2279 - Zeit der Schatten
Berichten - so wenig wie aus den öffentlichen Chroniken -, wann die Befriedung Phariske-Erigons durch ARCHETIM stattgefunden hatte; also das erste Auftauchen der Superintelligenz, als welche ARCHETIM erkannt worden war. Er wusste nicht, wie lange die Schohaaken schon seine Helfer waren. Aber er glaubte sicher zu wissen, dass vor ihnen schon andere Völker diese Aufgabe erfüllt hatten und dass die im kosmischen Zusammenhang vergleichsweise kurze Spanne, die von den Inkarnationen abgedeckt wurde, längst nicht das ganze Leben und Wirken ARCHETIMS widerspiegelte. Woher kam das geheimnisvolle Wesen, die „Superintelligenz"?
Ganz zufrieden mit diesem Tag war er also nicht, als er spät in der Nacht in seinen Wohnturm zurückkehrte. Sicher, er hatte viel Neues über ARCHETIM erfahren, aber nicht so, wie er es erhofft hatte. Die Faszination des ersten Mals hatte sich nicht wieder eingestellt. Er hatte einfach zu viel erwartet und war frustriert. Und außerdem machte ihn die Aussicht nervös, am nächsten Tag Orgid Sasstre aufsuchen zu müssen.
Und auch wenn er es sich nicht zugab: Er vermisste Eidoa.
Drubens Laune hatte sich auch am nächsten Morgen nicht wesentlich gebessert, eher im Gegenteil. Er raunzte Na-Da an, weil dieser schon wieder das Fressen verweigerte und nicht mit ihm sprach. Er beschimpfte ihn - und dann tat es ihm schon wieder Leid. Er kniete sich zu ihm und fragte wieder, was er denn so Schlimmes kommen sehen würde - obwohl er wusste, dass er keine Antwort bekommen würde.
Na-Da war bereits deutlich abgemagert, kein Zweifel möglich. Seitdem sie auf Oaghonyr waren, ging es mit dem Togg bergab. Drüben verzweifelte daran, dass er nichts für ihn tun konnte - er durfte doch nicht zusehen, wie sein einziger Freund langsam, aber sicher dahinsiechte und am Ende jämmerlich zugrunde ging! Was war so schlimm, dass es ihm jeden Lebensmut raubte?
Aus lauter Trotz beschloss Drüben, ihn mit in den Regierungspalast zu nehmen. Wenn man ihn dort nicht wollte - bitte, dann würde auch er gehen. So gern er wissen wollte, was ein wichtiger Mann wie Orgid Sasstre ihm zu sagen hatte, und ob wirklich er dafür verantwortlich war, dass man ihm den RUF geschickt hatte, so ungern nahm er diesen Weg auf sich.
Er hatte es immer gehasst, wenn von anderen versucht worden war, über sein Wohl und Wehe zu bestimmen.
Und nun saß er dem mächtigen Mann in dessen riesigem Büro gegenüber. Die Wände waren mit Urkunden und Bildern geschmückt, die bereits nicht nach Drubens Geschmack waren. Auch die Möbel, die Farbe der Wände - alles störte den Chronisten.
Am schlimmsten aber war der Mann selbst.
Drüben Eskuri hatte nicht erwartet, dass er ihn sympathisch finden würde. Er war bereits mit Vorurteilen hierher gekommen. Aber was er nun vor sich sah, hinter einem monumentalen Arbeitstisch aus schwerem, dunklem Holz, übertraf seine schlimmsten Befürchtungen.
Na-Da schien ähnlich zu empfinden. Der Togg, den er nur hierher hatte mitnehmen dürfen, nachdem er den Sekretären und Sekretärinnen tatsächlich gedroht hatte, auf der Stelle wieder kehrtzumachen, hatte die Zähne gefletscht, was Drüben zuletzt vor vielen Jahren bei ihm gesehen hatte. Sasstre sah ihn amüsiert an. Es passte zu dem Eindruck, den Drüben auf den ersten Blick von ihm gehabt hatte. Er war übertrieben elegant gekleidet, überheblich, selbstgefällig und einfach abstoßend. Nichts an ihm gefiel dem Chronisten, weder die kalten Augen noch das falsche, aufgesetzt wirkende Lächeln. „Nun, mein Sohn? Wie gefällt dir die Wiege des Friedens?", erkundigte sich der Gouverneur jovial.
Was für eine Farce! Mein Sohn! Aus den Akten ging deutlich genug hervor, dass Drüben als Waise aufgewachsen war. „Gut, Gouverneur", antwortete Drüben steif. ,„Na, komm schon, setz dich doch, mein Junge. Du musst durstig sein." Die Augen des Mannes folgten Drubens Bewegungen aufmerksam, sonst blieb sein Gesicht unbewegt wie eine Maske. „Gewiss. Nach Informationen", gab der Chronist patzig zurück, obwohl er sich hatte zurückhalten und erst einmal abwarten wollen. „Was willst du von mir? Wir kennen uns nicht einmal."
„Ich wollte dich sehen und kennen lernen. Wissen, wie du aussiehst." Noch immer zeigte sich kein Riss in der Fassade des Gouverneurs, nur sein Lächeln wurde eine Spur schmaler. „Es gibt Holoaufnahmen!" Drüben schrie fast. „Also?"
„Du siehst gut aus, mein Sohn. Wie es sich für einen gehört, den der RUF ereilt hat."
Drüben kochte
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