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2352 - Griff nach Drorah

Titel: 2352 - Griff nach Drorah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Abenddämmerung. Sein schweifender Blick endete am Sockel des Obelisken.
    Er hatte sich verändert! Eisiger Schrecken erfasste Dorn. Er weigerte sich, zu erkennen, was er sah. Der Dunkle Obelisk begann zu strahlen, in einem durchdringenden schwarzen Licht. Noch verstand Dorn, dass diese Eindrücke nur Hilfsmittel seines überforderten Verstandes waren. Vom riesigen kantigen Pfahl, von der vierkantigen Säule und den dicken Querbalken ging ein dunkles Leuchten aus, als dehne sich glimmendes Gas über den großen Platz aus und vergrößere die Konstruktion ins Unfassbare.
    Gleichzeitig kamen von dorther suggestive, verwirrende und mentale Strahlungen, die im Unbewussten wühlten und rasende Kopfschmerzen erzeugten. Das Hologramm löste sich auf, und sekundenlang glaubte Dorn einzelne Buchstaben seiner Botschaften in einem rauschhaften Wirbel vergehen zu sehen.
    Seine gequälte Augen erfassten trügerische Bilder: Das düstere Licht hatte sich in alle Richtungen ausgebreitet. Der Ratspalast war ebenso wenig zu sehen wie die Bäume ringsum. Der dunkle Halo des Obelisken schluckte das Licht des Sonnenunterganges. Wie ist das möglich?
    Was geschieht hier? Obwohl das gesamte Geschehen lautlos vor sich ging, rauschte es in seinen Ohren. Übelkeit marterte seinen Magen und seine Knie, und die Hände zuckten und zitterten. Dorn hatte völlig die Orientierung verloren und merkte nicht, dass er an seinen Fesseln riss.
    Rings um ihn herrschte waberndes Dunkel, von fadendünnen Blitzen durchzuckt. In der Schwärze ragte die Säule des Obelisken in einer undefinierbaren anderen Art von Schwarz, perspektivisch verzerrt, bis in den Himmel hinauf. Dorn verbarg den Kopf in den Armen, aber es half nichts. Alles um ihn herum war in einer unbegreiflichen Finsternis, in einer Welt aus Schmerz, Suggestion und Unwirklichkeit verschwunden.
    Ein unbeschädigter Teil seines Verstandes dachte: Noch eineinhalb Stunden...
    Dorn Tevomor erkannte nicht, wie es um ihn. stand. Er spürte nicht, dass er ausgestreckt auf den Steinstufen lag, den Kopf in den Unterarmen, zuckend und laut stöhnend, mit weißem Schaum in den Mundwinkeln und nach Luft ringend. Er weilte in einer Welt, die ihn wahnsinnig gemacht hatte; er wollte fliehen, flüchten, wegrennen...
    Beide Ketten waren gespannt. Die Ringe schnitten ins Fleisch seines Fußknöchels und in die Haut des Handgelenks. Dorn Tevomor fühlte sich zwischen zwei Welten hin und her gerissen. Noch arbeitete sein Verstand und versuchte ihm zu verdeutlichen, dass die rasenden, surrealen Bilder, die der Obelisk produzierte, mehr mit einem Albtraum zu tun hatten als mit der Wirklichkeit. Aber seine Augen erblickten eine Wirklichkeit, die sich verändert hatte. Wie konnte Schwärze leuchten? Wie konnten Lichteffekte einen derart starken mentalen Druck erzeugen?
    Dorn fürchtete, innerhalb der nächsten Sekunden wahnsinnig zu werden.
    Und die Sekunden schienen sich zu kleinen Ewigkeiten zu dehnen...
     
    *
     
    Gegen Mitternacht weckte ein übler Traum den Exkommandanten. Jere tan Baloy hatte von riesigen, leeren Hangars geträumt, vom Großen Platz am Ratspalast Konars und von endlosen Grasebenen, die sich auf fremden, namenlosen Planeten ausbreiteten. Seltsam, dachte er und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und aus den Achselhöhlen, überaus seltsam: Hier in Konar habe ich meine Agoraphobie anscheinend besiegt. Und nun malträtiert. sie mich in Albträumen.
    Tan Baloy schaltete die Beleuchtung ein und tappte in die Hygienezelle. Dann leerte er eine große Flasche Mineralwasser und setzte sich an den Rand des Bettes. „Albträume ... kein Wunder, ausgerechnet heute."
    Er war im Besitz einer vernichtenden Waffe. Kein anderer hatte den Signalgeber haben wollen, nicht einmal der junge Agent. Jetzt lag sie drüben im Wohnraum in einem Fach, neben der nie gebrauchten Dienstwaffe und einigen Dutzend Ton-Text-Trägern. Jede Schaltung, bis hinunter zur Folge 0001, bedeutete Zerstörung, Vernichtung und Tod. Trotz der Trauer um Solina und des Hasses auf die Terminale Kolonne und deren Brutalität empfand Jere, auf dem Mond Xölyar geboren, deutlichen Abscheu gegenüber der Wirkung dieser Waffe. Wahrscheinlich hatten die Gedanken an die getöteten Arbeiter in der Fabrik und die daraus entstandenen Schuldgefühle die Albträume ausgelöst.
    Was wäre die Alternative gewesen?
    Flucht? Wohin? Flucht bedeutete zugleich das Eingeständnis der Verantwortungslosigkeit. Zwar konnte er sich an irgendeinem Ort auf Drorah

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