Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2470 - Finsternis ÃŒber Terra

Titel: 2470 - Finsternis ÃŒber Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
zu leben, von dicken und dünnen grauen Adern durchzogen zu sein, in denen es pulsierte und floss.
    Es war nicht bloß die Decke. Sie setzte sich übergangslos in die Wände fort, die den Raum umgaben, ebenso den Boden ... alles war eins. Der Boden, die Decke, die Wände, alles pochte und lebte.
    „Es hat uns geholt, Tenpole", sagte Corsair. „Weißt du es nicht mehr? Bist du jetzt schon so verkalkt, dass du gar nichts mehr mitbekommst? Das Ding hat uns geholt, das Finster, der Dunkle Ermittler!"
    „Hör auf!", rief Anulyn. „Du weckst es auf. Es schläft, und ..."
    „Es schläft?", schrie ihr Bruder.
    „Das glaubst du? Schwester, es ist hellwach und sieht uns zu, wie wir verrückt werden und jammern. Vielleicht um unser Leben. Es ist das Böse an sich, der Feind!"
    „Bitte!", flehte sie. „Ich ertrage das nicht mehr, wann habe ich denn endlich mal Frieden?"
    „Geh zu deinem Typ, dann hast du Frieden!"
    „Ja!", stieß sie hervor. „Das stimmt!
    Leon gibt mir das, was ich bei meiner Familie schon lange nicht mehr finde! Er gibt mir Frieden und Liebe.
    Verständnis! Nähe! Was ich tue, ist nur ..."
    „Schluss!", rief Tenpole. Er glaubte zu sehen, wie die Schreie und die Wut seiner Kinder förmlich von den Wänden eingeatmet wurden, als hätten sie lange danach gedürstet. Vielleicht war es Nahrung für sie ... und das Ungeheuer, zu dem sie gehörten. „Ich kann es nicht mehr hören! Ihr ..."
    Schluss! Alles war leer, stürzte ein, verschlang sich in nichts.
    Das war es! Das Gefühl, dem er sich nicht hatte stellen können. Das Wissen darum, dass er keine Luft bekam und doch atmete. Aber er atmete etwas ein, was nicht sein durfte. Es war leer, und es war finster. Er riss die Luft in sich hinein, die nicht für Geschöpfe wie ihn und seine Kinder bestimmt war. Sie alle hatten es längst schon in sich – den Atem der Dunkelheit, das Finster selbst und seine Seele ...
    „Dann hau ab zu deinem Leon!"
    Corsair schien ihn nicht zu hören.
    Er und Anulyn standen sich wie zwei wütende Kampfhähne gegenüber.
    „Hau ab, verschwinde! Leon ist ein Feigling wie ihr alle! Aber ich ... ich werde kämpfen! Ich gebe mich dem Bösen nicht geschlagen! Ich kämpfe, und irgendwann werden wir siegen!"
    Vor Tenpoles Augen flackerte das Dunkel, brach sich in unwirklichen Prismen. Er röchelte und griff sich an die Brust, die sich vor Schmerzen krampfte. Anulyn fiel ihm über die Schulter und brach bei ihm zusammen, ohne dass er sie auffangen konnte. Er japste, schrie nach Luft, explodierte in eine Welt aus Düster und Leere ...
    „Bleib!" Das war Arnies Stimme, unendlich weit weg. Sie flackerte wie ein erlöschendes, allerletztes Licht.
    Tenpole drehte unter unsäglichen Schmerzen den Kopf und sah ihn mit flehend ausgestreckten Armen, als wollte er nach seinem älteren Bruder greifen. Er hustete und übergab sich.
    „Bitte bleib! Ich ... Wir brauchen dich ..."
    Aber da war er schon weg.
    Tenpole sah seinen Ältesten nicht mehr. Anulyn stemmte sich hoch. Sie und Arnie folgten ihm, zwei zähe Schatten im Morast aus Finsternis, taumelten ihm röchelnd nach bis zu der Wand, die jetzt so stark pulsierte, als wäre sie noch dabei, das Opfer zu verdauen, das sie sich eben geholt hatte.
    Und es sah sie an. Tenpole wusste es einfach. Er spürte seine Nähe, den unbeschreiblichen Druck. Das Dasein von etwas, das man nicht sah, aber fühlte. Manchmal hatte er solche Träume gehabt und war schweißgebadet aufgewacht. Jetzt war es real ...
    „Wo ist er hin?" Anulyn war herumgewirbelt, hustete, wankte, fiel, schnellte sich im Sturz auf Tenpole zu und rüttelte ihn an den Armen.
    Ihre Schreie echoten grausam im dunklen Nichts, wurden vom Puls der Wände und Decke verstärkt und schauderlich zurückgeworfen. Hör auf! Alles drehte sich, seine Lungen schrien nach Luft. Die Brust schrie vor Stichen. Er starb. Er wusste es genau. Er starb in dieser Minute, jetzt und hier – wo immer das war.
    „Sag endlich was, Tenpole!"
    War das immer noch Anulyn? Woher nahm sie den Atem? Warum schwieg sie nicht endlich? „Unser Bruder ist weg! Vater! Warum tust du nichts? Du ... bist doch unser Vater!"
     
    *
     
    Das Zischen weckte ihn auf.
    Er erkannte die Umgebung: Die Wände, die Decke und der Boden bestanden aus Schwärze, durchzogen von pulsierenden grauen Adern.
    Zudem glaubte er das Schlagen eines großen Herzens zu hören, pochend und seufzend wie eine gepeinigte Seele in billigen Spukreißern.
    „Du hörst es auch, Tenpole?" Anulyns Stimme.

Weitere Kostenlose Bücher