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2232 - Wiedergeburt

Titel: 2232 - Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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klackendes Geräusch, das als mehrfaches Echo von den Wänden der Säle zurückgeworfen wird. Es sind gute Schuhe; sie waren schwer zu bekommen und sehr teuer. Das weiß ich noch.
    Nach wie vor herrscht Dunkelheit im Kloster. Nur Igor Strawanzkys Augen erschaffen kleine Inseln in den Schatten. Aber das wird nicht mehr lange so bleiben.
    Es ist Nacht, doch kurz, sehr kurz vor Morgengrauen. Bald wird der lange Schlaf enden, wird das Leben in die ausgekühlten Gemäuer zurückkehren. Bis dahin muss ich gefunden haben, wonach ich suche. Sonst finden sie mich, und das wäre fatal.
    Denn ich habe kein Recht darauf, hier zu sein. Bin eingedrungen, verbotenerweise. Darauf steht eine hohe Strafe, die höchste: der Tod.
    Die Auslöschung ...
    Verzweiflung erfasst mich, als ich feststellen muss, dass die Zeit nicht ausreicht. Ich habe erst einen kleinen Teil des Organismus erforscht, noch nicht einmal ein Zehntel der Heiligtümer im Tempelbezirk kartografiert.
    Schon vernehme ich von fern das Krähen der Hähne.
    Schon bricht der Tag an.
    Schon schicken sie ihre Dienstboten aus, bewaffnet mit Besen und Staubsaugern, mit Fackeln und Laternen.
    Vor den Putztrupps kann ich mich verbergen. Ich ducke mich in dunkle Nischen, flüchte mich auf Balkone, verstecke mich in Tabernakelschränken und Beichtstühlen, hinter Sphingen und achtarmigen Statuen.
    „Hiho!", singen die Zwerge. „Hiho!", und sie marschieren, die Lappen und Eimer schwingend, vorbei.
    Aber sie stellen nur die Vorhut dar. Die nach ihnen kommen, werden ungleich gefährlicher sein. Ich renne, so schnell mich – klack, klack! – meine Füße tragen. Stürme gerade durch einen verglasten Wintergarten, als draußen die Sonne aufgeht.
    Ihre durch das Dickicht der Grünpflanzen stechenden Strahlen brennen auf meiner Haut. Rauch steigt auf, wo sie mich treffen. Verkohlende Flecken bilden sich auf meinen Armen und Beinen.
    In höchster Not benutze ich den Maulwurf-Schlüssel. Werfe mich in den Geheimgang, der sich vor mir auftut.
    Weit werde ich nicht kommen, da mache ich mir nichts vor. Schon wecken Fanfaren die Priester und Mönche, rufen die Glocken zur Morgenandacht.
    Innerhalb der meterdicken Steinmauern bin ich derzeit noch sicher. Doch die Hörner erschallen, die Hunde bellen.
    Die Jagd ist eröffnet.
    Der Geheimgang endet an einer Pforte. Ich trete hindurch. Vor mir erstreckt sich ein Garten, wunderhübsch angelegt, bis ins kleinste Detail künstlerisch gestaltet. Und makellos gepflegt: jedes Rosenbeet geharkt und gejätet, jeder Kiesweg gerecht, jeder Steinwall von Hand poliert.
    Seite an Seite rennen Igor Strawanzky und ich durch das Labyrinth. Nackte Panik treibt mich voran, Todesangst und schier unerträglicher Schmerz.
    Obwohl ich den Schatten der Platanen suche, wann immer dies möglich ist, rösten mich die Sonnenstrahlen. Ihre gleißende Helligkeit sengt mir die zischende, brutzelnde, verdampfende Haut vom Leib.
    Ich gleite mit dem Absatz an einem Kiesel ab, knicke um, schreie auf. Ich habe mir den Knöchel verstaucht. Dumme, nutzlose Schuhe!
    An einen Baumstamm gelehnt, mit Tränen in den Augen, ziehe ich sie aus und werfe sie weg. Es waren gute Schuhe, schwer zu bekommen und sehr teuer.
    Das weiß ich noch: Jemand hat sie mir geschenkt, zum Jahrestag. Das hat mir damals viel bedeutet und dieser Jemand ebenfalls. Aber sie haben mir kein Glück gebracht. Und er ... noch weniger.
    „Von Ballast muss man sich trennen, wenn die Umstände es verlangen", sage ich mir. Habe ich mir gesagt, damals.
    Oder war das er?
    Egal.
    Barfuß laufe ich weiter, setze mich erneut der Gluthitze aus. Ich habe keine andere Wahl.
    Hinter mir vernehme ich das Getrappel unzähliger Hufe. Mit schrillen Schreien feuern die Reiter ihre Pferde an, dirigieren die Treiber die bellende, nach Blut dürstende Hundemeute. Sosehr es mich schmerzt, ich muss Igor Strawanzky opfern. Ich schicke den einäugigen Robo-Kater von mir fort. Er flitzt in ein Wäldchen junger Birken, in sein Verderben. Doch er lenkt die Meute von mir ab. Die Hunde folgen ihm und die Reiter desgleichen. Durch sein zweites Auge beobachte ich, wie sich Igor im Dickicht der blauen Farne zu verbergen sucht.
    Vergeblich. Die Bluthunde wittern ihn, stöbern ihn auf, stellen ihn. Ich kann sein klägliches Miauen nicht hören. Dennoch geht es mir durch Mark und Bein.
    Sie beginnen, ihn in seine Bestandteile zu zerlegen, zerreißen ihn, bis nur noch Nullen und Einser übrig sind, und selbst diese beißen sie tot. Das kann ich

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