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25 Stunden

25 Stunden

Titel: 25 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Benioff
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Mund. »Gehen wir ins Schlafzimmer«, sagt sie.
    Hier haben sie ihn drangekriegt, genau hier, beim Sofa, hier haben sie ihn fertig gemacht: letzten Juni, früh am Morgen, aus dem Tiefschlaf hochgerissen durch das brutale Klopfen an der Wohnungstür und Doyles wütendes Gebell. Naturelle, die einen leichteren Schlaf hatte, war aus dem Bett und in ein langes T-Shirt geschlüpft, während es immer noch klopfte. Sie ging aus dem Schlafzimmer und beruhigte den Hund.
    Monty lauschte, wie sie mit demjenigen sprach, der draußen vor der Tür stand. Er hörte, wie sie die Tür aufschloss und öffnete. Als sie ins Schlafzimmer zurückkam, sah er ihr Gesicht und dachte an Flucht, dachte daran, das Fenster zu öffnen und in die Krone der Linde draußen zu hechten, sich an einem Ast zur Straße hinunterzuschwingen und so schnell und so weit zu laufen wie er konnte. Stattdessen stand er auf, zog seine Jogginghose an und ging mit bloßem Oberkörper ins Wohnzimmer.
    Sie waren zu viert, alles Weiße, keiner älter als Monty. Sie trugen Anzüge, deren Jacketts nicht zugeknöpft waren, und alle hatten sie unter der linken Achsel ein Schulterhalfter sitzen. Sie zeigten ihm ihre Plaketten, DEA, »Drug Enforcement Administration«, und händigten ihm den Haftbefehl aus, den ein Bundesgericht erlassen hatte. Alle lächelten sie, also lächelte Monty ebenfalls, bot ihnen Kaffee an. Sie lehnten dankend ab.
    »Wir sehen uns mal um«, sagte Agent Brzowski zu Monty und setzte sich auf das Sofa. Die anderen drei Agents spazierten durch das Apartment. Einer von ihnen ging neben Doyles Platz an der Heizung in die Hocke und strich dem Hund übers Fell. Einer sah aus dem Fenster zur Straße hinunter. Der dritte besah sich die Fotografie des RCA Victor- Gebäudes, die Hände hinterm Rücken verschränkt.
    »Haben Sie das gemacht?«, fragte er. Als Monty bejahte, pfiff der Agent. »Nettes Foto. Was für eine Kamera haben Sie benutzt?«
    Brzowski lehnte sich in das Sofa zurück, die Hände hinterm Kopf verschränkt, und lächelte immer noch. Er folgte interessiert dem Gespräch. Naturelle wollte ins Schlafzimmer, aber Brzowski rief sie zurück. »Ma'am? Sie sind Miss Rosario, richtig? Ich muss Sie bitten, einen Augenblick bei uns zu bleiben, ja? Wir können Sie nicht außer Sichtweite rumlaufen lassen.«
    Monty lehnte sich gegen den Rahmen der Küchentür und war um ein entspanntes, sorgloses Gesicht bemüht. Ihm war klar, was es hieß, vor ein Bundesstatt ein Einzelstaatsgericht zu kommen; Staatsanwälte drohten einem gern mit einer Anklage nach Bundesrecht, wie Mütter ihre Kinder mit Geschichten vom schwarzen Mann einschüchterten. Ihm war klar, dass es für ein Bundesgericht keine Rolle spielte, ob es Vorstrafen gab. Da konnte er noch so eine saubere Akte haben; wenn sie ihn verknackten, dann musste er seine Strafe auch absitzen. Aber die Agents durchsuchten das Apartment nicht; sie sahen sich um, als wären sie die Schätzer eines Maklerbüros.
    »Hmm«, sagte Brzowski und ruckelte auf dem Sofa herum. »Bequem sitzt man hier aber nicht gerade.«
    Monty starrte den Agent an und atmete aus. Sie verarschten ihn. Sie hatten ihn am Arsch.
    »Liegt vielleicht an Ihrer Haltung«, sagte der Agent, der Doyle streichelte. »Die Haltung ist enorm wichtig. Sonst holt man sich ein kaputtes Kreuz.«
    »Nein«, sagte Brzowski. »Das liegt am Sofa. Es ist sehr unbequem. Es ist klumpig.«
    Die anderen Agents lachten, und Naturelle sah Monty an. Er schüttelte den Kopf und trommelte mit den Knöcheln auf der Küchentür. »Nun machen Sie schon«, sagte er zu Brzowski.
    Der Agent gab sich weiterhin nachdenklich. »Ich begreif das einfach nicht. Es sieht doch gemütlich aus, das Sofa. Wie viel haben Sie für dieses Sofa bezahlt, Miss Rosario?« Er stand auf und schaute auf das Kissen hinab, strich sich übers Kinn, machte ein verwirrtes Gesicht. »Vielleicht liegt's an der Füllung?«
    »Könnte die Füllung sein«, sagte einer seiner Kollegen.
    Brzowski beugte sich vor und nahm das mittlere Kissen, drehte es um, fand den Reißverschluss. »Muss die Füllung sein.« Er zog den Reißverschluss auf und griff hinein, zog Hände voll weißer Fasern heraus und ließ sie auf den Boden fallen wie Baumwollflocken. »Ja, da ist irgendein Klumpen drin, Mr. Brogan. Bloß gut, dass ich den gefunden habe. Jetzt wird Ihr Sofa viel bequemer sein.«
    Er zog ein Päckchen von der Größe einer Weinflasche aus dem Kissen, ein Bündel aus Plastikfolie und Klebeband. Strähnen des

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