2371 - Der Sternenfindling
Atmosphäre befand sich an etlichen Stellen noch immer in Aufruhr. Aber all das war normal für ein solches technisches Gewaltmanöver und erwartet worden.
Im Großen und Ganzen, darin waren sich alle einig, hatte der Planet den Transport bemerkenswert gut überstanden.
Die Raphanen waren außer sich vor Begeisterung. Verdoppelter Lebensraum - das bedeutete sprunghaft steigende Lebensqualität für alle -, aber auch der Pioniergeist erwachte wieder. Der Geist, der ihre Ahnen einst be- flügelt und zu den Sternen getragen hatte.
Es gab eine neue Welt zu entdecken, eine Welt voller Wunder. Atlan verglich es mit dem ersten Aufbruch eines jungen Intelligenzvolks in den Weltraum. Nur war es hier genau umgekehrt: Die Raphanen mussten ihr System nicht verlassen, um eine weitere Heimat zu finden - sie kam direkt zu ihnen.
Doch noch war das Unterfangen nicht völlig abgeschlossen, zwei Etappen folgten.
Um genau 12:52:27 Uhr verschlang der eine halbe Million Kilometer durchmessende Feldring des Tele-Transportfelds Kharmuu ein zweites Mal.
Um 13:08:39 Uhr und etwas mehr als eine Milliarde Kilometer später glitt der Planet aus dem Halbraumtunnel und befand sich auf seiner künftigen endgültigen Umlaufbahn.
Erst zu diesem Zeitpunkt atmete Atlan auf.
Kharmuu konnte nach der Belastung durch den Strukturschock endgültig zur Ruhe kommen.
Ein gewagtes Unterfangen war gelungen, mit dem Erbe der Vergangenheit und dem Elan der Gegenwart. Diese Kombination hatte sich stets bewährt - bis TRAITOR gekommen war. Um die Terminale Kolonne zu besiegen, war mehr nötig.
Der Transport eines Planeten war geschafft. dessen Zukunft lag nunmehr bei den Raphanen. Die Galaktiker ihrerseits widmeten sich weiterhin ihrem vordringlichen Problem der Spektralen Technik, die allem Anschein nach verhinderte. dass der Weg nach Hangay weiter beschritten werden konnte. 'Ehe sich der Arkonide auf den neuesten Wissensstand bringen konnte, geschah etwas, mit dem niemand gerechnet hatte und was eigentlich ganz und gar unmöglich sein sollte.
Der Justierungsstation näherte sich von der Stadt her ein einzelner Mann - ungehindert von allen Kräften, die den Umkreis der Station weiträumig abriegelte.
Der Unbekannte kam zu Fuß, und niemand dachte daran, ihn aufzuhalten.
*
Atlan konnte es einfach nicht glauben.
Der Fremde, hochgewachsen und wie ein Raphane gekleidet. obwohl seine Hautfarbe eher an die eines Lemurers erinnerte, „spazierte" durch die Prallfeldsperren, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Noch immer stellte sich ihm niemand in den Weg. Im Gegenteil - wo sich Wachen befanden, machten sie ihm Platz, ohne nach einer Legitimation zu fragen, ohne seinen ID-Chip zu prüfen und ohne Rückruf in der Zentrale.
Atlan ließ ihn sich von den Fernoptiken näher heranholen. Er sah das Gesicht des Fremden dreidimensional vor sich, so als stände er ihm direkt gegenüber, und hatte noch mehr den Eindruck, keinem Raphanen in die Augen zu sehen, sondern dem Idealbild eines Lemurers von vor 50.000 Jahren.
Er spürte, wie sein Herz schneller schlug.
Natürlich dachte er daran, den Befehl zu geben, den Mann festzusetzen, doch etwas sagte ihm, dass es vergeblich sein würde.
Außerdem faszinierte ihn der Fremde. Er wollte wissen, was sein Auftauchen zu bedeuten hatte und wie er so weit vordringen konnte. Was er wollte. Wer er war...
Und während er noch rätselte, erhielt er eine weitere Meldung, die kaum weniger seltsam war wie das Auftauchen des Lemurers. Denn soeben, hieß es, begannen einige Aggregate der Spektralen Technik, die bisher im Standby-Modus praktisch stillgelegen hatten, deutliche Anzeichen von Aktivität zu zeigen!
Bestand zwischen den beiden ominösen „Ereignissen" ein Zusammenhang? Der Arkonide ließ sich von der zentralen Positronik der Station seinen Verdacht bestätigen und wusste, dass es kein Irrtum war.
Die fremdartigen, den Galaktikern bisher unzugänglichen Aggregate waren genau in dem Moment „angesprungen", als der „Besucher" das Gelände der Justierungsstation betrat.
Noch einmal überlegte Atlan, den Fremden zu stoppen, und wieder entschied er sich dagegen. Was immer geschah - es schien nicht mehr aufzuhalten zu sein.
*
Immentri Luz hatte mit größeren Schwierigkeiten gerechnet, doch sein suggestives Talent ebnete ihm den Weg. Es war, wie er dabei feststellte, weitaus stärker, als er bisher angenommen hatte.
Er ging dorthin, wohin er gehörte. Er wusste es einfach. Er konnte sich
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