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25 Stunden

25 Stunden

Titel: 25 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Benioff
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Monty ging die Kanäle durch, bis er ein Lied gefunden hatte, das ihm gefiel.
    Und deshalb liebte sie ihn; weil er, wenn er gut drauf war, mehr natürliche Anmut besaß als jeder andere Mann, den sie kannte, weil er an manchen Tagen Wunder vollbrachte und es nicht einmal bemerkte.
    Es hat, bevor der ganze Ärger anfing, Abende gegeben, da konnte Naturelle sich nicht vorstellen, je wieder mit jemand anderem zusammen sein zu wollen. Sie kam sich wichtig vor, wenn sie mit Monty unterwegs war. Wenn sie ein Restaurant betraten, dann schauten die Leute sie an und steckten die Köpfe zusammen und flüsterten. Die meisten Türsteher in den Manhattaner Clubs kannten Monty; wenn sie ihn kommen sahen, nickten sie und legten ihre gewaltigen Arme um seine Schultern und drückten ihn und redeten kurz mit ihm, leise. Und wenn er den Türsteher einmal nicht kannte, ging er trotzdem mit Naturelle nach vom durch, erklärte: »Ich bin Montgomery Brogan«, und damit schob er sie nach drinnen. Niemand hielt ihn je auf, und er hat auch nie Eintritt gezahlt, kein einziges Mal. Naturelle hat dann meist gedacht, dass der jeweilige Türsteher seinen Namen kannte und wusste, dass er den Sicherheitsleuten immer ordentlich etwas abgab. Aber manchmal war sie sich auch sicher, dass der Name als solcher gar nichts bedeutete, sondern dass es nur an seiner Art lag zu sagen: »Ich bin Montgomery Brogan.« Er hat gewusst, dass er reinkommt, und das haben die Türsteher gespürt und ihn machen lassen.
    Naturelle hört hinter sich einen anderen Jogger näher kommen. Sie wirft einen Blick über die Schulter: ein einzelner Mann in einem Polyurethan-Trainingsanzug, mit einer Skimütze auf dem Kopf. Doyle?, denkt Naturelle. Wo steckst du, Bursche?
    »Auch von der fanatischen Sorte, stimmt's?«, sagt der Mann und verlangsamt das Tempo, um neben ihr herzulaufen. Naturelle nickt, entgegnet aber nichts. »Ich dachte... ich wär der Einzige hier draußen. Wie viele Runden machen Sie?«
    »Drei«, sagt sie und sucht die Gebüsche nach dem schwarzen Hund ab.
    »Sie laufen ein gutes Tempo. Sind auf der Schule wohl... im Laufteam gewesen, stimmt's?«
    »Nein«, sagt Naturelle, die jedes Jahr ihre Urkunde bekommen hat.
    »Wir haben diesen Firmenwettlauf... nächsten März.« Er ist kräftig am Schnaufen, stößt immer wieder große Atemwolken aus. »Sie wissen schon... zehn Kilometer für den guten Zweck... mit allem Drum und Dran. Meine Bank steckt da einen Haufen Geld rein... aber nur wenn ich... nur wenn ich... bis zum Schluss durchhalte.«
    »Viel Glück.« Naturelle versucht sich zu entscheiden, ob sie das Tempo anziehen oder drosseln soll.
    »Ich arbeite bei Shreve, Zimmer... Investmentbank.«
    Naturelle kommt zu dem Schluss, dass der Mann jeden Moment zusammenbrechen wird, und zieht an. »Ich hab einen Freund, der da arbeitet.«
    »Ja? Puh... Wen denn?«
    »Frank Slattery. Kennen Sie ihn?«
    »Über den hab ich einiges gehört... Ich sterbe... ja, gut... Frank Slattery.«
    »Was denn gehört?«
    »Himmel, nicht so schnell... Ist er ein guter Freund von Ihnen?«
    Sie überlegt. »Denke schon.«
    Der Mann hustet in seinen Handrücken. »Das ist mal richtiger Schnee, stimmt7s?«
    »Was denn gehört?«
    »Sie können echt laufen. Mann... oh, Mann... Ich kenn ihn nicht so gut, aber... nicht so schnell, nicht so schnell... puh... soll ein richtig scharfer Hund sein.«
    »Ja?«
    »Ein richtig harter Knochen. Es heißt, er war heut... verdammt aber auch... er war heut beinahe rausgeflogen.«
    »Im Ernst?«
    »Nee... so schnell fliegt der nicht. Er ist ein Held. Himmel, Lady... Sie bringen mich um.«
    Doyle kommt wild bellend aus dem schneeigen Nichts gesprungen, seine Fänge glitzern im Laternenlicht.
    » Woaah! Scheiße, Scheiße, Scheiße, Mann!« Der Banker macht einen Satz zum Zaun und klettert ihn halb hoch, während Doyle unten knurrend die Zähne fletscht.
    »Hey!«, ruft Naturelle. »Doyle! Hey! Komm her! Doyle! Komm! Hierher!« Doyle gehorcht schließlich und trottet zu ihr hinüber.
    »Entwarnung?«, fragt der Banker.
    »Tut mir echt Leid. Er dreht manchmal ein bisschen auf.«
    »Aufdrehen? Nennt man das jetzt so?«
    Der Banker lässt sich vom Zaun fallen und steht vorgebeugt da, die Hände in die Hüften gestemmt, keuchend. Naturelle joggt auf der Stelle und hofft, dass er keinen Herzanfall bekommt. »Geht's Ihnen gut?«
    »Dieses Viech... oh, Himmel... dieses Viech gehört Ihnen?«
    »Meinem Freund.«
    »Ihrem...« Der Mann fängt zu lachen an, immer noch

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