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246 - Am Ende aller Zeit

246 - Am Ende aller Zeit

Titel: 246 - Am Ende aller Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Möbelstücken gemeinsam mit ihren Anhängern gebaut hatten. Die Platte hatte eine andere Farbe als die Seiten. Einige Bewohner aus Waashton hatten christliche Symbole mit schwarzer Farbe darauf gemalt. Auf der Mitte des Altars prangte das rote Holzkreuz, das Erzbischof Rage von Waashton aus hierher getragen hatte. Das Kreuz hatte die Größe eines Halbwüchsigen und warf einen langen Schatten an die Wand.
    »Danke, mein Kind.« Torture nahm den Tee und musterte die Frau in der eng anliegenden Kleidung. Er wusste nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte.
    Noch vor wenigen Stunden hatte er sie achtlos stehen lassen.
    »Du hattest einen schweren Tag, Rev’rend. Der Erzbischof war streng mit dir.«
    Torture spürte zu seiner Verwirrung, wie sein Gesicht heiß wurde. Stardust schien Verständnis für ihn zu haben. Sie war nicht wütend über seine Zurückweisung. Er mochte sie und hätte sich gerne bei ihr entschuldigt. Aber das ging nicht. Rage hatte ihm noch einmal unter vier Augen deutlich gemacht, wie wichtig es für ihn war, sich von dem schwarzhaarigen Weib fernzuhalten.
    »Stardust… Es wäre besser, wenn wir uns nicht mehr sehen würden.« Torture nahm einen tiefen Schluck Tee, um seine Stimme zu kräftigen. Sein Hals fühlte sich rau an. Der heiße Tee tat ihm gut.
    »Ist es denn wider den Herrn, wenn eine Frau einen Mann begehrt?«
    Torture verschluckte sich und hustete. »Ein Rev’rend«, setzte er an, »sollte nur seinem Orden dienen. Dem Orden der Rev’rends. Weltliche Dinge muss er anderen überlassen.«
    »Und wenn diese weltlichen Dinge ein Auftrag Gottes sind?«
    Torture war verwirrt. »Wie meinst du das?« Er sah sie misstrauisch an und trank seinen Tee. Der Tee war aus der Pflanze aufgesetzt, die der Arzt Laurenzo als ungefährlich eingestuft hatte. Man hatte sie »Blauschimmer« genannt. Auch der Tee leuchtete in einem satten blaugrünen Ton.
    »Nun…« Stardust legte vertraulich ihre Hand auf seinen Arm. Er spürte ihre Wärme und roch den süßen Duft, der von ihrer Haut ausging. »Wir sin’ am Ende der Zeit gestrandet. Vielleicht wünscht der Herr, dass wir ’n neues Volk gründen. Rage predigt ständig vom Neubeginn. Und auch du erzählst mir immer wieder, wie gut es wär, ’nen neuen Anfang zu machen.«
    »Du meinst…«, Torture fühlte sich schwindelig, »… wir sollten…«
    »Wir sollten uns mehren und Kinder zeugen. Wir sollten was aufbauen! Es wird schon viel zu lange drüber geredet, draußen vor der Anlage ’n Dorf aufzubauen. Tun wir’s! Erschaffen wir dieses Dorf. Ich könnte dort leben. Mit dir an meiner Seite.«
    Torture wollte protestieren, dass dies wohl kaum seine Aufgabe wäre, doch je länger er ihr schmales Gesicht mit den hohen Wangenknochen betrachtete, desto vernünftiger erschienen ihm ihre Worte. Er sah in ihre Augen und fühlte sich leicht und frei. Warum sollte er sie nicht begehren dürfen? Warum sollten sie sich nicht einander hingeben?
    Erschrocken spürte er, wie mit seinem Körper Veränderungen vor sich gingen, die er so nicht beabsichtigte.
    Stardust kam näher. Sie schob sich ganz an seinen erhitzten Leib. Warum schwitzte er plötzlich so stark? Es musste am Tee liegen, den er viel zu schnell und viel zu heiß getrunken hatte.
    »Komm mit mir«, flüsterte sie. »Zu meinem Lager. Der Herr wird dir deshalb nich zürnen.«
    »Versucherin!«, keuchte er. »Rev’rend Rage hatte recht! Du bist die Schlange, die mir den Apfel reicht!«
    Stardust zog sanft aber unnachgiebig an seiner Hand. »Und du wirst den Apfel nehmen. Weil du ihn willst!«
    Rev’rend Torture sah sich um. In einigen Metern Entfernung standen vier Gläubige. Obwohl der Raum nicht voll erleuchtet war und nur eine der drei Deckenröhren Licht verströmte, waren die Blicke der Menschen bereits auf ihn und Stardust gerichtet.
    »Sie… sie sehen uns…«, stammelte Torture und sah mit seinem Silberblick nach allen Seiten. Ihm war, als könnten die Menschen auf die Entfernung die Veränderung seines Körpers ausmachen. Die Niederlage gegen seine Lust.
    »Dann komm mit mir. Zu meinem Lager«, flüsterte sie. Sie hob die Stimme. »Bitte, Rev’rend, Ihr müsst mitkommen. Helft einer armen Schwester in Not! Erbarmt Euch meiner und hört mir unter vier Augen zu! Ich mach mir furchtbare Sorgen um meine Freundin Gordie. Bitte, ich will nich vor allen Leuten darüber reden.« Sie zog beständig an seiner Hand.
    »Du brauchst Hilfe wegen Gordie?«, fragte der kräftige Mann aus dem Konzept

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