25 Stunden
Schuhe, aber er hat sie nicht gebraucht, hat sie nicht unbedingt haben müssen. Es ging ihm mehr um Format. Format zu haben hilft einem beim Geld machen, und Geld hilft einem, Format zu bekommen, aber Format und Geld sind nicht das Gleiche. Format hast du, wenn du in eine Boutique gehst und weißt, dass du dir alles leisten kannst, was sie haben, klar, aber Format hast du auch, wenn der Verkäufer nach Feierabend noch mal aufmacht, damit du in Ruhe mit deiner Freundin durch die Gänge schlendern kannst; Format hast du, wenn der Verkäufer das Hinterzimmer aufschließt und euch zeigt, was sie gerade geliefert bekommen haben, alles noch schön in Plastik eingeschlagen; Format hast du, wenn der Verkäufer brav in der Ecke steht, während du die Sachen durchsiehst, und auch nicht zu mosem anfängt, wenn du die Auslagen betatschst oder eine Stunde lang mit deiner Kleinen rumknutschst; weil er über dich Bescheid weiß und weiß, dass es den Ärger nicht wert wäre. Format hast du, wenn du morgens einen Anruf machst und abends im Madison Square Garden in der ersten Reihe sitzt. Format hast du, wenn du einen Nachtklub durch den Personaleingang betrittst und dir so der Metalldetektor erspart bleibt. Format hast du, wenn du dir in der U-Bahn einen Blickwechsel mit einem verdeckten Ermittler lieferst; du weißt über ihn Bescheid und er über dich, und du blinzelst ihm zu, weil er einen verbeulten Buick fährt und du eine Corvette und er dir nichts anhaben kann.
Die Corvette hat er nicht mehr; sie haben sie nach der Anklageerhebung beschlagnahmt. Monty fragt sich, wo sie jetzt ist - ob sie in der Auffahrt irgendeines grinsenden Vorstadtpapas rumsteht oder erst noch auf irgendeinem staatlichen Parkplatz auf die Versteigerung wartet. Monty ist nicht so in Autos verschossen wie manche anderen Männer, aber er war stolz auf sein Gefährt, stolz auf die schwarzglänzenden, lang gezogenen Kurven, das satte Geräusch der Maschine, stolz auf die Art, wie er damit in der Innenstadt von einer Lücke zur anderen schießen konnte. An guten Tagen erwischte er eine grüne Welle und konnte stilvoll nach Hause gondeln.
In dreizehn Stunden heißt zu Hause: Otisville, Vollzugsanstalt des Bundes; dorthin wird ihn ein Catskill Eagle-Bus bringen. Sie werden ihm einen Batzen Formulare zu unterschreiben geben, sie werden ihn bis auf die Haut durchsuchen, und sie werden ihm Fingerabdrücke abnehmen — wieder einmal.
Monty erwähnt seinem Vater gegenüber weder Otisville noch die Corvette noch die Sache mit dem Format haben. Stattdessen sagt er: »Ich hab dich nicht klagen gehört, als du dir Geld von mir geliehen hast. Mit keinem einzigen Wort hast du dich beklagt damals.«
»Nein. Du hast Recht. Das war ein Fehler.«
Mr. Brogan weiß noch, wie Monty als Neugeborenes gewesen ist, ganz rot und ständig am Strampeln. Er hat die Augen zugekniffen und auf die blaue Babydecke eingeschlagen und kläglich geschrien - kurz, abgehackt —, bis seine Lunge nach ein paar Monaten stark genug für richtig lautes Schreien war. Seine Mutter hat ihn aus der Krippe genommen, seinen Kopf mit der Hand gestützt, und ist mit ihm herumgelaufen und hat ihm etwas vorgesungen. Sie bekam nicht ein Lied richtig hin, aber das schien Monty nicht zu stören; er starrte sie gebannt an, starrte mit seinen grünen Augen in ihre grauen. Oder sie las ihm aus einem Bilderbuch vor, seinen Struwwelkopf an ihre Brust gelehnt. Sie las ihm vor, und er war leise und lauschte, lange bevor er auch nur ein Wort davon verstand: Schlaf gut, Teddy; schlaf gut, Ball; schlaft gut, Geräusche überall. Und Mr. Brogan stand dann meist in der Tür, ein bisschen abseits immer. Nicht gerade neidisch; naja, ein bisschen neidisch vielleicht, aus dem Wissen heraus, dass es sich hier um eine Verbundenheit handelte, die er nur mitansehen konnte.
Es war etwas Wildes an der Liebe des Jungen zu seiner Mutter und an ihrer Liebe zu ihm. Sie waren ein schönes Paar. Wenn sie später die Straße hinuntergingen, er an ihrer Hand, dann sahen die Leute ihnen lächelnd hinterher. Was für ein reizender Junge. Sie hatte darauf bestanden, ihren Sohn nach Montgomery Clift zu benennen, ihrem Lieblingsschauspieler, und sie setzte ihren Willen gegen die Einwände ihres Mannes durch. Damals hat Mr. Brogan seine Probleme mit dem Namen gehabt; er hielt es für ein schlechtes Omen, ihr einziges Kind nach einem Schauspieler zu benennen, dessen Stern am Sinken war. Aber es blieb bei Montgomery, und Mr. Brogan war froh, dass
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