2257 - Der Mikrodieb
sagte ich. „Jenna und Henner, ihr kümmert euch um die Sektoren mit den Energiespeichern. Tarn und ich übernehmen die Kameras und die Steuerpositroniken."
Wir zogen los. In Gedanken weilten wir mehr bei dem Sternhaufen. Im Herzen trugen wir die Hoffnung mit uns, dass der Jetstrahl hier endete und wir endlich Gon-Orbhon fanden.
Wenn wir das erreicht hatten, wartete der schwerste und vermutlich schlimmste Teil der Operation Kristallsturm auf uns, der Kampf gegen Gon-Orbhon. Noch hatten wir keinen blassen Schimmer, wie wir uns die Wesenheit vorstellen mussten. Die menschliche Phantasie bot uns schillernde Möglichkeiten an vom Winzling mit dem Riesenkopf und den gewaltigen Parakräften bis hin zur planetengroßen Hirnmasse ä la BARDIOC.
Eines wussten wir mit Sicherheit: Gon-Orbhon war gefährlich. Lebensgefährlich im wahrsten Sinne des Wortes. Er vergewaltigte die Bewohner Terras, zog inzwischen vielleicht alle Bewohner des Solsystems in seinen Bann. Die Vorstellung, in der Heimat könnte Bürgerkrieg ausgebrochen sein, in dem sich die Menschen gegenseitig abschlachteten, verursachte ein flaues Gefühl in meinem Magen. Und sie machte mich kribbelig. Ich trat ständig von einem Bein aufs andere.
Tarn bemerkte es, sagte aber nichts. Sie übernahm die Führung, bis wir eine kleine Kantine zwischen den Lagern erreichten. Wir bestellten uns etwas zu trinken und verhielten uns, als würden wir unsere Freizeit genießen.
Immer wieder musterten wir verstohlen die Anzeigen unserer Armbandkoms. Mit der Positronik der Abteilung hatten wir ein optisches Signal vereinbart, sobald sich etwas tat.
Wenn das Phantom tatsächlich erneut zuschlug ... Wir konnten es nicht mit Bestimmtheit sagen. Möglicherweise änderten sich durch unsere Ankunft am Ziel seine Pläne.
Nach dem Sinn fragte ich mich lieber nicht. Die ganzen Diebstähle erschienen mir mehr den Zweck einer Bewegungstherapie zu erfüllen als etwas anderes. Ein Mordinstrument, mit dem Ascari Kantiran aus dem Weg räumen wollte, erschien mir immer unwahrscheinlicher, je öfter ich daran dachte. Tarn sprang plötzlich auf. Das Signal! „Sachte, sachte!", flüsterte ich. Auf Zehenspitzen verließen wir die Kantine. Bevor wir in den Korridor hinaustraten, schalteten wir unsere Deflektoren ein. Es handelte sich um Geräte für Siganesen. Sie reichten gerade aus, unsere Körper zu verstecken.
Im Spurt benötigten wir nicht einmal zwei Minuten bis zu dem Lager, das uns die Positronik gemeldet hatte. Es besaß zwei Zugänge, deshalb trennten wir uns.
Diesmal hing der Handstrahler an meiner Seite. Ich zog ihn heraus, entsicherte ihn.
Vor mir tauchte der Eingang auf.
Mit dem Ellenbogen berührte ich das Kontaktfeld, presste mich mit dem Rücken gegen die Wand. Die Tür glitt auf. Ich spähte in das Lager, versuchte irgendeinen ungewöhnlichen Gegenstand oder eine Bewegung auszumachen. Da war nichts.
Ich wechselte auf die andere Seite der Tür, um die rechte Hälfte des Raumes einzusehen. Auch da konnte ich nichts Auffälliges entdecken.
Waffe in beide Hände und im Anschlag nach vorn halten. Verdeck dir nicht die Sicht dabei!
Irgendwie hatte ich während des langen Fluges nach Magellan zu viele Krimis gesehen.
Ich hechtete mich durch die Öffnung bis zur ersten Regalwand. Mit einem Auge schielte ich ständig auf das Display des Armbands. Es zeigte nichts an.
Plötzlich ging alles sehr schnell. Irgendwo am hinteren Ende des Lagers krachte es.
Mehrere Behälter stürzten aus Regalen, der Inhalt verteilte sich scheppernd und splitternd auf dem Boden. Ein helles Singen näherte sich. Ich entdeckte einen Schatten, der über die Wand huschte. „Stehen bleiben oder ich schieße!"
Es erfolgte keine Reaktion. Ein Reinigungsroboter tauchte in meinem Blickfeld auf.
Mit hoher Geschwindigkeit schoss er an mir vorbei und zerschellte an der linken Wand. Dann trat Stille ein. „Ich bin okay", hörte ich Tarn von weit hinten sagen. „Wie sieht es bei dir aus?"
„Alles in Ordnung. Hier hat ein Reinigungsroboter verrückt gespielt."
Wir suchten noch eine Weile nach Spuren, während die ersten Wachmannschaften auftauchten. Sie nahmen den Roboter mit, um ihn zu untersuchen. „Hier Fernand", klang Jenners Stimme aus unseren Funkempfängern. „Das war ein ganz übler Trick. Das Phantom hat euch hereingelegt. Ich gehe jede Wette ein, es hat den Roboter umprogrammiert."
„Um uns abzulenken?"
„Genau, es war nämlich bei uns drüben. Allerdings konnte es entkommen. Für die
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