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2236 - Der Finger Gottes

Titel: 2236 - Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gleichzeitig den Gleitschirm unter Kontrolle zu halten.
    Dass der Priester diesen Schmuck trug, war ein Beweis für seinen Mut und seine Geschicklichkeit. Er machte deutlich, dass er Respekt verdiente.
    Ein leichter Wind wehte von Nordosten her. Er fing sich in den vielen Felsspalten und erzeugte ein Heulen und Pfeifen, das Otarie als unheimlich empfand. Fröstelnd streckte das schöne Mädchen die Arme nach Dando aus, und er zog es an sich, um es zu wärmen. „Fürchte dich nicht", sagte er leise. „Der Priester ist ein Caiwane, er ist einer von uns. Er wird ein offenes Ohr für dich haben. Er kennt die Arkoniden besser als wir. Daher wird er wissen, was wir gegen sie tun können, ohne von ihrer Reaktion zerschmettert zu werden."
    Sie wartete noch eine Weile, eröffnete ihm, dass sich der Schlag ihrer beiden Herzen beruhigt habe, löste sich von ihm, schwang sich auf den Rücken ihres Gauarties, schenkte ihm ein letztes Lächeln und ritt in die Schlucht hinab, die zum Tempel hinführte.
    Er legte sich hoch oben auf die Felsen und beobachtete den Finger Gottes. Es dauerte quälend lange, bis Otarie den Tempel erreichte. Der Abstieg war offenbar schwieriger als erwartet gewesen. Noch immer stand der Priester an der Säule. Dando verfolgte, wie Otarie die Plattform unter dem leuchtenden Tempeldach betrat und sich ihm näherte und wie er plötzlich den Kopf hob und die Hörmuschel nach hinten sinken ließ, bis sein Gesicht erkennbar wurde.
    Gespannt verfolgte er, was geschah. Das Mädchen redete mit dem Priester. Hin und wieder ließ sie sich bittend auf die Knie sinken, erhob sich jedoch wieder, sobald er sich von ihr entfernte, um zum Altar zu gehen und die Stufen hinaufzusteigen. Sie folgte ihm einige Schritte weit, blieb dann jedoch respektvoll stehen, während er mit ausgebreiteten Armen und nach oben gerichtetem Gesicht regungslos auf dem Altar verharrte.
    Dando zog unbehaglich die Schultern hoch, als er den Priester die Stufen herabsteigen sah und verfolgte, wie er Otarie bei der Hand nahm, um mit ihr hin und her zu gehen und dabei heftig gestikulierend auf sie einzureden. Er hatte den Eindruck, dass er ihr mehrmals drohte, um sie gleich anschließend wieder zu beschwichtigen, war sich seiner Sache jedoch nicht sicher.
    Verstört fragte er sich, was sie tun konnten, falls der Priester ihnen nicht die erhoffte Hilfe gewährte.
    Plötzlich entdeckte Dando eine Bewegung neben dem Tempel. Das Umfeld des Bauwerks war dunkel, doch das von dem Dach ausgehende Licht schuf eine Zwielichtzone, in der sich die Konturen einiger Felsbrocken und Pflanzen abzeichneten. Zwischen ihnen leuchteten plötzlich sechs grünlich schimmernde Augen auf. Jeweils drei Augen standen in zwei parallelen Reihen übereinander.
    Darunter glaubte Dando dolchartige weiße Reißzähne auszumachen.
    Unwillkürlich richtete er sich auf.
    Ein Zahnanther strich um den Tempel, und Otarie schickte sich an, den Priester zu verlassen. Sie sank noch einmal vor Owara auf die Knie. Erst als er sich abwandte, stand sie auf und ging in die Dunkelheit hinaus, nicht weit von der Stelle entfernt, an welcher das Raubtier lauerte. Dando stockte der Atem. Er wollte ihr eine Warnung zurufen, wusste jedoch, dass sie ihn nicht hören konnte, weil sie viel zu weit von ihm entfernt war.
    Es hielt ihn nicht auf den Felsen. Wie von Sinnen rannte er in die Schlucht hinein. Er schloss sechs seiner acht Augen, um mit den anderen beiden umso besser sehen zu können. Mit Riesensätzen schnellte er sich von Felsen zu Felsen, raste immer tiefer in die Schlucht hinein, voller Angst um die geliebte Otarie, die nicht ahnte, welche Gefahr ihr drohte.
    Während seines Sturmlaufs schrie er mehrere Male laut, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen und den Zahnanther von ihr abzulenken. Hin und wieder bückte er sich, nahm Steine auf und schleuderte sie von sich. Wenn sie gegen die Felswände prallten, riefen sie ein starkes Echo hervor. „Lauf zurück zum Tempel!", schrie er in der verzweifelten Hoffnung, dass der Priester irgendeine Möglichkeit hatte, sie vor der Bestie zu retten.
    Otarie antwortete nicht. Je weiter er in die Schlucht vordrang, desto geringer wurde seine Hoffnung, sie noch lebend anzutreffen. Doch dann tauchte sie überraschend vor ihm auf. Sie hob die Arme, um auf sich aufmerksam zu machen. „Was brüllst du so?", fragte sie. „Willst du den Priester unbedingt verärgern? Vergiss nicht, dass dies die Frauentage sind und sich Männer den Priestern fern zu halten

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