2279 - Zeit der Schatten
Gefährtin. Hatte der Togg Angst, Eidoa könne seinen Platz einnehmen? Es war lächerlich. Eidoa sollte auch seine Freundin sein!
Sie redete auf den Togg ein. Sie kraulte ihm das Fell. Sie tat alles, was sie nur konnte, um ihn zu erreichen. Aber es war umsonst. „Vielleicht wäre es besser, wenn wir.:.", begann sie, doch ehe sie den Satz zu Ende führen konnte, hatte Drüben sie schon in seine Arme gezogen und drückte sie fest an sich. „Sprich nicht so", sagte er. „Wenn du jetzt auch noch gingst... Nein, Eidoa. Ich habe mein ganzes Leben lang auf dich gewartet, nur wusste ich es nicht. Es war Schicksal, was uns zusammengeführt hat. Ich lasse dich nie mehr los."
„Und wenn Na-Da ... stirbt?"
„Dann wird es sein, als habe man mir das halbe Herz aus dem Leib gerissen", sagte er. „Reiß mir die andere Hälfte nicht auch noch heraus." Sie schwieg. „ARCHETIM wird zurückkehren", sagte er. „Dann wird alles wieder gut."
In diesem Moment öffnete Na-Da ein Auge und sah ihn an.
Ein Schauder, so eiskalt, wie er ihn noch nie erlebt hatte, lief über Drubens Rücken. Und das wunderbare, strahlende Bild einer Zukunft, das er sich gemalt hatte, bekam einen tiefen, schwarzen, hässlichen Riss. „Bei ARCHETIM", flüsterte Eidoa, die den Blick ebenfalls gesehen hatte. „Wenn es stimmt, was ich über Togg gehört habe, dann sieht Na-Da eine Zukunft, die so grauenvoll ist, dass ich ..." Sie verstummte und drückte den Kopf ganz fest an Drubens Schulter, um den Blick von Na-Da nicht mehr sehen zu müssen.
Von diesem Tag an wartete Drüben Eskuri voller Angst auf das, was geschehen würde. Nur, worum es sich handeln würde, das blieb ihm ein Rätsel. Was konnte so schrecklich sein, dass es Na-Das Zustand erklären könnte? Selbst der Tod seines Herrchens hatte noch nie einen Togg zu derartigen Reaktionen verleitet, soweit er wusste.
Oder war seine Perspektive noch zu klein? Betrafen die Ahnungen des Togg etwa ...? Er wagte nicht einmal, den Gedanken zu Ende zu denken, obwohl er ihn nie verwarf. Aber lag der Verdacht nicht nahe? Was war das Schlimmste, das geschehen konnte? Worauf freute er sich am meisten, abgesehen von einer gemeinsamen Zukunft mit Eidoa?
Er traf sich in unregelmäßigen Abständen mit seinem Vater, der in diesen Tagen kaum Zeit für ihn hatte. Orgid Sasstre war vollauf mit den Empfangsvorbereitungen für ARCHETIM beschäftigt. Denn die Superintelligenz, so meldeten die Außenstationen der Galaxis, sei bereits in ihrer Mächtigkeitsballung angekommen. Die Retroversion der Negasphäre in den Tiefen des Weltraums war beendet - ob erfolgreich oder nicht, darüber war noch nichts bekannt; doch wer würde daran zweifeln? Allein dass es keine Nachrichten über das bevorstehende Ereignis gab, war beunruhigend.
Sehr beunruhigend für einen jungen Schohaaken, der die Zukunft nur noch in den düstersten Farben sehen konnte, nachdem er aus dem Himmel des Glücks gefallen und hart aufgeschlagen war.
Drüben und Eidoa sahen einander täglich. Sie besuchten sich gegenseitig. Jeder hatte den Kode zur Wohnung des anderen. Beide kümmerten sich liebevoll um Na-Da, doch der Togg fraß nicht, redete nicht, lebte kaum noch.
Die Tiermediker, zu denen sie mit ihm gingen, konnten nicht helfen. Körperlich fehlte Na-Da - bis auf die Auszehrung -nichts. Die Ärzte konnten nur das bestätigen, was Drüben und Eidoa ahnten: Na-Da hatte etwas „gesehen", etwas, das in der Zukunft lag und so schrecklich war, dass er nicht mehr leben wollte.
Die Tage vergingen. Drüben versuchte sich durch seine Arbeit zu betäuben. Na-Da ins Gildehaus mitzunehmen war unmöglich geworden. Das Tier wollte allein sein. Und jeden Abend, an dem er zurück in die Wohnung flog, befürchtete Drüben das Schlimmste.
Doch Na-Da war noch da. Er schien nicht mehr die Kraft zum Leben und noch nicht die Kraft zum Sterben zu haben. Es war, als wartete er auf etwas.
Oft fand Drüben Eidoa im Appartement vor. Er freute sich jedes Mal mehr und hatte zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, nach Hause zu kommen. Nur Na-Da trübte dieses Gefühl. Eidoa schlief dann bei ihm, und wenn er nachts wach neben ihr lag, kamen ihm Gedanken, die noch vor Monaten undenkbar für ihn gewesen waren: Gedanken an Kinder, an eine richtige Familie.
Aber würde eine Familie, ein Zuhause überhaupt möglich sein? Was, wenn etwas mit ARCHETIM geschehen war? Nicht einmal Sein Vater wusste Genaueres über die Superintelligenz zu berichten.
Fest stand lediglich, dass
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