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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gezwungen, mit ihm zu marschieren und ihm den Weg nach der ‚Wasserscheide‘ und nach dem ‚Wasserschloß‘ zu zeigen.
    Dieser Weg bildete eine Durchquerung des westlichen Landesteils. Dort lagen, wie bereits gesagt, nicht die fruchtbaren Gegenden von El Hadd, und doch machten sie den Eindruck eines Wohlstandes, den wir nicht erwartet hatten. Man hielt durch ganz Ardistan dieses Grenzgebiet für wüst und unergiebig, und von seinen Bewohnern sprach man als von sehr armen Leuten. Das einfache, bescheidene Auftreten des Schech el Beled und seiner Begleiter hatte auch in mir, als ich sie zu Weihnacht kennenlernte, die Meinung erweckt, daß ihre Heimat ihnen wohl keine Reichtümer biete. Nun aber sah ich mehr und mehr ein, welch ein großer Irrtum dies war. Diese Berge zeigten sich nur auf der nach Ardistan gerichteten Seite als steril, auf der nach Dschinnistan liegenden aber als außerordentlich wohlbewässert. Es gab unzählige Kanäle und Kanälchen, welche das bewegende, treibende und befruchtende Naß allüberallhin leiteten, wo es vonnöten war. Es mußte hoch oben in den Bergen, woher diese Gräben und Kanäle kamen, einen unerschöpflichen Reichtum an Wasser geben. Wir ritten stundenlang durch Wälder, deren Bestand nur durch diese Leitungen ermöglicht wurde. Wir sahen grünende Wiesen und Weiden, die sich hoch über ihnen erhoben; sauber blinkende Häuser mit wohlgepflegten Gärten und Feldern; Bergwerke, welche Gold, Silber, Kupfer, Eisen und andere Metalle in Menge lieferten. Im Osten gab es Bäche, in denen man eine sehr lohnende Perlenfischerei betrieb. Die Seitenstraße, der wir jetzt folgten, vermied es, größere Ortschaften zu berühren, aber bewohnt, bebaut und benutzt war jeder Berg, jedes Tal, jede Stelle und jeder Winkel, wohin man nur immer schaute. Ruhiger Fleiß grüßte von rechts und links. Behaglicher Wohlstand glänzte von allen Seiten. Das Glück saß vor jedem Haus. Eintracht und Zufriedenheit wandelten Hand in Hand auf allen Wegen und Stegen. Aber sobald der ‚Panther‘ mit seiner Schar sich nahte, da flohen sie; da waren die Wege verlassen und die Wohnungen aufgegeben, denn der Schreck ging vor ihm her.
    Ja, er ging vor ihm her. Wir folgten ihm nämlich nicht nur, sondern wir überholten ihn mit unseren Seitenflügeln und schickten Boten vor ihm her, ohne daß er es merkte. Wo unsere Truppen erschienen, waren sie die hellen, blinkenden Lanzenreiter, die man liebte, denen man gehorchte; ihm aber blieben sie infolge ihrer dunklen Mäntel immer unsichtbar.
    Der Mir von Ardistan verhielt sich ganz eigenartig zu dem Schech el Beled. Der letztere schien in den Augen des ersteren von Tag zu Tag zu wachsen. Der Mir behandelte ihn mit einer Hochachtung, fast möchte ich sagen, mit einer still lauschenden Scheu, die man bei ihm, dem einst so Rücksichtslosen und Stolzen, nicht für möglich gehalten hätte. Sie ritten fast stets nebeneinander, in Gespräche über Gegenstände vertieft, die einen jeden Fürsten, der es mit seinem Volk wohlmeint, interessieren. Wir andern störten sie dabei so wenig wie möglich, denn wir sahen, daß der Schech el Beled der Lehrer des Mir geworden war, und freuten uns aufrichtig darüber.
    Was den Dschirbani betrifft, so war er mit der Leitung und Verpflegung seiner Ussul fast vollauf beschäftigt; aber es gab auch freie Stunden, in denen es ihn ebenso wie den Mir zu dem Schech el Beled drängte. Er folgte diesem Drang in seiner unaufdringlichen, vornehm bescheidenen Weise und war zufriedengestellt, wenn er den Mann, für den er eine so große, ganz ungewöhnliche Sympathie empfand, nur sprechen hörte, ohne daß dieser das Wort direkt an ihn richtete.
    „Ich habe ihn lieb, ganz eigenartig lieb“, gestand er mir. „Oft ist es mir, als müsse ich ihn umarmen und mich fest, fest an ihn drücken. Und oft überkommt mich so eine tiefe Ehrfurcht vor ihm, daß es mir wie ein Vergehen erscheint, mich ihm in dieser rein körperlichen Weise zu nahen. Wenn er spricht, so ist es mir zuweilen, als hörte ich die Stimme meines Vaters. Wahrscheinlich ist das nur die Folge des Schleiers, welcher der Rede jenen vertraulich lieben Klang verleiht, der mir noch von meiner Kinderzeit her im inneren Ohr klingt.“
    Ich beobachtete mit großer Genugtuung dieses stete Wachsen der Zuneigung, dieses immer zwingender werdende Ahnen und seelische Erkennen. Darum ging es nicht unbemerkt an mir vorüber, daß dieses innere Zueinanderstreben nicht etwa ein einseitiges, sondern ein

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