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24 Stunden

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Titel: 24 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Will sprang hoch und richtete die Waffe auf die Frau, die ihre blutende rechte Hand festhielt.
    »Was zum Teufel soll das?«
    Cheryls Kleid war zerfetzt und entblößte ihren Oberkörper. Sie trug einen hauchdünnen schwarzen BH, aber Will schaute nicht auf ihren Busen. Er starrte auf die blauen Flecken, mit denen ihr Bauch und ihr Brustkorb übersät waren. Selbst unter dem BH guckte ein Bluterguss hervor.
    »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    Sie wich wie ein verletztes Tier zurück und lehnte sich gegen das verzierte Bettgestell. »Nichts.«
    »Von nichts kann wohl kaum die Rede sein. Sie sind verprügelt worden.«
    Sie nahm ein Kissen in die Hand und bedeckte ihre Brust. »Es ist nichts. Und Sie haben alles total vermasselt.«
    Nachdem Will seiner Wut bei dem Gerangel um die Waffe Luft gemacht hatte, überlegte er jetzt angestrengt, wie es weitergehen sollte. »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen.«
    »Leck mich am Arsch!«
    »War das Ihre Idee mit dem Kidnapping?«
    Sie gab ihm keine Antwort.
    »Das glaube ich nämlich nicht. Ich habe das Gefühl, dass Hickey von derartigen Verbrechen einen Kick bekommt, aber Sie wohl weniger. Wahrscheinlich haben Sie versucht, ihm das auszureden, und darum mussten Sie die Prügel einstecken, stimmt's?«
    Sie schaute ihn vollkommen ungerührt an. »Man kann auch grundlos vermöbelt werden. Einfach so, weil's Spaß macht.«
    Will musste an seine Zeit als Assistenzarzt denken, als er in der Notaufnahme in der Universitätsklinik in Jackson gearbeitet hatte. Es hatte ihn erschüttert, wie viele misshandelte Frauen er innerhalb von sechs Monaten zu sehen bekam. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass Frauen so oft Opfer von Gewalttaten wurden. Viele von ihnen hatten genau die gleichen Erklärungen abgegeben wie Cheryl soeben. Verdrossenheit, Ärger, Resignation. Doch er konnte ihre Eheprobleme nicht in einer Nacht lösen. Er konnte noch nicht einmal seine eigenen lösen. Als er an Karen dachte, schoss ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. Sofort stieg erneut Angst in ihm auf.
    »Warum sind Sie hier bei mir?«, fragte er.
    Cheryl schaute ihn mit ausdrucksloser Miene an.
    »Warum ist Hickey nicht bei mir? Offensichtlich ist er doch total wütend auf mich. Wenn er hier wäre, könnte er mich die ganze Nacht anschnauzen und verprügeln. Ich hätte keine Möglichkeit, mich dem zu widersetzen. Doch er hat sich diese Chance entgehen lassen.« Will ließ die Waffe sinken und trat näher ans Bett. »Das ergibt keinen Sinn, Cheryl. Warum ist er nicht bei mir und Sie sind bei meiner Frau? Verstehen Sie? Ein Mann kann doch einen wütenden Vater viel besser in Schach halten als eine Frau. Hat Hickey die Sache immer so aufgezogen? Bleibt er immer bei der Frau?«
    Cheryl wischte ihre blutende Hand am Kissen ab. »Wenn ich bei dem Ehemann bleibe, muss der nicht den starken Mann markieren. So Typen wie Sie fühlen sich von einer Frau nicht so stark bedroht. Es ist eher unwahrscheinlich, dass sie durchdrehen und etwas Unsinniges tun.« Sie bewegte vorsichtig ihr rechtes Handgelenk. »Allerdings war das bei Ihnen nicht der Fall. Sie haben mich verletzt, Sie Schwein.«
    »Was haben Sie erwartet? Sie haben meine Tochter entführt. Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Hand. Ich kann die Wunde verbinden.«
    »Rühren Sie mich nicht an!«
    »Wie Sie wollen.« Will ging zum Fenster und schaute auf die Bucht, auf der jetzt mehr Lichter zu sehen waren. Die Leute auf den Schiffen, die volle Fahrt voraus ihren Zielen entgegenfuhren, wussten nichts von dem Drama, das sich in dem hell erleuchteten Hochhaus am Strand abspielte.
    »So hat Hickey Ihnen das sicher erklärt«, überlegte Will laut. »Wer bei wem bleibt, meine ich. Ich habe nur ein paar Minuten mit ihm gesprochen, aber ich bin sicher, dass es ihm viel Spaß macht, den starken Mann zu markieren. Und hier bei mir könnte er sich richtig austoben. Es steckt noch etwas anderes dahinter. Wenn er nicht hier ist, kann das nur einen Grund haben: Er ist bei meiner Frau, weil er mir auf diese Weise noch viel besser eins auswischen kann.« Will drehte sich wieder zu Cheryl um, die sofort das Kissen an sich riss. »Was genau wird er anstellen?«
    »Meinen Sie, er reißt Ihnen Ihre ganzen wertvollen Gemälde von den Wänden? Das ist nicht Joeys Art.«
    Will zog sich einen Stuhl ans Bett. »Ich will, dass Sie mir alles erzählen, was Sie über Hickey wissen. Fangen Sie an.«
    »Einen Scheißdreck werde ich tun. Sie werden mehr über ihn erfahren, als

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