2273 - Der gefallene Schutzherr
ihm die Pracht und den Glanz anderswo verwehren - hier würde er sie verwirklichen, er ganz allein.
Im Orbit um den Planeten kreisten die Schiffe der Kybb, vor allem der technisch hoch begabten Kybb-Traken. Dort befanden sich die Baustellen, in denen die komplexen Teile der Schlossanlagen montiert wurden, bevor sie herabgesenkt und von den Kybb-Cranar in Empfang genommen wurden, dem Fußvolk, das unter Aufsicht der Traken die gröberen Arbeiten verrichtete. Es gab Tausende davon auf Kherzesch. Über die Jahre hinweg wuchs die Anlage und nahm mehr und mehr Gestalt an. Tagg Kharzani lieferte die Pläne, die seinen Visionen entsprangen, und die Architekten setzten sie in die Tat um. Ein Palast nach dem anderen entstand, Parks würden angelegt und künstliche Teiche, regelrechte Seen, über die sich lange, bogenförmige Brücken spannten. Die Türme wuchsen immer höher in den klaren Himmel, der nachts von Myriaden funkelnder Sterne übersät war.
Bald erreichten die Ausläufer des Schlosses das Meer im Westen. Tagg Kharzani konnte sich nicht daran satt sehen. Es war jetzt schon prächtig, ein Wunder, und er hatte es geschaffen. Aber es würde noch prachtvoller werden, noch größer. Überall auf den vielen Baustellen wimmelte es von geheimnisvollen Geschöpfen, Androiden oder Roboter. Sie sahen aus wie Maschinen, winzige ebenso wie große, vielgestaltig und in emsiger, manchmal kaum mit den Augen zu verfolgender Hast: Dies waren die Techniten, Konstrukteure und Arbeiter, kybernetische Organismen, die neben den Kybb zu Milliarden den Umkreis des entstehenden Schlosses erfüllten.
Tagg Kharzanis Aufgaben ließen es nicht zu, sein Leben ganz auf Arphonie zu konzentrieren.
Was hier heranwuchs, ging niemanden etwas an. Deshalb ließ er sich weiterhin regelmäßig auf Tan-Jamondi II blicken und tat seine Arbeit als Schutzherr. Er war mit seinem Porter im Sternenozean und in Ammandul unterwegs und tat das, was er immer getan hatte nur um dafür zu bekommen, was er immer bekommen hatte: nichts.
Doch nun schmerzte es nicht mehr ganz so sehr.
Natürlich wurden die anderen neugierig. Natürlich bemerkten sie seine häufige Abwesenheit, und natürlich stellten sie Fragen. Es war wie eine bittere Ironie: Jetzt, da er endlich das tat, was er längst hätte tun sollen, waren Gimgon, Gon-Orbhon, Lyressea und ihre Geschwister an ihm interessiert. Jetzt sorgten sie sich plötzlich um ihn.
Aber hinter diesen Sorgen um sein Wohlergehen steckte das alte Misstrauen, das sie ihm schon immer entgegengebracht hatten - Lyressea allen voran. Sie mochten ahnen, dass er etwas hinter ihrem Rücken tat, und es gefiel ihnen nicht.
Doch aufhalten konnten sie ihn nicht mehr. Das konnte niemand. Er blieb im Schatten der strahlenden Helden, aber in diesem Schatten wuchs etwas heran, und je größer es wurde, desto größer wurde auch die Angst.
Angst davor, es zu verlieren. Angst, dass sie es ihm doch nahmen. Dass er nicht mehr die Vollendung erlebte, weil er vorher starb.
Die alte Panik steckte noch immer in ihm. Sie krallte sich an sein Bewusstsein, lauerte im Hintergrund wie ein zum Sprung bereites Ungeheuer.
Nein, sagte er sich immer wieder und wurde dafür von Enkrine gegeißelt. Nichts und niemand hält mich auf. Und wenn ich dafür kämpfen muss ...
Noch erschrak er selbst vor diesen Gedanken.
3.
Gegenwart
„Nein", sagst du, als du doch wieder vor einem der tausend Spiegel stehen bleibst, die dich in deiner ganzen Pracht zeigen. „Nein, es gefiel ihnen ganz und gar nicht."
Es ist im Grunde kein Spiegelbild deiner Gestalt. Es ist ein Hologramm, das dich so zeigt, wie du dich sehen willst. Es ist schön, aber es schmerzt zugleich.
Und mit dem Schmerz kommt die Wut zurück. „Ich will sie tot sehen!", schreist du dein Traumbild an. „In tausend Stücken! Das fette Walross zerhackt! Für alles, was sie mir angetan hat!"
Wer soll dich hören? Du hast sie alle umbringen lassen. Du duldest niemanden mehr um dich herum - und Deitz Duarto meldet sich nicht.
Du ahnst längst, dass etwas schief gegangen ist. Deine ganze Streitmacht, bis auf die Kybb-Titanen, gegen einen einzigen Planeten, ein einziges Wesen, das dir im Nacken sitzt, seit... „Sie ist tot!", schreist du deine eigenen, quälenden Gedanken nieder.
Mörder! „Sei still! Sei endlich still!"
Du willst Carya Andaxi, aber du nimmst die Vernichtung eines ganzen Planeten in Kauf!
Einer Welt und all ihrer Bewohner! Der Tod von Millionen, vielleicht Milliarden
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