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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und der bisherige Mir der wahre, von Allah gewollte Herrscher sei! Aber ich weiß, daß ich diesen Wunsch vergeblich ausspreche. Ihr könnt ihn mir nicht gewähren.“
    „Du bist Gefangener und müßtest, falls er dir gewährt würde, dabei Gefangener bleiben“, sagte der Schech el Beled.
    „Ich bin bereit dazu. Schafft mich in meinen Kerker zurück, und laßt mich dort die Verordnungen schreiben. Und führt mich dann mit gefesselten Händen in die Moschee und auf die Kanzel. Ich werde sagen, was ich zu sagen habe, und dann in das Gefängnis zurückkehren, ohne mich zu weigern!“
    „Was sagst du dazu?“ fragte der Schech den Mir. „Wie wirst du hierüber entscheiden?“
    Dieser stand am Fenster und schaute hinaus nach Westen. Er antwortete nicht gleich, sondern erst nach einer Weile, indem er mit der Hand in diese Richtung deutete:
    „Dort führt der Weg nach der ‚Stadt der Toten‘. Ich denke jetzt an sie und an alles, was ich dort versprach. Ich halte Wort; ja, ich halte Wort!“
    Er drehte sich zu dem Basch Islami herum und sprach weiter:
    „Du sollst nicht gefangen sein, sondern frei, vollständig frei, bis heute abend. Du sollst nicht im Kerker schreiben, sondern daheim in deinem Haus, bei deinem Kind, welches so arg betrogen worden ist. Und du sollst an der Spitze deiner Geistlichkeit als freier Mann nach der Moschee ziehen und zu den Gläubigen sprechen können. Die Würde deines Amtes verlangt das so. Kein Mensch, keine Polizei, kein Wächter soll dich dabei beaufsichtigen. Aber genau drei Stunden vor Mitternacht kommst du wieder hierher zurück, um dich bei mir zu melden und in dein Gefängnis zurückzukehren. Du kannst gehen!“
    Da trat der Schech el Beled mit einigen raschen Schritten auf ihn zu, ergriff seine Hand und sagte:
    „Das – das hatte ich erwartet. Ich danke dir! Und noch viele, viele andere werden es dir danken!“
    Der Basch Islami stand still und bewegungslos, als sei er starr, so überrascht war er. Dann – ging er nicht, nein, sondern er schoß oder flog förmlich hin zu ihm, kniete vor ihm nieder, küßte seine beiden Hände und rief begeistert aus:
    „Hamdullillah, Hamdullillah! Preis sei Allah, der mir jetzt plötzlich die Augen geöffnet und mich erkennen läßt, wie blind ich bisher war! Ich sehe heut zum ersten Mal, wer, was und wie du bist. Ich klage nicht mehr dich an, sondern mich und uns, uns alle. Wir waren Sklaven, Sklaven unserer Irrtümer und angelernten Vorurteile; du aber bist ein Herrscher, den nur Untertanen, die freie Männer, keine Knechte sind, befriedigen und beglücken können. Darum hast du uns verachtet. Ich nehme deine Güte und deine Gnade an und gehe jetzt, um in deinem Sinn und für dein Wohl zu handeln und dann in die Gefangenschaft zurückzukehren. Ich würde die Aufgabe, welche ich mir für heut stelle, besser lösen können, wenn ich wüßte, was in der ‚Stadt der Toten‘, solange ihr euch dort befandet, geschehen ist. Das darf ich aber wohl nicht erfahren?“
    „Wir haben nichts zu verschweigen“, antwortete der Mir. „Der Dschirbani, welcher spätestens morgen hier eintreffen wird, hat bei seinem Wegzug von dort den Maha-Lama-See wieder verschlossen und in der Zitadelle eine Besatzung zurückgelassen. Der treue Zisternenwärter wurde einstweilen zum Flußmeister ernannt; er hat regelmäßig über den Stand des Wassers zu berichten. Was du über dort wissen willst, kann dir ein jeder sagen, der mit uns anwesend war. Am besten aber könnte dich unser Hadschi Halef Omar unterrichten, der Scheik der Haddedihn, der Zeuge von allem gewesen ist, was geschah. Ich hoffe, er nimmt es an, wenn du ihn einlädst, dein Gast zu sein, und mit dir zu gehen, um dich zu unterweisen. Und noch einen zweiten gibt es, der imstande ist, deine Fragen zu beantworten. Du kennst ihn schon. Hier hast du ihn, nimm ihn mit!“
    Er ging zur Tür des Nebenzimmers, schob den Vorhang zurück und winkte dem Oberst, einzutreten. Der Basch Islami kannte diesen allerdings, und zwar sehr gut. Aber er wurde keineswegs verlegen, sondern es war ihm im Gegenteil sehr lieb, gerade diesen früheren Vertrauen des ‚Panthers‘ als Gewährsmann zugewiesen zu erhalten. Der Mir bewies durch die Auswahl dieses Offiziers und Hadschi Halefs seine Begabung zum Diplomaten. Niemand konnte so geeignet wie diese beiden sein, im Sinne des Mir auf dem Basch Islami einzuwirken, und besonders Halef freute sich darüber, daß die Wahl auf ihn gefallen war.
    „Ja, ich gehe mit“, sagte er,

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