2250 - Zeuge der Zeit
gefragt. Aber es gibt zu viele Majestäten, die ihn mit mir in Zusammenhang bringen. Er hat sich einige Feinde gemacht. Also haben wir uns auf dich geeinigt. Du genießt unter den Motana Respekt" Rhodan schürzte die Lippen und sah sie durchdringend an, ein Blick, unter dem Zephyda unruhig wurde. Er hätte es vorgezogen, nicht in den Konvent eingebunden zu sein, jedenfalls nicht in der Funktion. Doch die Argumente, die sie vorbrachte, waren schwer widerlegbar.
Schließlich verneigte er sich andeutungsweise: „Ich stehe zur Verfügung."
Kischmeide reckte eine Fackel hoch; draußen herrschte mittlerweile Nacht, und aus den Spiegelblistern kam kein Licht mehr. Hinter ihr folgten sechs Frauen. Sie trugen statt Fackeln alle Waffen, und Kischmeide sorgte dafür, dass der Weg für alle gut beleuchtet war. Die Stadt lag nicht in Stille - so war es nie in Kimte -, sondern ein Flüstern aus Tausenden Mündern mischte sich mit dem Geräusch, das der Baum erzeugte. Nur vom Orkewetter drang kein Laut herein.
Vor einer Kammer tief unten im Stummen Gürtel stoppte sie. „Arn Orthun!", sprach sie streng durch den Vorhang, der die Kammer vom hölzernen Steg trennte. „Ich bin es, Kischmeide. Darf ich eintreten?"
Zehn Sekunden. Sie wiederholte den Versuch. Ani Orthun war entweder nicht anwesend oder eingeschlafen. „Ani Orthun! Ich bin es!"
Keine Antwort.
Sie gab den Wächterinnen Zeichen, alle sechs zogen ihre Waffen, dann riss Kischmeide den Vorgang beiseite und trat als erste in die Kammer, weil sie die Fackel trug.
Den bitteren Dunst, der in der Luft hing, kannte Kischmeide. Der Körpergeruch einer alten Motana-Frau, gemischt mit exotischen Aromen aus einer fremden Welt.
Ani Orthun weilte nicht in der Kammer. Das Bett war leer, und Kischmeide entdeckte keinerlei persönliche Gegenstände mehr. Nur der Geruch war da, aber der konnte sich Tage halten.
Kischmeide schickte eine Wächterin fort zu den Toren Kimtes, um Erkundigungen einzuziehen.
Mit den übrigen fünf wartete Kischmeide eine halbe Stunde, doch Ani Orthun ließ sich nicht blicken.
Stattdessen kehrte die ausgeschickte Botin zurück: Ani Orthun hatte mit einer Gruppe Majestäten auf Garakas die Stadt verlassen, auf dem Weg zur Feste von Roedergorm.
Das, dachte Kischmeide, verkompliziert die Dinge.
In der Nacht landete der letzte der vierzig Kreuzer, die ausgeschickt worden waren.
Kimte beherbergte nun dreihundertzwölf Majestäten. Wenn sie den alten Aufzeichnungen und dem Sternkatalog der Besch trauen konnten, war die Führungsschicht damit zwar nicht annähernd komplett, doch sie konnten nicht Monate warten, so viel Zeit würde ihnen der Feind nicht lassen.
Folglich blieben die Bionischen Kreuzer ab sofort wieder im Bereich Tom Kartays. Der Schulbetrieb für die Quellen und Epha-Motana, die im Gebirge ausgebildet wurden, nahm seinen normalen Fortgang.
Der Aufbruch nach Roedergorm begann am frühen Morgen. Ein Teil der Majestäten wurde mit der SCHWERT zur Feste transportiert, zum Versammlungsort. Jeder Transport dauerte nur zehn Minuten, eine halbe Stunde mit Ein- und Aussteigen.
Die jüngeren, abenteuerlustigen Frauen zogen den Transport per Garaka vor. Sie kamen langsamer, aber genauso sicher ans Ziel.
Mit der letzten Fuhre erreichte Zephyda selbst die Feste. Die SCHWERT kehrte zurück zum Landeplatz bei Kimte.
Dreihundertacht Majestäten befanden sich an Ort und Stelle. Vier waren in Kimte geblieben. Ihre Teilnahme, hieß es, war aus Gesundheitsgründen entweder unmöglich oder zumindest unsicher; nicht überraschend, bedachte man das Alter vieler Frauen. Mit den Offizieren von Roedergorm regelte Zephyda die Belegung der Unterkünfte. Die Küchen lieferten Mahlzeiten im Minutentakt. Zwischenfälle blieben aus; die Bewohner der Feste hatten sich im Griff, und die Majestäten verzichteten auf böses Blut.
Zephyda fand endlich die Zeit, mit Atlan die eigene Unterkunft zu beziehen.
Eine Gestalt mit Umhang und Kapuze führte sie, ein Marsch durch Korridore und Treppenschächte.
Vor einem Portal blieb der Führer stehen. „Weiter darf ich euch nicht bringen."
„Warum nicht?"
„Es ist ein Befehl."
Zephyda öffnete die Türflügel.
Am Ende des Korridors erwartete sie Corestaar, der Karthog. „Meine junge Freundin!", rief er. „Ah, und dieser Arkonide!"
Corestaar humpelte auf sie zu. Das künstliche Bein klapperte bei jedem zweiten Schritt auf Stein, dennoch wirkte er physisch bedrohlich in seinem dunklen Umhang, mit den finsteren Zügen.
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