Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2582 - Ein Kind der Funken

2582 - Ein Kind der Funken

Titel: 2582 - Ein Kind der Funken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
Daskylios, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass Hepäste

genauso tief und fest schlafen würde wie alle übrigen Stadtbewohner. Er fand den Weg von der

Pforte zur Werkstatt und weiter in die Kemenate der Kunstschmiedin.
    Was meinst du, Schuljunge - fühlte er sich zu Recht schuldig, weil er sich in die Burg und

Hepästes Privatgemach eingeschlichen hatte? Weil er sie rüttelte, bis sie aufschreckte und um

sich schlug und ihn anstarrte, aber durch ihn hindurch, als sähe sie ihn nicht?
    Beruhigend sprach er sie an, jedoch schien es, als vernähme sie kein Wort. Da begriff

Daskylios: Das Daumenklavier erhellte ihm die nächtliche Welt, und zugleich machte es ihn für

andere zu einem unsichtbaren, unhörbaren Gespenst.
    *
    Nachdem er die Kemenate verlassen hatte, überkam ihn großer Hunger.
    Was lag näher, als sich in der Küche der Funkburg zu laben? Unter den Brücken der Eisernen

Stadt erzählten die ausgemergelten Bettler einander Wunderdinge über die Spezereien, vor denen

die Schränke der Burgküche überquollen.
    Warum sollte Daskylios, dem die graue Grütze kaum jemals den Magen füllte, nicht die Chance

ergreifen, die das kupferne Artefakt ihm bot? Ist es nicht verständlich, dass er sich den Wanst

vollschlug mit Leckerbissen, von denen er nie zuvor gehört, geschweige denn gekostet hatte? Da er

doch sicher sein konnte, nicht dabei ertappt zu werden?
    Merk auf, Schuljunge - wundert es dich, dass der brave Daskylios, je weiter die Nacht

voranschritt, immer dreister und gieriger wurde? Nein.
    Siehst du: Gelegenheit macht Diebe.
    Nach der Küche plünderte er die Schatzkammer und das technische Arsenal. Aber warum auf halbem

Weg umkehren, wenn die gesamte Beute winkte?
    Zumal ihm dämmerte, dass schon bald gewaltiger Aufruhr herrschen würde in Burg und Stadt. Die

Rotorritter würden nach dem Missetäter fahnden, bis sie ihn aufgespürt und eingefangen

hatten.
    Ob der Schutz des Artefakts auch am Tag wirkte, war mehr als unsicher. Versteckte er jedoch

den frisch gewonnenen Reichtum, so konnte er sich nicht daran erfreuen!
    Nein, Daskylios musste aufs Ganze gehen. Kurz gefasst: Im Morgengrauen erwürgte er den

Funkfürsten. Kühn eignete er sich dessen Thron und Zepter an.
    Desgleichen die Fürstin, nebenbei erwähnt. Sie begrüßte den Wechsel sogar, denn ihr neuer

Gatte schenkte ihr weit mehr Zuneigung als der alte.
    Auch die Lehensmänner unterwarfen sich ihm, wie sie schon vor seinem nicht minder mörderischen

Vorgänger gebuckelt hatten. Für die Bürger der Eisernen Stadt änderte sich ohnehin so gut wie

nichts. Nur der Hilfsmonteur, der über Nacht zum Hirten der mechanischen Schwäne aufgestiegen

war, schloss den neuen Funkfürsten allabendlich in seine Gebete ein.
    Ende dieser Lektion. Hausübung: Erörtere, ob und an welchem Punkt der Geschichte du anders

gehandelt hättest als Daskylios. Aber sei ehrlich.
     

5.
    Zwei, drei Talente
     
    Selbstverständlich kannte er die Medienberichte, die Spekulationen, die veröffentlichten

Forschungsergebnisse.
    »Es heißt«, sagte Tanio Ucuz, »dass Kinder, deren beide Eltern vom goldenen Funkenregen

getroffen wurden, nicht bloß deren Langlebigkeit geerbt haben. Doch darüber bist du

wahrscheinlich besser informiert als ich.«
    »Ich muss dich enttäuschen. Die Solare Residenz hat so gut wie nichts vertuscht. Man

versuchte, sie - euch - aufzuspüren und im Auge zu behalten, klar. Aber erst, nachdem jemand die

Theorie aufgestellt hatte, solche Kinder verfügten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit über

Parakräfte.«
    »Wie viele ...«
    »Wie viele ihr seid? Wir kennen keine exakten Zahlen. Die Liga Freier Terraner wird ihrem

Namen gerecht, sie ist kein Überwachungsstaat. Sowieso ging es damals, 1347 NGZ und in den

Folgejahren, drunter und drüber. Wir hatten dringlichere Probleme, als sämtliche Funkenträger zu

erfassen, geschweige denn deren Nachkömmlinge. Außerdem übersiedelten etliche, wie deine Eltern,

auf entlegene Planeten.«
    »Wurde die besagte Theorie jemals verifiziert?«
    »Ja.«
    »Inwiefern?«
    »Sagt dir der Name David Kupferblum etwas?«
    »Der Zauberer?«
    Tanio hatte die eine oder andere Show von ihm im Trivid gesehen. Spielkarten, Seidentüchlein,

Tauben und Kaninchen, am Ende ein Verschwindibus-Kasten. Rührend, in einer Welt voller

alltäglicher Holografien und Formenergie-Anwendungen. Unzweifelhaft schätzte Kupferblums Publikum

just diesen Retro Charme.
    »David

Weitere Kostenlose Bücher