2385 - Im Mesoport-Netz
wissen, dass es noch jemanden gab.
Man würde zu suchen beginnen, und man würde Spuren finden. Die Existenz der Telomon würde bekannt werden.
Wenn ihre Fliegenden Händler ihre Geschäfte mit den anderen Völkern abwickelten, geschah das im Geheimen und unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Eine „Hilfsaktion" aber war etwas ganz anderes.
Sie bedeutete, dass ganz Orellana von der Existenz der Telomon und ihrer Diskreten Domänen erfuhr. Die Konsequenzen für die kommenden Generationen waren nicht abzusehen, aber alles würde sich ändern - und davor hatten die meisten Telomon Angst.
Alexim Afateh gehörte nicht zu den Ängstlichen. Er hatte Kontakt mit anderen Wesen gehabt und wusste, dass sie das gleiche Recht zum Leben und auf Glück hatten wie sein eigenes Volk. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wie sie litten und zugrunde gingen. Er wollte helfen.
Der Händler wurde wütend, wenn er jene hörte, die sich dagegen sträubten. Er musste hilflos zusehen, wie sich die Dorfminster der Diskreten Domänen der verschiedenen Planeten kurzschlossen und miteinander absprachen. Sie nutzten die Dorf-Wissenden per Funk, der für eine solche Versammlung gut genug funktionierte.
Er konnte ebenso wenig verhindern, dass sie mit großer Mehrheit und für alle Kolonien bindend beschlossen, sich zurückzuhalten und nicht einzugreifen und nicht zu helfen, um nicht die Entdeckung zu riskierten.
Alexim protestierte. Er versuchte sogar, die Telomon der Planeten, zu denen er reiste, gegen diese in seinen Augen unheilige Allianz zu mobilisieren.
Er kämpfte, bis man ihn auf den ersten Planeten nicht mehr empfangen wollte und die Geschäfte zum Erliegen kamen. Sogar das hätte er eingesteckt, wenn er etwas erreicht hätte.
Aber er schaffte es nicht. Die Angst der anderen Telomon war zu stark. Es gab keine Hilfe für die Not leidenden Nachbarn.
Schließlich gab er es auf und zog mit Morris weiter, von Mesoport-Weiche zu Weiche, von Dorf zu Dorf, zu jenen Gemeinden, in denen er willkommen war.
Nur um Imnova machte er seltsamerweise einen großen Bogen.
Lemaha ...
Sie ging ihm nicht aus dem Kopf. Je einsamer er sich fühlte, desto größer wurde der Wunsch, sie kennen zu lernen. Sie war für ihn die einzig „Richtige". Sie war wie er, wild und ungezügelt.
Er stellte sich vor; wie sie an seiner Seite für die Notleidenden kämpfte und gegen die Engstirnigkeit der Dorfminster. Sie würde ihn verstehen.
*
Alexim reiste weiter, allein mit Morris, seinem einzigen treuen und wirklichen Freund. Er besuchte die Welten des Sternhaufens und sah, wie das Elend wuchs und seine Leute nichts dagegen taten.
Sie dachten nur an sich, und das widerte ihn an. In der Folge zog er sich mehr und mehr zurück und verlor die Lust an der Begegnung. Er konnte sich nicht mehr auf ein neues Dorf freuen, nicht über neue Bekanntschaften und nicht auf ein frohes Wiedersehen.
Die Diskrete Domäne der Telomon blieb ein unerkanntes Idyll inmitten des wachsenden Chaos. Aber selbst die Verborgenheit stellte keinen zu hundert Prozent sicheren Schutz dar.
Alexim wusste es, und seine Angst wuchs von Tag zu Tag. Es würde alle treffen.
Alexim wusste es und konnte es niemandem sagen außer Morris, der seine Worte nicht verstand. Der Händler alterte innerlich um Jahre, während in Wirklichkeit nur Wochen und Monate vergingen. Er litt unter seiner Isolation und fürchtete, seinen Verstand zu verlieren.
Alexim Afateh sprach den halben Tag lang mit Morris und versuchte, sich seine Angst und den Kummer von der Seele zu reden.
Natürlich konnte er es nicht.
Wenn Lemaha jetzt bei ihm gewesen wäre, seine Lemaha...
Der Händler zog weiter über das Mesoport-Netz, aß kaum etwas und magerte ab. Er fühlte, wie „es" näher kam, jeden Tag, jede Stunde. Er versuchte, sich darauf vorzubereiten.
*
Die Nachrichten verschlechterten sich.
Zuerst berichteten die Dorf-Wissenden von Hyperschlünden, die sich in ganz Orellana bildeten. Den Telomon war dies alles zwar beunruhigend, weil sich niemand etwas darunter vorstellen konnte, aber zu abstrakt, um ernst genug genommen zu werden. „Hyperschlünde" und Hyperstürme, das geschah weit draußen im Weltall, es betraf nicht die eigene Welt - dachten die Telomon. Dies dachten sie auch noch, als von „Bündeln" dieser Aufrisse und ungezügelten Verwerfungen berichtet wurde, Wunden in Raum und Zeit. Die Wissenden hatten bereits gewarnt und gesagt, dass dies als wahrscheinliche Folge des Hyperschocks kommen
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