieg in einer Katastrophe irgendwo weit oben an einem Hindernis enden würde.
Nachdem er beinahe eine Stunde lang überlegt und vergeblich versucht hatte, eine Luke zu öffnen, die ihm die Sicht nach oben ermöglichte, ergab er sich in das Unvermeidliche. Er hatte keine andere Wahl. Die Halle war voll mit Bauteilen, die pures Gold wert waren - die er aber nicht essen und trinken konnte. Wenn er hier unten blieb, würde er elendig verhungern und verdursten.
Er stopfte sich die Taschen mit positronischen Steuermodulen voll, stieg in den Lift, schloss die Türen und befahl: „Bring mich nach oben, Süße!"
„Aber gern doch", antwortete die weibliche Stimme. „Möchtest du Musik hören?"
„Ich möchte nur mit heiler Haut nach oben kommen."
Die Stimme reagierte nicht. Er spürte, wie der Lift sich in Bewegung setzte und wie er beschleunigte. Er lehnte sich gegen eine Wand, senkte den Kopf und schloss die Augen. Mit aller Macht wehrte er sich gegen das Gefühl, sich mit hoher Geschwindigkeit einer harten und festen Masse zu nähern, die irgendwo oben den Liftschacht verstopfte.
Seine Muskeln spannten sich an, und die Brust wurde ihm eng. Er vermochte kaum noch zu atmen.
Mondra Diamond rannte, obwohl sie wusste, dass sie niemals schnell genug sein konnte, um dem Feuer zu entkommen. Sie bewegte sich in einer tobenden Menge, die in Panik flüchten wollte, in der sich aber die vielen Menschen derart behinderten, dass niemand so recht vorankam. Schon nach wenigen Schritten stolperte Mondra über einen Mann, der gestürzt war. Sie konnte sich nicht auf den Beinen halten. Im Fallen drehte sie sich, sodass sie die junge Frau sehen konnte, die mit hoch erhobenen Armen und verklärtem Gesicht auf die Explosion wartete.
Mehrere Männer lösten sich aus der Menge und stürmten auf sie zu. Einer von ihnen hielt ein kleines Gerät in den Händen, und plötzlich schloss sich ein matt schimmerndes Prallfeld um die Frau. Keine Sekunde zu früh - denn der Sprengsatz explodierte in einer riesigen Stichflamme.
Das Feuer aber wurde von einem runden Kessel abgeschirmt, der einen Durchmesser von etwa drei Metern hatte. Da er oben offen war, entlud sich die Druckwelle der Explosion in dieser Richtung. Geblendet schloss Mondra die Augen. Ihre Hände zitterten, und sie konnte nichts dagegen tun.
Als sie die Augen wieder öffnete, war alles vorbei. An der Stelle, an der die Frau gestanden hatte, befand sich eine flache Mulde verbrannter Erde im Boden. Eine schwarze Rauchwolke stieg träge in den Himmel hinauf.
Einsetzender Regen ließ sie rasch verschwinden.
Die Menschen der Versammlung flüchteten schreiend vom Platz. Wer stürzte, hatte kaum eine Chance, noch einmal wieder auf die Beine zu kommen. Die anderen rannten über ihn hinweg und trampelten ihn zu Boden.
Einer der Männer, die das Prallfeld errichtet hatten, trat zu Mondra und streckte ihr die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie ergriff die Hand. „Bist du okay?", fragte er. „Ja, ja, alles in Ordnung", antwortete sie, aufgewühlt und erschüttert über den Tod der jungen Frau. Sie hatte ihn nicht verhindern können. „Ich muss dich allein lassen", sagte der Mann. „Okay?"
„Ich komme klar. Kein Problem. Hast du Bre Tsinga gesehen?"
Er schüttelte den Kopf und entfernte sich. Der Regen prasselte ihr ins Gesicht, und sie fühlte sich leer und ausgebrannt. Sie konnte nicht verstehen, dass eine junge Frau ihr Leben für eine Idee geopfert hatte, die nach ihrem Verständnis jeder Grundlage entbehrte und die noch nicht einmal mit den Predigten von Carlosch Imberlock konform ging.
Sie senkte den Kopf und legte die Hände vor das Gesicht. So blieb sie stehen, bis sie jemanden vor sich atmen hörte. Sie ließ die Hände sinken und sah Carlosch Imberlock. Er war vom Regen durchnässt. Seine dunklen Haare klebten ihm im Gesicht und am Hals. „Sie hätte das nicht tun dürfen", flüsterte er. „Sie hat es getan, weil sie deinen Lehren glaubte", warf sie ihm vor. Der Zorn ließ ihre Lippen schmal werden. „Was machst du mit den Menschen? Sie haben Sorgen und Nöte. Die Welt, wie sie sie kannten und
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