259 - Die Stunde der Wahrheit
mit Hydriten oder Menschen darin können passieren. Außerdem wird eine Aufzeichnung der Insassen gemacht. So kann man in der Hauptzentrale rechtzeitig feststellen, um wen es sich handelt. Sind es ungebetene Gäste, wird sich die zweite Schleuse des Tunnels nicht öffnen.«
»Gibt es denn so viele Hydriten, dass diese Zentrale immer besetzt ist?« Bel'ar sah ihn verwirrt an. »Du sagtest doch, es seien verhältnismäßig wenige verwachsene Hydriten, und zudem kämpfen viele mit gesundheitlichen Einschränkungen. Was ist, wenn wir nicht hineinkommen?«
»Keine Sorge. Zur Not kenne ich den Zugangscode, mit dem man die Schleuse manuell öffnen kann.«
Sie fuhren bis ans Ende des Tunnels. Quart'ol verließ die Qualle und meldete sie an. Ein unausgeschlafener Hydrit namens Req'na antwortete ihm über die stadtinterne Funkanlage, die erst vor kurzem wieder in Betrieb genommen worden war.
»Quart'ol? Du bist zurück? Wie ist es gelaufen?«
»Später, Req'na. Ist Pozai'don in der Nähe?«
»Er müsste im Labor sein, bei Clarice und Vogler. Wir haben die geplante Jagd auf den Kraken erfolgreich beendet. Soll ich Pozai'don über deine Ankunft informieren?«
»Nein, schon gut. Wir schwimmen gleich hin.«
Quart'ol fühlte sich, als würde er nach Hause kommen.
Sie räumten die Qualle und ließen das Transportgefährt bei den anderen Rettungsquallen an der Höhlendecke zurück. Quart'ol streckte sich ausgiebig. Es tat gut, den engen Raum endlich zu verlassen und offenes Wasser um sich zu fühlen.
Bel'ar und Ner'je waren stumm vor Staunen, als sie auf die glitzernde Stadt zu schwammen. Es ging stetig hinab, dem Grund mit seinen Kuppel- und Muschelhäusern entgegen. Die Gebäude unter ihnen lagen weitläufig verteilt. Besonders im Inneren der Stadt reihte sich ein Prachtbau an den nächsten. Allein die Größe der Gebäude war monumental. Dazu kamen die zahlreichen Bilder und Reliefs, die die Wände zierten.
»Es ist wunderschön«, klackerte Bel'ar andächtig.
Ner'je pflichtete ihr bei. »Nie hätte ich mir träumen lassen, dass diese Stadt tatsächlich existiert! Gilam'esh'gad! Ein Mythos wird wahr.«
Quart'ol kraulte zügig voran, als er plötzlich eine Gestalt von der Seite heran schwimmen sah. Eine Gestalt, die ihm vertraut war - auf alarmierende Weise! Er hielt inne und zog seinen Blitzstab. »Wartet hier!«, klackerte er, dann warf er sich dem anderen Hydriten mit mächtigen Schwimmzügen entgegen.
»Hey! Umdrehen!«
Der andere fuhr erschreckt herum.
» Du… hier?« Quart'ols Blitzstab richtete sich auf die dunkelblaue Brust von Hak'don, den Adjutanten des ersten Meisters Skorm'ak. Der Gilam'esh-Bund war hier! Sie waren ihm zuvorgekommen!
Quart'ol befürchtete das Schlimmste. Eisige Furcht packte ihn.
Hak'don sah ihn reglos an. Sein ganzer Körper schien erstarrt.
Quart'ols Finger lag angespannt auf der Auslösetaste des Blitzstabs. »Was machst du hier? Rede, oder ich erschieße dich auf der Stelle! Ich weiß, dass ihr mich in den Tod schicken wolltet, ihr Mörder!« Niemals würde er vergessen, dass es Hak'don gewesen war, der ihm damals verraten hatte, wo Gilam'esh'gad lag. Der Einäugige hatte ihn in die Todesfalle des Bestiariums locken wollen.
Zu seiner Überraschung begann der große Hydrit heftig zu zittern. Er hob panisch die Flossenhände. »Bitte! Nicht schießen!«
Das war ein Wimmern und Betteln, das Quart'ol Hak'don niemals zugetraut hätte. Verblüfft sah er den Einäugigen an. »Noch einmal: Was machst du hier, Hak'don? Bist du allein? Was ist dein Auftrag?«
Hak'dons Augen füllten sich mit Tränen. »Aber ich… ich bin nicht Hak'don! Er hat meinen Körper gestohlen! Er ist böse! Sie sind alle böse! Sie wollen die Stadt vernichten! Bitte, Quart'ol, ich muss zu Vog'ler, ich muss…« Den Rest des Satzes konnte Quart'ol nicht mehr verstehen, so schnell war er gesprochen. Er ging in sich überschlagenden Klacklauten unter.
»Ist das ein Trick?«, fragte er verwirrt.
Der Scheitelkamm des anderen verfärbte sich. »Ich bin's doch! Dra'nis!«
»Dra'nis?« Quart'ol schwamm näher heran. Er ließ die Waffe sinken und sah direkt in das eine Auge, das nicht von einer halben Muschelschale abgedeckt war.
»Öffne mir deinen Geist«, befahl er barsch. Er war noch immer nicht überzeugt, aber das, was der andere sagte, beunruhigte ihn zutiefst. Wer wollte die Stadt zerstören? Etwa der Gilam'esh-Bund?
Dra'nis ließ die Hände sinken und sah Quart'ol schüchtern an. Der Quan'rill berührte
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