2470 - Finsternis ÃŒber Terra
stehen, fielen hin, wollten aufgeben – und rafften sich wieder auf.
„Es ist ein verdammtes Spiel!", hämmerte ihnen Corsair immer wieder ein.
Ausgerechnet er erwies sich plötzlich als Antreiber und nahm damit die Rolle ein, die Tenpole so gerne selbst ausgefüllt hätte. Der junge Sternenkrieger machte seinem eigenen Selbstverständnis alle Ehre.
Tenpole leistete ihm in Gedanken Abbitte.
Sobald Corsair Anzeichen von mentaler Erschöpfung zeigte, sprangen Tenpole oder Arnie ein. Der Achtjährige überstand die Strapazen dadurch besser als erwartet, dass er sich in seine virtuelle, imaginäre Welt flüchtete und all das wie eine Art Spiel durchlebte.
Tenpole nahm es ihm nicht übel, denn es war nur ein Selbstschutz des Verstands, der sich weigerte, sich selbst zu verlieren.
Sie strauchelten und fielen, aber sie richteten sich wieder auf. Sie schleppten sich weiter durch die Korridore und Hallen einer unendlichen Welt, die nach außen hin vielleicht tatsächlich „nur" zweihundert Meter durchmaß. Ihnen kam sie vor wie ein ganzes Universum. Es war eine Welt für sich, und sie waren in ihr gefangen – wie es Tenpole vorkam, bis in alle Ewigkeit.
Vielleicht würden sie an diesem Platz nicht einmal in Frieden sterben können, denn keines Gottes Blick reichte bis in diese Gefilde der Dunkelheit.
Aber sie hörten Anulyns Stimme, die sie rief. Das war es, was sie antrieb.
Anfangs waren sie einfach umhergeirrt, getrieben von dem verzweifelten Wunsch, Anulyn zu finden und wieder zusammen zu sein. Tenpole wusste nicht, wie lange eigentlich.
Die Zeit verlor jede Bedeutung.
Aber: Sie waren zusammen, und das war wichtig. Sie spürten die Nähe und Wärme der Familie, zum ersten Mal seit ...
Er war es Jeria schuldig! Er hatte ihr beim Abschied versprochen, die Familie zusammenzuhalten. Er hatte es nie geschafft, nicht so, wie er es gewollt hatte ...
Dann war die Stimme da gewesen.
Sie drang aus den Wänden, als würden diese sie ausschwitzen. Sie hallte von ihnen wider, rief sie, lockte aus allen Richtungen, mit immer veränderten Klangfarben. Sie drehten sich um sich selbst, wie um die Stimme zu orten. Dann liefen sie weiter, wobei Arnie noch die beste Kondition zeigte. Sie jagten ein Phantom, das war ihnen klar, aber es war alles, was sie noch besaßen – alles außer sich selbst.
Aus allen Richtungen, aber immer aus einer. Tenpole konnte es nicht besser sagen. Sie hörten die Stimme von überall, aber es gab nur „eine Richtung". Sie wussten, wohin sie zu gehen hatten. Auch wenn Anulyn unendlich fern schien, wenn sie den Weg niemals bewältigen konnten – es war der einzige, den sie hatten.
Und so ging es weiter, bis sie die Stimme ihrer Tochter und Schwester tatsächlich aus allen Richtungen hörten – nein, genau gesagt, aus dreien.
Drei Richtungen, eine Verteilerhalle, ein Knoten mit drei Ausgängen, und sie waren drei ...
„Okay", sagte Tenpole. „Das Spiel wird weiter verschärft. Noch offensichtlicher kann es nicht werden, dass wir hier vorgeführt werden. Unser Freund will uns also trennen. Was tun wir?"
*
„Eine dieser drei Richtungen ist die richtige", sagte Corsair. „Hinter einer dieser drei Abzweigungen finden wir Anulyn."
„Das ist geil hier!" Arnie hatte Schweißperlen auf der Stirn, aber er strahlte über das ganze Gesicht.
„Jetzt geht es los! Es geht ums Goldene Ticket, wir ballern sie ab! Wir schießen sie aus dem Programm!"
Tenpole zuckte nicht einmal mehr zusammen. Er versuchte, klar zu überlegen. Vielleicht lebte Anulyn längst nicht mehr, ihre Stimme war kein Lebensbeweis. Aber solange auch nur die Chance bestand, mussten sie sie weiter suchen.
„Wir könnten doch einfach sondieren, oder?", fragte er ohne Überzeugung. „Ich meine, nur in die Gänge hineinschauen, sodass wir einander immer noch im Auge haben. Wir sind zu dritt, möglicherweise wissen wir mehr, wenn jeder von uns in einen der Wege hineinlauscht. Dazu genügen nur ein paar Meter ..."
„Dazu müssten wir uns loslassen", gab Corsair zu bedenken, aber der Einwand klang nur halbherzig.
Tenpole spürte deutlich, wie es in seinem Sohn brannte, wie er am liebsten losrennen und irgendwo alles kurz und klein schlagen wollte. Und er verstand ihn. Er merkte selbst, dass er nicht mehr lange gegen das ankämpfen konnte, was in ihm nach außen brechen wollte. Einfach schreien oder um sich schlagen ... irgendetwas tun ...!
„Wir schießen sie alle ab!", giftete Arnie. Seine Augen glänzten in kaum noch
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