2590 - Der Tote und der Sterbende
drei, zwei, eins ...«
MIKRU-JON setzt sich in Bewegung. Die Holo-Schirme stellen die rasant erfolgende Ortsveränderung so gut wie möglich dar; doch kaum haben wir uns an den Beschleunigungsschub gewöhnt, endet er schon wieder. Wir erreichen den namenlosen Mond, stürzen rasant auf ihn zu, um in die Phase negativer Beschleunigung zu treten, viel zu langsam, viel zu spät ...
... wäre sie ein terranisches Raumschiff. Aber sie wird von einer Silberkugel geschützt, kann sich der materiellen Ebene zumindest teilentrücken. Eine Kollision wird nicht stattfinden.
Wir bremsen mit Maximalwerten, die im Inneren des Schiffs nicht spürbar werden. Andruckabsorber fangen alles ab. Der Blick ist atemberaubend. Was eben noch ein winziger, unregelmäßig geformter Punkt war, füllt abrupt alle Holos aus. Bis zur Mondoberfläche sind es bloß noch wenige Dutzend Kilometer. Wir »stehen«, relativ zum Objekt gesehen.
Ich atme erleichtert durch. Dieses Manöver ging, so ahne ich, selbst mit den Mitteln der Silberkugeln an die Grenzen des Machbaren.
Wir verharren vorerst, begleitet von Gesteinsbrocken, deren Größe von wenige Meter kleinen Brocken bis zu kilometerstarken Kolossen reicht, die sich drehen, gegeneinanderprallen, sich voneinander entfernen und ein immer wieder neues Bild ergeben, das an Bord der Schlachtlichter und der Jaranoc-Raumer kaum richtig zu erfassen ist. Dieses Arrangement sich bewegender und sich immer wieder umgruppierender Mondteile ergänzt unseren optischen Sichtschutz; auch wenn wir angesichts der Möglichkeiten der Silberkugeln und MIKRU-JONS kaum auf diese zusätzliche Deckung angewiesen sind.
Das Strahlungspotpourri rings um uns verändert sich. Die Messergebnisse zeigen Verwirrendes: Ringsum befinden sich Hunderte Quellen, die hyperkristallin unterlegt sind. Die abgesprengten Brocken bestehen zu einem Gutteil aus Salkrit und Altrit. Auch einige andere minderwertige Hyperkristalle sind darin verbacken.
MIKRU-JON ortet und tastet unentwegt. In einer Sisyphusarbeit bereinigt sie das uns umgebende Durcheinander im UHF-Strahlenbereich. Die Fortschritte passieren langsam, viel zu langsam ...
Es wird noch einige Minuten dauern, bis wir diese eine ganz bestimmte Strahlungsquelle ausgefiltert haben, nach der wir suchen. Unter anderen Umständen hätten wir aus größerer Distanz gearbeitet und hätten »von oben herab« einen wesentlich besseren Überblick gewinnen können. Doch diese Möglichkeit bleibt uns verwehrt, wollen wir nicht in die Kampfhandlungen einbezogen werden.
Ich kümmere mich nicht weiter um diese Rechenarbeit, die ein menschliches Gehirn längst nicht erfassen oder begreifen kann. Stattdessen nehme ich ein weiteres Mal Kontakt mit Icho Tolot auf.
Die Bilder, die ich bekomme, sind von den vielfältigen Strahlungseinflüssen etwas beeinträchtigt; doch die Verbindung und die übermittelten Daten reichen aus, um mir einen Überblick zu geben. Ich erkenne, was der Haluter vorhat.
»Du spielst mit deinem Leben«, warne ich ihn über Funk, »und mit dem deiner Begleiter! Du steuerst unvermittelt auf eine Reuse zu.«
»Ich kann die Gefahr einschätzen und meine Freunde ebenso«, sagt der Haluter reserviert. »Die Reuse der Vatrox ist noch längst nicht geschlossen, und dank unseres Beschleunigungsvermögens werden wir ihr Fangnetz problemlos sprengen können.«
»Dennoch: Ein Restrisiko bleibt«, beharre ich auf meiner Meinung und rate ihm: »Verändere die Einflugwinkel eurer drei Schiffe ein wenig.«
»Verstanden.« Icho nimmt meinen Rat kommentarlos an. Er kennt keinen Dünkel, und er weiß um meinen reichhaltigen Erfahrungsschatz in Bezug auf Raumschlachten.
Er schert um wenige zehntausend Kilometer nach Backbord und unten aus. Eritrea Kush fliegt ein ähnliches Manöver, jedoch um einige Sekunden zeitversetzt, während Kardo Tarba den Kurs beibehält.
Ich beobachte, wie die Vatrox die Fangreuse aufbauen. Es handelt sich bei dieser für den Raumkampf entwickelten Falle um eine virtuelle Konstruktion, die den Gegner zwingt, tiefer und tiefer in einen gut kontrollierten Bereich einzufliegen. Sie zwingt ihn zugleich, die eigene Geschwindigkeit allmählich zu verringern; entweder durch Streufeuer, Raumtorpedos oder hyperenergetisches Störfeuer.
Dem Feind wird die Orientierung erschwert, und er muss Ausweichmanöver fliegen. Ist er einmal in das - scheinbar - weit offen stehende Reusentor eingeflogen, hat er kaum noch Aussicht auf ein Entkommen.
Es ist schwer, dieses weithin
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