232 - Höllisches Paradies
stauchte ihnen schlanken Körper zusammen. Sie musste augenblicklich tot gewesen sein; vermutlich hatte sie nicht einmal mehr den Schlag gespürt. Als die Pranke sich wieder hob, war nicht viel von ihr übrig.
Matt konnte nicht anders: Er schoss wieder und wieder auf die Kreatur und schrie dabei seine Wut heraus. Als sich seine Gedanken klärten, wurde ihm bewusst, dass der Hammer des Colt Python auf leere Kammern schlug.
Und dass die Bestie auf ihn zukam!
Schnell.
Mit jedem einzelnen Schritt überwand sie gut drei, vier Meter. Hinter ihr wirbelten Sandwolken hoch. Keine zehn Sekunden, und sie würde hier sein!
Matt unterdrückte mühsam die Panik, die in ihm hoch wallte. Während er sich in Richtung eines einzeln stehenden Felsens von der Maschine entfernte, tastete er nach den Patronen in seiner Beintasche, holte mit fliegenden Fingern drei hervor und schob sie in die Trommel. Zu weiteren blieb keine Zeit. Zwölf Schritte – aus dieser Entfernung würde er mit dem Colt Python mit großer Wahrscheinlichkeit die Sprengstoffkiste noch treffen können.
Doch als er wieder herumfuhr und den Colt hochriss, war da… nichts. Keine Bestie!
Sie war verschwunden! Wie war das möglich?
Die Zeit schien still zu stehen. Palmwedel knisterten. Das Meer rauschte. Matthews Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Wo war das Biest abgeblieben?
Hinter dem Flugzeug erschien eine verhornte, krallenbewehrte Pranke, noch rot vom Blut der jungen Frau. Matt kniff die Augen zusammen. Die Bestie war auf der anderen Seite der Maschine! Und nun schlug sie ihre Klauen in das Metall und zog sich an der Flanke der Be-300 hoch. Es dröhnte dumpf.
Der kantige Schädel erschien über dem Rumpf, das Maul öffnete sich, klappte fast schon auseinander. Es knirschte und fetzte, als die Bestie einen Teil der Hülle aus der Verankerung riss.
Sie ist zorniger denn je, dachte Matt. Obwohl es auf diese Entfernung unmöglich war, glaubte er das Lodern in den Augen der Kreatur zu sehen. Es will töten!
Er zielte auf die Kiste, die gut sichtbar an der Bordwand lehnte. Ein Treffer, und es ist vorbei, dachte er grimmig.
***
Ich habe getötet!
Der Hunger hat es mir diktiert.
Aber ich habe das Hirn der kleinen Frau nicht gefressen.
Denn irgendetwas tief in mir sagt, dass es falsch war.
Verschone uns, hat die Frau gesagt, und: Lass uns nach Hause gehen! Sie hat es nicht wirklich gesagt. Ich habe es in ihren Gedanken gelesen. Dort lagen schöne Bilder. Träume von Heimat und Ruhe und Stille und Frieden.
Sie war eine mutige kleine Frau, und ich habe sie mit einem einzigen Hieb getötet. So wie ich die Männer im Wasser und vom Boot getötet habe. Deren Hirne ich fraß!
Doch nie habe ich wirklich etwas dabei empfunden außer Sättigung – bis zu diesem Moment. In den Augen der Frau war etwas, das mir tief in die Seele geblickt hat.
Seele?
Ich wusste nicht, dass ich so etwas noch besitze. So wie ich meinen Namen vergessen hatte, den ich vorhin nach so langer Zeit wieder zu vernehmen glaubte.
Jetzt ist sie tot, die kleine Frau, und in meinem Kopf rast die Wut. Auf mich selbst. Über mein Schicksal. Auf diese Insel und alle Lesewesen darauf.
ICH WILL TÖTEN!
Es ist der Wahnsinn, der in mir brüllt, und er schmerzt noch ärger als die Wunden, die mir zugefügt wurden. Die immer wieder neue Veränderungen meines Körpers auslösen. Die mich weiter und weiter von meinem ursprünglichen Ich entfernen.
Mein Körper hat neue Waffen geboren, um zu töten!
ALSO TÖTE!
Sollte ich die Menschen gehen lassen? Damit ich wieder meine Ruhe habe?
Nein!
NEIN!
Ich werde sie umbringen, der Reihe nach.
Ich überwinde das Flugzeugwrack, das mich einst hierher gebracht hat. Dort ist der blonde Mann, den ich gestern verschonte. Warum ich es tat? Ich weiß es nicht mehr. Nur noch die Wut regiert meinen Verstand. Der unbändige Hass auf mich und die Welt um mich herum.
Er richtet eine Waffe auf mich. Glaubt er denn, mich damit töten zu können? Der Narr! Ich werde ihn…
Der Schuss peitscht, aber ich spüre keinen Einschlag. Hat er mich verfehlt?
Nein, er zielt nicht auf mich! Der Lauf deutet auf einen Punkt unter mir. Was…?
***
Daneben!
Matt Drax fluchte mit zusammengebissenen Zähnen. Im Flugzeugrumpf klaffte ein fast faustgroßes Loch, wenige Zentimeter über der Kiste mit dem Sprengstoff.
Ganz ruhig!, ermahnte er sich. Aber das war einfacher gedacht als getan angesichts der Bestie, die nun vollends auf dem Flugzeugrumpf erschien und zu ihm herüber
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