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24 kurze Albträume (German Edition)

24 kurze Albträume (German Edition)

Titel: 24 kurze Albträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Schleheck , Oliver Henzler , Michael Rapp , Bernhard Giersche
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auf der Mau­er­kro­ne saß und von oben auf einen klei­nen Fried­hof her­ab­schau­te. Er gönn­te sich einen Mo­ment des Tros­tes und der Er­leich­te­rung. Warum riss denn nie­mand die­se Mau­er ein und schenk­te den Ver­stor­be­nen ihre Ruhe?
    Vor­sich­tig ließ er sich von der Mau­er­kro­ne her­ab­glei­ten und über­quer­te glück­lich das Ra­sen­stück. Ein Hin­der­nis ließ ihn stol­pern. Ein kur­z­er Pfahl mit ei­nem Holz­schild. Theo ging um das Schild her­um, las, was auf ihm ge­schrie­ben stand, schrie auf und rann­te in pa­ni­scher Angst da­von. Und da er­klang auch schon eine Stim­me hin­ter ihm:
    »He, kön­nen Sie nicht le­sen? Das Be­tre­ten des Ra­sens ist ver­bo­ten.«
     

Till Kam­me­rer
     
    Die Py­ra­mi­de im Kühl­schrank  
     
    Der Som­mer­abend war so heiß, dass man schwitzte, so­bald man nur einen Ku­gel­schrei­ber hob. Horst Ka­bulke, 43, Buch­hal­ter, un­ver­hei­ra­tet, freu­te sich mehr als sonst auf ein kal­tes Fei­er­abend-Bier. Als er die Tür sei­nes Kühl­schran­kes öff­ne­te, sprang des­sen Kom­pres­sor bul­lernd an, um Kühl­flüs­sig­keit in den Kreis­lauf zu pum­pen. Er schrak kurz zu­sam­men. Im Bruch­teil ei­ner Se­kun­de ging das Brum­men des Ge­rätes in eine Mi­schung aus Blitz und Qualm über, die ein oh­ren­be­täu­ben­des Pfei­fen be­glei­te­te. Ka­bulke tauch­te in eine Ne­bel­wand ein. Licht­bö­gen zuck­ten und zogen ihn in ein glei­ßen­des Licht.
     
    Kaum hat­te sich der Dunst ver­zogen, krach­te es ne­ben Ka­bulke. Erd­schol­len wir­bel­ten zwei Me­ter hoch, von dort, wo der Lärm her­kam. Eine wei­te­re Gra­na­te flog zi­schelnd her­an. Ma­schi­nen­ge­weh­re rat­ter­ten. Er be­frei­te sich mit ei­nem Ruck von ei­nem Stück Sta­chel­draht, wo­bei sei­ne Hose riss, und roll­te in die Kuh­le des Schüt­zen­gra­bens. Ka­bulke lan­de­te auf ei­nem To­ten in Uni­form, dem bei­de Bei­ne fehl­ten.
    In die­sem Au­gen­blick un­ter­brach ein Wackel­kon­takt den Strom­kreis ei­nes be­tag­ten Kühl­schranks. Die just ne­ben ihm de­to­nie­ren­de Ne­bel­gra­na­te wur­de von Blit­zen durch­zuckt. Kurz dar­auf durch­fuhr Ka­bulke ein war­mer Schau­er.
     
    Die Ur­sa­che des woh­li­gen Krib­belns wa­ren zwei war­me, vol­le Lip­pen, die ihn aus­gie­big und lei­den­schaft­lich küss­ten. Die zier­li­che Süd­see-Schön­heit an sei­ner Sei­te ließ sich von sei­nen schlamm­ver­schmier­ten Ho­sen nicht stören. Sie leg­te ihm einen Blu­men­kranz aufs Haupt. Dann blick­te sie ihn aus großen, man­del­brau­nen Au­gen ver­träumt an und sag­te Wor­te in ei­ner Spra­che, die Ka­bulke nicht ver­stand; in ei­ner To­na­li­tät, die sein Herz schnel­ler schla­gen ließ.
    Ein äl­te­rer Mann, der vor ih­nen stand, reich­te ihr eine Ko­kos­nuss, in die ein Loch ge­schla­gen war. Sie trank und gab die Frucht Ka­bulke. In dem Au­gen­blick, als Ka­bulke klar wur­de, dass er ihre Spra­che ler­nen, mit ihr eine Fa­mi­lie grün­den und nicht wie­der in die Buch­hal­tung zu­rück­keh­ren wür­de, schra­ken die Hoch­zeits­gäs­te zu­sam­men. Es war nicht der Vul­kan, der die In­su­la­ner re­gel­mäßig ter­ro­ri­sier­te. Ein plötz­li­cher Lei­stungs­ab­fall ei­nes al­ten Kühl­schranks aus ei­ner an­de­ren Welt riss Ka­bulke mit Blitz und Qualm aus sei­nem Glück und ka­ta­pul­tier­te ihn hin­fort.
     
    Das Nächs­te, was er fühl­te, war ein rup­pi­ger Schub­ser von hin­ten. Er stand in ei­ner Rei­he mit an­de­ren Men­schen und war mit ei­nem Strick an sei­nen Vor­der- und Hin­ter­mann ge­fes­selt. Im Gän­se­marsch be­weg­ten sie sich so, stockend und im­mer wie­der pau­sie­rend, die Stu­fen ei­ner Py­ra­mi­de hin­auf, de­ren Rück­sei­te an einen Dschun­gel grenzte. Die Schlan­ge der Ge­fan­ge­nen hat­te die Spit­ze des Bau­wer­kes bei­na­he er­reicht. An ih­rer Sei­te stan­den Wa­chen in Len­den­schür­zen, in de­nen Mes­ser und Äxte steck­ten. Die Wa­chen hat­ten nack­te, brau­ne Ober­kör­per. Mit Stock­schlä­gen trie­ben sie den Tross wei­ter, so­bald der Wach­pos­ten auf der obers­ten Stu­fe ein Zei­chen gab. Ka­bulke er­blick­te zahl­rei­che Gaf­fer am Fuße der Py­ra­mi­de.
    Ein er­neu­ter Schub­ser brach­te

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