2444 - Vor der Finalen Schlacht
suchten sie nach dem Versteck der Nega-Cypron, weil sie ihn und seine Landsleute als „Emanationen Erster Ordnung" ansahen. Als Geschöpfe, die aufgrund ihrer Fähigkeiten, die Negasphäre zu ... verstehen, unter allen Umständen in die Terminale Kolonne eingegliedert werden sollten.
Ruhelos trieb Davin Abangy über den Stadtkontinent. Er verabscheute, was er sah. Diese Cypron waren anders.
Sie hatten das Leben verloren.
Möglicherweise waren sie schuldlos. Ängste und Phobien, durch die stets spürbare Präsenz der Terminalen Kolonne geschürt, machten sich in Details bemerkbar. Misstrauen und Verfolgungswahn waren niemals weit. Die Kartografen galten als Heroen, kühler Technik und Strategien wurde alles untergeordnet. Und ganz, ganz tief drinnen in ihren Herzen trugen die Cypron eine intensive Sehnsucht nach Erlösung.
Nach dem Tod.
Danach, dass die Existenz des Volks der Cypron ein Ende hätte. Zu lange hatten sie gelitten, zu häufig waren Schicksalsschläge über sie gekommen.
Aber herrschte denn auf Baybark nicht eine ähnlich traurige Stimmung?
Nein!, sagte sich Davin Abangy. Wir sind anders. Vielleicht von tiefer Furcht geprägt – aber dennoch besitzen wir einen positiveren Zugang zum Leben.
Er sah und lernte und beobachtete und stellte Vergleiche an. Er beurteilte das Für und Wider. Er entwickelte einige wenige gute Freundschaften, und er sehnte sich nach der Heimat zurück.
Bis eines Tages besonderer Besuch nach Tarquina kam. Der Gesandte, ein geheimnisumwittertes Wesen, gab sich die Ehre.
Nur wenige privilegierte Cypron erfuhren von der Ankunft Ki-Myos, und noch weniger sollten ihn zu sehen bekommen. Doch Davin Abangy war dank seiner immer stärker werdenden Psi-Begabung einer der Eingeweihten.
Ihm fehlten die Worte für das, was er spürte. Sein Psimoticon sprach an, sobald in seiner Umgebung jemand an Ki-Myo dachte. Dieses Fühlen und Sehnen war weitaus mehr als der Empfang einer telepathischen Botschaft.
Emotionen anderer gingen auf ihn über und füllten ihn aus. Sie brachten ihn zum Weinen, zum Lachen, zum intensiven Faltenwurf. Oftmals musste er sich zurückziehen, um die überwältigenden Gefühlsbotschaften zu verarbeiten, die er immer deutlicher empfing, je näher die Ankunft Ki-Myos kam.
Seine Sehnsucht, den Gesandten kennenzulernen, wurde übermächtig.
Er hatte geschickt gewirtschaftet und seine bescheidene Barschaft in die Entwicklung einer neuen Tauchplattform gesteckt. Er hatte seine Investition mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt bekommen. Nun kannte er keinerlei Bedenken, all seine Ersparnisse aufzubrauchen.
Er roch den Hauch des weiten Universums. Ki-Myo war mehr als ein Gast oder ein Flüchtling. Er war eine Legende. Einer, der Dinge gesehen hatte, die richtig, richtig groß waren. Der dazu ausersehen war, mehr zu sein. Er schmeckterochfühlte sich so gut an ...
Ein Wächter am Haupttor zum Ratsviertel erklärte sich gegen gutes Geld bereit, ihm einen manipulierten Zutritts-Chip zu verschaffen. Das Husarenstück gelang. Mit klopfendem Herzen schlich er sich in das Allerheiligste Tarquinas. Räte schritten gemessenen Schrittes an ihm vorbei. Er labte sich an ihrer Freude, naschte still und heimlich an ihren Emotionen mit.
Manch ein Cypron, dem er begegnete, wirkte irritiert. Die Telepathen unter ihnen konnten mit dem Sammelsurium an Hochgefühlen, das sich in seinem Kopf ablegte, nichts anfangen.
Doch sie schlugen keinen Alarm. Ihrer einfachen Logik nach war einer, den die Torwächter hatten passieren lassen, berechtigt, durch die Gärten zwischen den Ratsgebäuden zu wandeln.
Davin Abangy kümmerte sich nicht um die Regenbogengondeln, die lautlos und mit irrwitziger Geschwindigkeit an ihm vorbeisausten. Auch den Obelisken, die ihn eigentlich an die Trauerfelder Baybarks erinnern sollten, schenkte er keinen Gedanken. Er fühlte, dass Ki-Myo nahe war, ganz nahe.
Nahe einer Wasserburg herrschte die größte Aufregung. Dort versammelte sich alles, was auf dem Ratskontinent Rang und Namen besaß. Und auf dem Zinnenpodium saß er.
Die Blicke aus grünen Pupillenaugen schweiften unruhig hin und her; mit dem Fuß trommelte er immer wieder auf den transparenten Eisboden. Davin Abangy fühlte, dass sich der Gesandte unwohl fühlte. Er mochte diese Art von Aufmerksamkeit nicht.
Dann dieser eine Gedanke. Er fühlte ihn kommen, wie einen Blitz einschlagen. Er spürte, wie Ki-Myo ihn sah, mit dem Herzen und dem Verstand eines Fremden. Er schmeckterochfühlte sich selbst
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