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2391 - Die Schwarze Zeit

Titel: 2391 - Die Schwarze Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sich aufsteigen. „Ich spiele noch das Stück, dann komme ich dich suchen, ist das in Ordnung?"
    „Bestens!" Hargh rannte los. „Sei vorsichtig", rief ihm Milla nach, „um diese Zeit sind Lampions unterwegs. Sehr gefährlich!"
    Milla hörte Hargh noch lachen, dann verschwand der Algorrian hinter den Porzellanbäumen.
    Milla griff wieder in die Tasten und begann zu spielen. Er sang: „In den Wäldern, in den Bergen singen wir der Flesven Lied: Trauer muss das eine tragen, dem das andere verschied ..."
    Jo war tief hinter die Bäume getaucht. Nur ein Abglanz der Sonne erhellte den fernen Horizont. Bald würde es ganz dunkel sein.
    Im Süden türmten sich schwarze Wolken auf. Ein Nachtsturm braute sich zusammen.
    Milla blickte in den Porzellanwald, dorthin, wo er Hargh vermutete. Plötzlich schimmerte im Wald ein diffuses, bläuliches Licht auf und erlosch wieder.
    Milla spielte noch einige Takte, kam dann aus dem Takt und ließ das Akkordeon sinken.
    Ein Phänomen... „Habt ihr das auch gesehen?"
    „Was?", fragte Jola. „Dieses Licht. Ein blaues Licht."
    „Nein", sagte Jola.
    Nepha winkte verneinend mit den Tentakeln. „Spiel doch weiter, Viltur."
    Milla nickte, stellte aber das Akkordeon ab und stand auf. „Hargh!", rief er. „Pscht, du weckst Cur!"
    Milla nickte wieder. Er stieg von der Veranda und ging langsam in Richtung Wald. Bei den ersten Bäumen blieb er stehen und legte seine Hände als Trichter vor den Mund; dann schrie er aus Leibeskräften: „Hargh !"
    Die beiden Algorrian-Mädchen waren sensibel genug, um zu spüren, dass Milla nicht einfach so rief. Nepha sagte: „Er spielt doch nur Verstecken. Was ist denn?"
    Milla schwieg. Die junge Algorrian stand auf und näherte sich ihm. Er schaute sie an, und das Fell an ihrer Schulter sträubte sich. „Was ist denn?", fragte sie wieder, ihre Stimme zitterte. Millas Unruhe übertrug sich auf sie. „Ich weiß nicht. Nichts." Aber gleich darauf lief er los, erst langsam, dann stellte er seinen Mikrogravitator aus und sprang mit Riesensätzen in den Wald. Er rief nicht mehr. Dass Jola und Nepha ihm folgten, nahm er kaum wahr.
    Seine Muskeln, die für eine Schwerkraft von über drei Gravos geschaffen waren, katapultierten ihn vier, fünf Meter hoch in die Luft. Er sprang einen Porzellanbaum an, schlug seine Fingernägel in das Fleisch des Baumes, hangelte sich sechs, sieben Meter hoch, hielt sich fest, schaute sich um, stieß sich wieder ab und erreichte den nächsten Baum. Nun, da er ohne technische Drosselung alle Kraft entfaltete, konnte ihn der Klebstoff des Pilzstammes nicht mehr halten.
    Endlich standen sie zu dritt auf der schwarzen Lichtung. Der Boden staubte unter ihren Füßen, sie sanken mehrere Zentimeter ein und wateten weiter. Die Porzellanbäume im Umkreis standen schwarz verwandelt; hier und da klebte etwas wie eine Beule am Stamm: schlagartig verweste Leiber von Federechsen, mit dem Stoff der toten Bäume gestaltlos vermischt. Milla hatte nur Augen für den schwarzen Klumpen, der mitten auf der Lichtung lag. Der Klumpen wies eine vage Ähnlichkeit mit einem Algorrian-Leib auf, vier knochendürre Arme, vier knochendürre Beine, in unmöglichen Winkeln vom Leib gestreckt, zerbrochen. Als ob ein unfähiger Schnitzer versucht hätte, aus einem Stück verkohlten Holzes die verkleinerte Nachbildung eines Algorrian anzufertigen.
    So winzig war der Klumpen, eckig und uneben, in sich verschoben, und er machte einen uralten, leblosen Eindruck. Wie eine Mumie. „Was ist das?", hauchte Jola. Nephas roséfarbene Tentakelbarten bebten aschfahl. „Rühr ihn nicht an", flüsterte Milla, leiser, als es ihm irgendwer zugetraut hätte, und so, als wollte er den toten Hargh nicht wecken. Dann ließ er sich auf alle viere nieder und kroch so über die uralte Leiche des Algorrian-Kindes, bildete eine Haube über ihm, eine Kuppel, ein Firmament, das alles, aber auch alles abhalten würde, was es Böses in diesem Universum gab. „Hab keine Angst", murmelte er, „ich habe dich ja gefunden. Viltur findet dich immer. Viltur vergisst dich nicht. Hab keine Angst."
    Jolas Gesicht war eine Maske aus Stein.
    Nepha begann zu wimmern.
    Milla dachte: Alles schwarz. Die Schwarze Zeit hat begonnen.
     
    *
     
    Kameradrohnen schwirrten über dem Platz, hier und da verfolgt von Lampions.
    Vielleicht, überlegte Viltur, hielten die fliegenden Stechpilze die winzigen Roboter für Weibchen und hatten sich in sie verliebt. Sie blinkten wie verrückt.
    Es wimmelte auf der

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