2472 - TRAICOON 0096
Mor’Daer besaßen.
„Die genetische Analyse ist abgeschlossen", sagte einer der Mediker. Er konzentrierte sich auf eine Spritze, die sich selbsttätig und leise summend aufzog. „Wir können die ersten Zellkulturen injizieren."
„Wie stehen die Chancen, dass Zerberoff die Behandlung überlebt?", fragte Roi. Er fühlte sich hilflos. Er konnte nichts tun außer warten. Er musste tatenlos dastehen und hoffen, dass die Operation erfolgreich verlief.
„Statistisch gesehen ... keine Ahnung.
Wir haben nur die Informationen, die Rhodan uns gegeben hat", antwortete der Arzt abweisend. „Es kann gut gehen, muss aber nicht. Wir müssen beide Krallen ausschalten, wenn wir das Risiko gering halten wollen. Steh uns einfach nicht im Weg herum, dann wird es schon gut gehen."
Er setzte die Spritze an. Khiz Turagga stand breitbeinig auf der Schultermuskulatur Zerbones. Mit unglaublicher Sorgfalt platzierte er die nicht einmal millimeterdicke Kanüle am Halsansatz des Mor’Daer-Teils von Zerberoff. Die Spritze fuhr acht Spreizbeine aus, die sich unfühlbar in der Epidermis verankerten. Wie ein gelandetes Raumschiff federten die dünnen Beinchen ein wenig nach, krabbelten ein wenig nach links, veränderten den Ansetzwinkel des Spritzenkörpers – und versteiften schließlich. Ein Summton kündete davon, dass das hochintelligente Gerät nun punktgenau saß. Der Arzt musste nur noch den Abzug drücken, und die trübe Flüssigkeit würde exakt an der richtigen Stelle in den Körper des Mor’Daer vordringen.
Mit der gebotenen Vorsicht drückte der Mediker zu. Roi sah über die gleichzeitig mit den Zellkulturen eingeführte Sondenkamera zu, wie die winzigen Brocken ins Fleisch des Duals gelegt wurden. Sie ähnelten Insekteneiern und sie schienen sich in dieser feuchten und warmen Umgebung wohlzufühlen. Ihre fremdartige, klumpige Struktur war deutlich erkennbar und vom sonstigen Körpergewebe unterscheidbar. Unter normalen Umständen hätten die flüssigen Zellkulturen rasch durch das kardiovaskuläre System gepumpt werden und sich im gesamten Körper verteilen müssen. Doch der plasmaähnliche Anteil krallte sich im Gewebe fest, suchte sich einen ihm durch Lock- und Botenstoffe zugewiesenen Platz und begann augenblicklich seine Arbeit. Er roch die Kralle.
Ein erster genetischer Zünder explodierte. Er beschleunigte das Zellwachstum der injizierten Kulturen um den Faktor 100.
Binnen Kurzem bildete sich eine Art Schorf rings um das umkämpfte Gebiet.
Für eine Weile beobachtete Roi diesen Kleinkrieg. Die Atrentus-Kulturen griffen die Kralle, diesen zehn Millimeter langen Fremdkörper, niemals direkt an. Sie verfingen sich im Gewebe ringsum, bildeten eine Art Schutzwand, die auf biomolekularer Ebene funktionierte. Sie isolierten winzigste Nervenstränge, betäubten das Fleisch, hielten rote und weiße Blutkörperchen durch Botenstoffe vom befallenen Gebiet fern, lieferten sich an Hunderten Fronten einen erbarmungslosen Kampf, auch gegen körpereigene Abwehrmechanismen, die widersinnigerweise die Kralle schützen wollten.
Nach einer Weile setzten die Ärzte die zweite Spritze. Aroffs Metabolismus reagierte noch empfindlicher als der seines Dual-Partners. Zerberoffs Körper begann zu zittern. Die Augen beider Teilwesen flackerten, die Temperatur schnellte um mehr als vier Grad in die Höhe.
Die Mediker behandelten den ungewöhnlichen Patienten mit der Unaufgeregtheit ihres Berufsstandes. Besonders Khiz Turagga fiel durch Besonnenheit auf. Er arbeitete präziser als seine Kollegen. Mit unerschütterlicher Ruhe saugte er absterbendes Fremdgewebe ab, fügte neues hinzu, hielt den Metabolismus Zerberoffs mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in seiner komplizierten Balance.
Zwei Stunden dauerte der Kampf.
Mehrmals befürchtete Roi, dass Herzen und Kreislauf des Duals nicht mehr länger durchhielten. Doch immer wieder holten die Mediker den scheinbar Todgeweihten zurück ins Leben.
„Wir haben getan, was in unserer Macht stand", sagte der mikrobestialische Arzt irgendwann. „Nun können wir nur noch auf die Willenskraft Zerberoffs hoffen. Mag sein, dass seine erste selbstbestimmte Entscheidung bedeutet, dass er aufgibt. Ich nehme an, dass der Schock der Freiheit das größte Risiko bei den Atrentus-Patienten ist.
Stell dir vor, wie es sein muss, wenn du von einem Moment zum nächsten von allen Pflichten, Regeln und Aufgaben befreit bist und einer großen Leere gegenüberstehst. Wenn du weißt, dass du von nun an alles
Weitere Kostenlose Bücher