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2376 - Tolle Tage in Terrania

Titel: 2376 - Tolle Tage in Terrania Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kippte, auf dem er hockte.
    Wirre Bilder und Geräusche, zusammenhanglose Eindrücke, überdeckten immer wieder seine Wahrnehmung. Ihn schwindelte. War er betrunken? Nein. Unvorstellbar. Er nahm nie mehr als höchstens eine halbe Flasche am Stück zu sich.
    Ein feines Weinchen, zusammen mit guter Musik und erbaulicher Lektüre und ...
    Dieses Echo aus unendlich ferner Vergangenheit wollte ihm etwas offenbaren. Über ihn, seine Person, seine Geschichte. Vielleicht verstand er mehr, wenn er die Wörter laut aussprach?
    Er probierte es. Doch die Stimmwerkzeuge verweigerten ihm den Dienst. Aus seinem Rachen drang bloß ein unartikuliertes, lang gezogenes, grauenhaft hohles Stöhnen.
    Dies war eine „Stadt", ja? Er kannte sie, sogar diesen „Bezirk", diese „Straße". Er hatte Begriffe damit verbunden, Erinnerungen. Einen Mann und eine Frau mit roten Augen und langen, wallenden, weißen Haaren. Früher. Davor.
    Wovor?
    Ihm graute.
    Gesichter, Töne, Aussagen, Zahlen, Buchstaben, Satzfetzen überlagerten semitransparent das, was als Realität er zu definieren sich mühte. Semitransparent. Hübscher Terminus, hatte ihm immer schon gefallen.
    Zerstiebend entschwand er, mitsamt der Ahnung eines Bedeutungsinhalts. Wie auch alles andere, das er erfassen, festhalten, identifizieren wollte. Vergeblich. Verloren. Verschollen.
    Es half nichts. So sehr er sich anstrengte; quälte, bis sich seine ganze körperliche Hülle in Schmerzen wand; er kam nicht drauf. Er wusste nicht mehr, wer er war.
    Nur eines wusste er; dies aber gewiss: ESCHER. War.
    Gefährlich!
     
    *
     
    Drei Tage lang gingen sie einander aus dem Weg, soweit das in Hajmos Appartement möglich war. Drei Tage lang schob er die Entscheidung, die er unweigerlich treffen musste, vor sich her.
    Zermarterte sich, Für und Wider abwägend, Hirn und Herz.
    Er sprach sogar mit Flippong darüber. Die Initiative dazu ging allerdings nicht von ihm aus, sondern vom Oberhaupt der Gaelarck-Familie, die mitbekommen hatte, dass zwischen den beiden Hauslords die Dinge aus dem Lot geraten waren. „Ihr redet nicht mehr", stellte der kleine Kopffüßler fest, während er Hajmos kaum angerührtes Mittagessen abräumte. „Menschen sind sehr komisch, Flippong.
    Je mehr sie sich zu sagen hätten, desto eher verstummen sie."
    „Müsst ihr böse sein? Wurde gequuibokt?"
    Das bedeutete auf Irckol: ein Tabu gebrochen. „Gewissemaßen, ja. Aber schleichend – und von beiden Seiten."
    Im vollen Bewusstsein, dass Flippong, als eingeschlechtliches Wesen, die Kalamitäten nie würde begreifen können, die aus dem humanoiden Paarungstrieb resultierten, schilderte ihm Hajmo seine Probleme mit Da'inta Mitchu. „Ihre Art, andere einfach zu übergehen, stößt mich ab und zieht mich zugleich unwiderstehlich an."
    „Kroklokwaft sie?"
    Hajmo musste ein wenig in seinem Gaelarckschen Vokabular kramen. Seine Dauergäste, die längst zu den guten Geistern des Appartements geworden waren, hatten sich das Interkosmo so rasch und nahezu perfekt angeeignet, dass ihm inzwischen viele Feinheiten ihres Idioms entfallen waren. „Teil, teils. Natürlich überdeckt sie mit dieser offensiven Dominanz eigene Unsicherheiten. >Flucht nach vorne<, heißt das bei uns. Allerdings senkt das Wissen darum ihre Attraktivität auf mich nicht im Mindesten."
    „Unaufrichtigkeit gehört zum Spiel. Und erhöht Einsatz wie Vergnügen."
    „Das ist eine ganz und gar ungaelarckische Denkweise."
    Flippong produzierte das Äquivalent eines heiteren Lachens. „Ich zitiere meinen Lehrmeister: dich."
    „Ich muss mich korrigieren. Wenn ich vorhin sagte >unwiderstehlich<, so stimmt das nicht. Ich habe ja widerstanden, und gerade deshalb sitzen wir jetzt in, äh, den Exkrementen."
    „Pfui."
    „Das kannst du laut sagen."
    „Pfui!", brüllte Flippong. Sämtliche terranischen Redewendungen hatte er doch noch nicht verinnerlicht. „Du hast schon recht. Wir, also Sparks und ich, waren von Anfang an nicht aufrichtig.
    Keiner hat klargelegt, was er sich vom Anderen erhofft, alles blieb in der Schwebe. Andererseits macht gerade das den Reiz menschlicher Beziehungen aus."
    „Hontra ru ru - mi ro mente."
    Sinngemäß bedeutete das: Trockne mich ab, aber verwende nichts, was mich berührt, weder Handtuch noch Zunge noch Atemluft. „Genau. Deshalb werden Kleinigkeiten schlagartig zu riesigen Hindernissen."
    In der Silvesternacht war es nicht um das - wahrscheinlich wirklich harmlose - Rauschmittel gegangen; sondern um ständige gegenseitige

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