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24 kurze Albträume (German Edition)

24 kurze Albträume (German Edition)

Titel: 24 kurze Albträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Schleheck , Oliver Henzler , Michael Rapp , Bernhard Giersche
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Wen­demög­lich­keit.«
    Die Stim­me hus­te­te, zisch­te, ver­sprüh­te Spei­cheltröpf­chen, die ihm auf der Haut fest­zufrie­ren schie­nen. Theo stol­per­te un­ge­schickt rück­wärts.
    »Ts, ts«, mach­te die Stim­me und ver­teil­te wei­te­re Tröpf­chen. »Auch wenn Sie rück­wärts ge­hen, gilt im­mer noch das Ge­bot der Ein­bahn­straße.
    »Und wie kommt man hier her­aus?«, keuch­te Theo.
    »Ist das nicht of­fen­sicht­lich? Ge­ra­de­aus. Im­mer ge­ra­de­aus.«
    »Aber da ist eine Mau­er. Wie soll das ge­hen?«
    Theo ver­such­te es mit Ge­walt, dreh­te sich, dass es ihm in den Ge­len­ken krach­te und sei­ne Seh­nen »Er­bar­men« rie­fen.
    »Über die Mau­er, nur über die Mau­er.«
    Er ris­kier­te einen ver­zwei­fel­ten Ver­such, rann­te auf die Mau­er zu und sprang. Die Hän­de fan­den kei­nen Halt, rutsch­ten nutz­los über die Zie­gel.
    »Die Mau­er ist zu hoch«, schrie Theo ver­zwei­felt. »Sie müs­sen mich hoch­he­ben oder auf Ihre Schul­tern stei­gen las­sen, wenn ich über die Mau­er kom­men soll.«
    Er­neut ver­such­te Theo, sich um­zu­dre­hen. Aber ohne Er­folg.
    »Wer ein­mal an der Mau­er steht, kann nicht mehr zu­rück. Sie kön­nen sich nur noch seit­wärts schie­ben«, sag­te die Stim­me.
    Theo ver­leg­te sich aufs Bet­teln. »Bit­te, las­sen Sie mich hier raus.«
    »Das liegt nicht in mei­ner Macht. Auch habe ich we­der Hän­de noch Schul­tern, um zu hel­fen.«
    Theo schob sich an der Mau­er ent­lang, such­te Löcher, klei­ne Vor­sprün­ge, wo er sich fest­kral­len konn­te, aber die Zie­gel wa­ren fest, und der Mör­tel dicht. Un­ter Theos Schu­hen knirsch­te et­was. Ein Hau­fen Lum­pen und un­ter den Lum­pen et­was Har­tes. Theo bück­te sich und hob die Lum­pen an. Kno­chen! Große und klei­ne, Schä­del, Rip­pen und Wir­bel.
    »Ja, ver­such es hier«, sag­te die Stim­me.
    Theo sprang. Es reich­te nicht.
    »Bra­vo«, sag­te die Stim­me. »Bei­na­he. Noch lie­gen hier nicht ge­nü­gend Kno­chen, aber bald wird es rei­chen. Sie und viel­leicht noch ei­ner oder zwei, die nach Ih­nen kom­men. Und dann kann die Mau­er nie­man­den mehr auf­hal­ten.«
    Aber dar­auf konn­te Theo nicht war­ten. Er sprang noch ei­ni­ge Male ver­zwei­felt in die Höhe, ohne die Mau­er­kro­ne zu er­rei­chen und sack­te dann mut­los auf den Lum­pen zu­sam­men.
    »Es ist ein noch neu­er Weg«, hör­te er die Stim­me sa­gen. »Nicht ein­mal hun­dert Jah­re alt. Ein ganz wich­ti­ger Weg für un­ser Vier­tel. Lei­der ist er noch nicht ganz fer­tig, und nun müs­sen wir alle Op­fer brin­gen.«
    Als Theo das Wort Op­fer hör­te, schrie er auf, heul­te sei­nen Schmerz hin­aus und schäm­te sich auch nicht sei­ner Trä­nen und des Rot­zes, der ihm aus der Nase lief.
    »He, lei­se. Sie kön­nen hier nicht her­um­schrei­en. Von zwölf bis fünf­zehn Uhr herrscht Mit­tags- und von zwei­und­zwan­zig bis sechs Uhr mor­gens Nachtru­he.«
    Die Stim­me ver­stumm­te, und Theos Trä­nen ver­sieg­ten eben­falls schlag­ar­tig. Er brach zu­sam­men. Er wür­de hier ver­hun­gern oder, was wahr­schein­li­cher war, ver­durs­ten. Als die Son­ne ver­schwand und man ihm zu al­lem an­de­ren Leid auch noch das Licht miss­gönn­te, be­sann Theo sich auf das, was er hat­te. Kno­chen, sonst nichts.
    Er raff­te sich auf, schob sich an der Wand ent­lang und scharr­te mit sei­nen Füßen je­den Dreck, der dort lag, zu­sam­men. Er sam­mel­te je­den Kno­chen auf und trug ihn auf den Hau­fen, der stän­dig an­wuchs. Bei sei­nem nächs­ten Sprung fehl­ten nur noch we­ni­ge Zen­ti­me­ter, aber nach je­dem Ver­such rutsch­te der Hau­fen wie­der in sich zu­sam­men.
    Theo be­gann die Kno­chen zu sor­tie­ren. Die Schä­del nach un­ten. Er hat­te das Ge­fühl, sie wür­den ihn an­star­ren, und er ent­schul­dig­te sich in Ge­dan­ken. Er ver­keil­te sie mit Fin­ger­kno­chen, schlug die mas­si­ven Ober­schen­kel­röhren in die Au­gen­höhlen, so­dass sie nach oben rag­ten, füll­te die Zwi­schen­räu­me mit Wir­beln und deck­te al­les mit den mas­si­ven Becken­schau­feln und Schul­ter­blät­tern ab.
    Später wuss­te er nicht mehr, wie oft er ge­sprun­gen und wie oft er den Hau­fen neu ge­schich­tet hat­te. Es war früher Mor­gen , als er end­lich

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