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2298 - Bericht eines Toten

Titel: 2298 - Bericht eines Toten
Autoren: Unbekannt
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Angriff fortsetzen. Das gesamte Solsystem mit seinen Bewohnern stand auf dem Spiel.
    Wir hatten nichts zu verlieren.
    Dann schienen die Ortungsinstrumente zu explodieren. Energieemissionen unglaublicher Stärke, die die Positronik nur auf eine Weise interpretieren konnte: hochfahrende Triebwerke.
    Im nächsten Augenblick Bewegungsanzeigen. Ich wollte es kaum wahrhaben, aber es bestand kein Zweifel: 30 Titanen lösten sich aus der Sonnenatmosphäre und nahmen Kurs auf unsere Flotte.
    Und dieser Kurs führte genau an uns vorbei. „Alarm!", rief ich. „Vollalarm! Die Titanen kommen!"
    Harinta warf mir einen finsteren Blick zu. Ich weiß nicht mehr, was darin mitschwang.
    Verachtung? Abscheu? Jedenfalls so etwas in der Art.
    Nach meinen Berechnungen hatten wir keinerlei Chance. Ein einziger beiläufiger Schuss, und wir waren atomisiert. „Harinta", bellte Ertans Stimme durch die Zentrale, „schieß deine Befehle in den Wind! Gib den Feuerbefehl!"
    Dieser Idiot! Wollte er nicht leben? Wollte er unbedingt für die gute Sache sterben? Mir war in diesem Augenblick alles egal, jede Ordnung, jeder Befehl hatte für mich seinen Sinn verloren. Ich wollte nur nicht sterben. Nicht jetzt, nicht hier.
    Ertan sah Harinta noch immer erwartungsvoll an, doch ihr Befehl blieb aus. „Zumindest hat die Erde einen kleinen Aufschub erhalten", murmelte er. „Der Abzug der Titanen ist doch ein Hoffnungsschimmer !"
    Ich hatte den Verdacht, dass er wieder voll auf Droge stand. Andererseits ... wie war so etwas möglich bei all den Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollmechanismen in der Flotte der Liga Freier Terraner? Vielleicht täuschte ich mich ja auch, und er war lediglich der Anspannung nicht gewachsen.
    Er kicherte unablässig und stierte zu mir.
    Harinta hatte jedenfalls keinen Grund zur Klage. Er ließ sich im Dienst nichts zuschulden kommen, war einer der besten Waffenleitoffiziere. „Die übrigen zwanzig Titanen reichen auch aus." Ich konnte Ertans Optimismus nicht teilen. „Vielleicht haben wir ein paar Stunden gewonnen, aber was heißt das schon? Dafür schießen sie uns nur noch schneller zusammen!"
    „Gib endlich die Waffen frei, Harinta! Ich werde diesen Biestern einen reinbraten. Gut gebrutzelt sind sie mir lieber!" Unser Plophoser hatte sich absolut nicht mehr unter Kontrolle.
    Harinta lächelte nur matt. „Ertan ablösen", sagte sie. „Und geschossen wird erst, wenn ich es sage! Keine Sekunde früher. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
    Ertan wehrte sich tatsächlich, als die Sicherheitskräfte ihn aus seinem Sessel zogen.
    Die Kybb-Titanen nahmen uns nicht einmal zur Kenntnis. Sie beschleunigten mit für uns unglaublichen Werten, gingen in den Überlichtflug und tauchten in Höhe der Jupiterbahn wieder auf.
    Ich stand breitbeinig da, weil ich sonst vor lauter Zittern umgefallen wäre, übte mit den Füßen festen Druck gegen den Boden aus, um mir das trügerische Gefühl von Sicherheit und Stabilität zu geben. Als 30 Raumriesen in unmittelbarer Nähe von uns ins freie All strebten, hatte ich geglaubt, ohnmächtig werden zu müssen. Ein einziger beiläufiger Schuss hätte genügt, und wir ... „Dares, Ortung! Generiere Holos! Wie lange dauert es noch, bis die verdammten Triebwerke wieder funktionieren? Ich erbitte Meldung!"
    Einen Moment lang hatte ich die fürchterliche, absurde, natürlich völlig unbegründete Befürchtung, dass Harinta den Befehl Gürteltier ignorieren und in dem Augenblick, in dem die Überlichttriebwerke wieder online waren, zum Jupiter starten würde. Aus Liebe zur Erde, aus Pflichtbewusstsein, um den Todgeweihten zu folgen ... Ich verdrängte den Gedanken und arbeitete an den Holos. Die Positroniken lieferten eindeutige Daten.
    Unsere Flotte entrichtete einen schrecklichen Blutzoll. PRAETORIAS Blöcke wurden fürchterlich dezimiert, trotz aller Dissonanzkanonen und Paratronwerfer. Immer wieder leuchtete ein Schutzschirm mit seiner gewaltigen, blau schimmernden Blase auf, lenkte so viel Energien ab, wie er konnte, und verschmolz dann beinahe mit dem Schwarz des Weltalls.
    Manchmal hielt er dem Beschuss der Titanen stand, manchmal nicht.
    Verdammt, dachte ich. Dieser bescheuerte Treffer ... wären wir dabei doch nur draufgegangen, kurz und schmerzlos! Das wäre besser gewesen als diese fürchterliche Untätigkeit.
    In der Jupiterbahn starben Kameraden, und wir konnten uns nur tot stellen. Ich wollte gar nicht wissen, welche realen Funkmeldungen wir empfingen. Oder Holos. Ich wollte keine
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