227 - Herr des versunkenen Reiches
packte das Rennfieber.
Brauchte er das Kontrollsystem der Außenhaut? Nein. Nicht bei moderatem Wasserdruck. Also umleiten auf den Antrieb! Wieso holte der Orrik schon wieder auf? Er klebte ja fast schon am Heck! Wo konnte man noch Energie abzweigen?
»Ääh – Matt! Vielleicht solltest du etwas langsamer werden«, sagte Quart’ol unsicher.
Klar! Und mich einem Fisch ergeben! Matts Blicke flogen über die Steuerkonsole. Irgendwo musste noch ein unnützer Energiefresser sein! Die Sauerstoffproduktion vielleicht?
Quart’ol räusperte sich. »Sag mal, hast du zufällig den roten Gebäudekomplex gesehen? Vorhin?«
Matt nickte, während er fieberhaft weiter suchte. »Ja, hab ich. Warum?«
»Das war das Wissenschaftszentrum.«
»Ach, verdammt!« Matt schlug auf die Annullierungstaste – diesen kleinen grünen Lebensretter, dem es zu verdanken war, dass alle heil nach Gilam’esh’gad gekommen waren. Jetzt hätte Matt das Ding am liebsten mit dem Hammer bearbeitet, nahm es ihm doch alle Hoffnung auf einen sicher geglaubten Sieg.
Der Prototyp verlor an Fahrt und begann zu bremsen. Draußen zischte ein schlanker Fisch vorbei. Er sah widerlich zufrieden aus. Seine Ordnung war wiederhergestellt.
***
»Komm schon, Quart’ol! Zeig mir, wo es ist! Ich will es wenigstens von außen sehen«, drängte Matt.
Sein hydritischer Freund verzog die Mundwinkel. Es war Mittag, und Quart’ol hätte gern eine Kleinigkeit gegessen. Sich ausgeruht. Einfach mal… nichts getan. Er warf einen Blick auf Aruula: Auch die Barbarin sah müde aus. Kein Wunder nach einem anstrengenden Morgen im Wissenschaftszentrum mit Yanns Genörgel über die schäbige Unterbringung und Clarices für Nichtmediziner schwer verständlichen Vortrag bezüglich ihrer geplanten Behandlungsmethoden.
Aber Matt war einfach nicht klein zu kriegen!
Selbst die Enttäuschung, als er von Nefertari, nach dem Flächenräumer befragt, nichts Wesentliches erfuhr, änderte nichts an seinem Tatendrang.
Quart’ol seufzte. »Klar kann ich dir zeigen, wo der Tempel ist. Ich halte es nur für komplette Zeitverschwendung, dorthin zu fahren. Der Wächter hat schon mich nicht reingelassen, da glaubst du doch wohl kaum, dass er einem Menschen die Tür öffnet.«
Matt sah den Hydriten unverwandt an. »Also? Wo muss ich hin?«
»Nach rechts«, brummte Quart’ol.
Rechts, das war eine kleine Ost-West-Verbindung, die von der Roten Allee abzweigte. Sie führte in ein vornehmes Stadtviertel, in dem sich eine Villa an die nächste reihte. Prachtvolle Bauten aus verschiedenen Epochen, von hängenden Korallengärten bis zu Pyramidenstrukturen.
Am Ostrand des Viertels lag ein öffentlicher Platz, ringsum begrünt und mit Riesenaustern eingefasst, der hydritischen Version einer Parkbank. Sein Pflaster bestand aus Muscheln, die alle in dieselbe Richtung wiesen. Quart’ol zeigte über sie hinweg.
»Da ist er, der Tempel ›Zur verschlossenen Tür‹ !« Er wandte sich Matt zu. »Was erhoffst du dir eigentlich vom Wächter, sollte er dich wider Erwarten einlassen?«
»Informationen.« Matt lenkte die Transportqualle in den Schatten des riesigen Spindelgebäudes und brachte sie zum Stehen. »Nefertari sagte, dass das gemeine Volk nichts über den Flächenräumer wusste. Vielleicht ist dieser Wächter besser informiert.« Er nickte Aruula zu. »Setz den Helm auf. Ich öffne jetzt die Schleuse.«
Es war zu erwarten gewesen, und doch fühlte sich Matt tief enttäuscht. Er schwebte im Wasser vor dem mächtigen Gebäude und schaute abwechselnd auf die verwitterten Schriftzüge Kammer des Wissens und Kammer der Macht. Die Tore darunter waren hier und da mit Algen bewachsen. Düster. Verschlossen. Nichts rührte sich, nicht einmal ein Fisch kam vorbei.
Neben jedem Tor ragte ein Oval aus der Wand. Seine Oberfläche war glatt und gab nach, wenn Matt sie berührte.
Ein leuchtender Abdruck seiner Fingerkuppe blieb zurück, der schnell wieder erlosch. Mehr geschah nicht.
Matt wusste von Quart’ol, dass diese Anlage eine Art Türklingel war. Er fragte sich gerade, ob er einen Stein darin verkeilen sollte, um dem sturen Wächter wenigstens auf die Nerven zu gehen. Da hob Aruula plötzlich die Hand.
»Wartet mal!«, forderte sie und erstarrte. »Hört ihr das?«
Die Gefährten verneinten. Aruula ließ sich gegen das Portal treiben, drückte sich an den Stein, horchte. Angespannt sah sie aus. »Da sind Stimmen!«, wisperte sie. »Viele Stimmen!«
»Was sagen sie?«, fragte Matt
Weitere Kostenlose Bücher