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2279 - Zeit der Schatten

Titel: 2279 - Zeit der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eigene Anrufe er bislang ignoriert hatte -aus lauter Furcht davor, was Sasstre ihm würde sagen müssen.
    Nun war er so weit, die Wahrheit zu hören - wenn es denn eine solche gab. Und wenn noch eine Hoffnung existiert hatte, so musste der Gouverneur sie brutal zerstören. Er konnte es seinem wiedergefundenen Sohn noch so schonend beizubringen versuchen: ARCHETIM war nicht mehr zu retten. Orgid Sasstre und die anderen Gouverneure - vor allem aber er -hatten die grausame, undankbare Aufgabe, den Realitäten ins Gesicht zu sehen und zu tun, was nun zu tun war.
    Sasstre beschwor seinen Sohn, nicht zu verzweifeln und abzuwarten. Er sagte nichts Konkretes, doch er deutete an, dass er alles versuchen würde, um ihm eine Ehre zuteil werden zu lassen, einen letzten Dienst, in dessen Genuss nur wenige Auserwählte kamen.
    Konkret war dagegen, dass Orgid Sasstre, der eigentlich Feiern der Freude für ARCHETIM hätte organisieren sollen, bereits von jedem wichtigen besiedelten Planeten der Galaxis Phariske-Erigon ein Raumschiff anforderte; keine zwei oder zehn, sondern genau eins. Und Drüben als Pro-Chronist wusste nur zu gut, was das bedeutete. „Sie haben ihn aufgegeben", erklärte er Eidoa. „Wenn wichtige Persönlichkeiten von planetarer Stellung sterben, werden sie mit einer Kette, einem riesigen Trauerzug, an ihr Todesmal geleitet und dort desintegriert."
    Sie sah ihn verständnislos an. „Eine Kette", wiederholte er. „Von jedem wichtigen Planeten ein Raumschiff, Eidoa. Mein Vater ist gerade dabei, eine solche Kette aus Raumschiffen, den besten und prächtigsten dieser Galaxis, zusammenzustellen."
    „Du meinst... für ARCHETIM?"
    Er nickte. „Eine Kette für ARCHETIM, ja. Orgid Sasstre stellt die Kette von Oaghonyr für ihn zusammen. Sie wird ARCHETIM dorthin geleiten, wo er verlöschen wird. Endgültig. Damit ist das Warten und Hoffen zu Ende. ARCHETIM wird sterben, es kann keinen Zweifel mehr geben."
    Und er sah wieder zu Na-Da hinüber, der still in seiner Ecke lag. „Er hat es gespürt, nicht wahr?", sagte Eidoa. „Das war es. Er hat ARCHETIMS Sterben vorausgeahnt, gesehen - oder wie immer wir es nennen wollen." Sie schlug die Hände vor die Augen. „Und jetzt? Sag mir, Drüben, was soll aus uns werden, ohne den Großen Beschützer? Den Friedensbringer?"
    Er konnte es nicht. Er zog sie in seine Arme und drückte sie so fest an sich, dass es wehtat.
    ARCHETIMS Sterben zog sich über sechs Monate hin. Während dieser Zeit war zunächst Oaghonyr, dann schließlich das gesamte Oa-System von der übrigen Galaxis isoliert, bis auf eine Ausnahme: Die Völker Phariske-Erigons sandten die angeforderten Schiffe, die sich in der Peripherie des Systems sammelten und warteten. Mit jedem Tag wurden es mehr, bis es am Ende fast 60.000 Raumer waren, die sich zur Kette von Oaghonyr ordnen würden, zur Todesprozession für die Superintelligenz.
    Der Planet selbst lag in ähnlicher Agonie wie ARCHETIM, in allen Bereichen des Lebens.
    Sie spürten es. Sie fühlten, wie mit jedem Tag etwas mehr von der Macht, von der Seele und der Hoffnung und dem Glück erlosch, die sie ihr ganzes Leben lang geleitet und geführt, bewacht und vor Bösem bewahrt hatten - auch wenn ARCHETIM selbst nicht direkt anwesend war. Er war da gewesen, nicht körperlich, aber in den Gedanken, in den Köpfen und Seelen seiner Schutzbefohlenen; all der Wesen, denen er vor langer, langer Zeit den Frieden geschenkt hatte.
    Nun schwand diese Kraft dahin und mit ihr der Lebensmut der Wesen nicht nur auf Oaghonyr, sondern in ganz Phariske-Erigon. Alle denkenden, fühlenden Wesen fragten sich verzweifelt, wie denn die Zukunft ohne ARCHETIM aussehen würde. Die lange Zeit des Friedens, die er erst ermöglicht hatte - war es damit vorbei? Würden wieder die Kriege aufzuflackern beginnen, im Kleinen zuerst, dann in größerem Maßstab, bis die Galaxis wieder eine brennende Fackel war?
    Oder hatten ihre Bewohner gelernt? Waren sie bereit und in der Lage, ARCHETIMS Kraft für sich zu konservieren? Wenn es so etwas gab wie sein Vermächtnis - würden sie es erfüllen können? Oder würde Phariske-Erigon zurückfallen in wilde Barbarei?
    In der ganzen Galaxis breitete sich eine Lähmung aus. Die Raumfahrt kam fast zum Erliegen. Planeten und ganze Sonnensysteme, ja kleine Sternenreiche isolierten sich. Es herrschte eine nie gekannte Unsicherheit zwischen den Sternen - und nackte Angst. Licht und Wärme schienen zu schwinden.
    Schatten zogen überall auf, und mit ihnen

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