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246 - Am Ende aller Zeit

246 - Am Ende aller Zeit

Titel: 246 - Am Ende aller Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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gebracht. Eben war es doch noch um etwas ganz anderes gegangen, oder? Seine Gedanken verwirrten sich. Er brauchte mehrere Sekunden, um zu begreifen, dass Stardusts Worte nur dazu dienten, ihn fort vom Altar und der Halle zu locken.
    »Sicher. Kommt mit.«
    »Das ist eine Falle«, stöhnte er auf.
    Sie lächelte ihn an. »Es is, was du willst.« Ihre Hand berührte flüchtig seine Körpermitte, ehe sie wie selbstverständlich weiterwanderte und erneut an seinem Arm zog.
    Torture gab ihrem Zug nach und folgte ihr. Breitbeinig wankte er hinter der Schwarzhaarigen her und fühlte sich dabei, als wäre er gerade aus dem Sattel eines Horsays gestiegen.
    »Wirst es nich bereuen, Rev’rend«, flüsterte die Frau vor ihm mit heiserer Stimme. Er konnte ihre Vorfreude hören. Auch er war voller Lust.
    Ein letztes Mal versuchte er sich gegen sein Schicksal zu wehren. »Aber Rage…«
    »Er wird’s verstehen«, beschwichtigte sie. »Wir handeln im Sinne des Herrn.«
    Torture fühlte sich benommen. Ihm erschien alles richtig, was sie sagte. Wie lange enthielt er sich nun? Es war Jahre her, dass er eine Frau gehabt hatte. In seinen Ohren rauschte das Blut. Er wollte nur noch sie.
    »Gewiss. Rage wird es verstehen«, murmelte er weggetreten. Dann waren sie auch schon bei ihrem Lager. Stardust zog ihn zu sich.
    Das Paradies, war sein letzter verworrener Gedanke. Ich bin im Paradies und Stardust ist mein Engel. Dann dachte er nicht mehr und überließ sich ganz ihrer Führung.
    ***
    Collyn Hacker fühlte sich nach dem anstrengenden Arbeitstag mit Horstie von Kotter wie gerädert. Er hatte zwei Leute am Hauptcomputer abgestellt, die den Rechner bewachten, damit er nicht von Laurenzo oder von Kotter manipuliert werden konnte. Von Kotter wiederum hatte zwei Warlynnes abgestellt, die die beiden Soldaten der WCA und den Rechner observierten.
    Ob es jemals Vertrauen zwischen uns geben kann?
    Hacker schüttelte den Kopf. Er war auf dem Weg zum Quartier der Soldaten, bei denen er nach wie vor schlief. Anweisungen wie die, den Rechner zu bewachen, gab er ihnen nur noch selten. Die Männer waren ihm im Grunde nicht mehr verpflichtet. Hacker war kein Militär und hatte sich nie wie einer gefühlt. Die verrückte Situation machte darüber hinaus seiner Meinung nach jede Hierarchie auf Dauer hinfällig. Jeder kämpfte für sich, um mit den Schrecken der unfassbaren Situation fertig zu werden. Die Soldaten wünschten sich Führung, und Hacker war froh, dass Sergeant Till das übernommen hatte. Der Älteste der WCA-Kämpfer gab seinen Jungs immer wieder Aufgaben, die sie beschäftigten und vor dem Nachdenken bewahrten. Zumindest hoffte Hacker das.
    Er hatte den geräumigen Raum in der Nähe der Kommandozentrale fast erreicht, als Sergeant Till ihm mit aschgrauem Gesicht entgegentrat.
    »Hacker… Sir… Ich muss eine Meldung machen.«
    Hacker wunderte der militärische Ton. Er hielt schon seit Tagen nicht mehr daran fest, und auch Till hatte ihn in den letzten zwei Wochen nie so ernst und respektvoll angesprochen.
    »Was ist passiert?«
    »Columbu, Sir… Er… Er hat sich erhängt.«
    Hacker wurde schwindelig. Er drohte zu stürzen. »Ich komme«, sagte er betäubt. Es klang für ihn nicht wie seine eigene Stimme. Er fühlte sich weit fort von allem, der Welt entrissen. Gleichzeitig lief er durch den hellen Gang, betrat den Raum und folgte dem Sergeant zu einer Ecke, in der man Corporal Columbu ablegt hatte. Das schöne Gesicht des blonden Mannes sah friedlich aus, als würde er schlafen. Durch die geöffnete Uniformjacke sah man zwischen den Enden der Stehkragen eine hässliche rote Linie, von einem dünnen Drahtseil.
    Hacker kniete sich neben den toten Mann. Den ersten Mann seit Jahren, bei dem er vorübergehend Erfüllung gefunden hatte. Er schluckte schwer und schaffte es eine ganze Weile nicht, zu sprechen. Das schneeweiße Gesicht des toten Freundes war mehr, als er ertragen konnte.
    »Wir werden David draußen beerdigen«, meinte er nach mehreren Minuten mit rauer Stimme. »Entschuldigen Sie mich. Ich will allein sein.«
    Hacker stand steif auf. Warum, David? Warum hast du das getan? Ist die Angst in dir zu groß geworden?
    Würden Columbu weitere Selbstmörder folgen, die von der Situation überfordert waren?
    Er musste an einen Satz denken, den Columbu ihm einmal gesagt hatte. Er ging angeblich auf japanische Krieger zurück, die sich Samurai nannten: »Es sterbe, wer nicht mehr in Ehre leben kann.«
    War dieses neue Leben für David

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