2592 - Im Zeitspeer
fragte er Velrit mit vollem Mund. Dies war kein Ort, der nach ausgefeilter Etikette verlangte.
»Krepsh meldet dich zur Untersuchung an. Das ist doch in deinem Sinne, oder nicht?«
»Mhm.«
Nachdem Tiff fertig gegessen und herzhaft gerülpst hatte, drohten ihm erneut die Augen zuzufallen. Am liebsten hätte er sich in eine Ecke verkrochen und mindestens zwölf Stunden geschlafen.
Um zu wissen, dass das eher nicht angeraten war, brauchte er nicht auf seine Uhr zu sehen.
Krepsh kehrte zurück, im Schlepptau eine Echse, die hinter ihm wie ein zweieinhalb Meter hoher Berg aufragte.
»Mein Freund, ich darf dir Urga Chremtaka vorstellen, die Wirtin und Chefkybernetikerin dieser gastlichen Einrichtung. Sie hat sich bereit erklärt, dich in Anbetracht der Umstände sofort dranzunehmen.«
»Danke!« Tiff stand auf.
Schwindel überkam ihn. Er fühlte sich wackelig und benommen. Hatte sein Getränk doch Alkohol oder eine andere Droge enthalten?
Auf die Geschwister gestützt, torkelte er hinter Urga her Richtung Nebenraum.
*
»Keine Sorge, wir kriegen das hin«, versicherte die Echse. »Jedes Equipment hat manchmal Mucken. Aber dazu sind unsere KyBaracken ja da, dass wir so etwas ausbügeln.«
»Mein Im-plan-tat«, Tiff musste sich anstrengen, nicht zu lallen, »ist ein sehr spezielles, äußerst seltenes Exemplar.«
Er kniff die Augen zusammen, um den Blick zu fokussieren. Der Raum war eine Mischung aus Operationssaal und Reparaturwerkstatt.
In offenen Schränken entlang der Wände lagerten klobige, ölig glänzende Ersatzteile. Dazwischen stapelten sich durchsichtige Behälter, in denen Organe schwammen.
Der Eindruck, den Tiff gewann, war nicht gerade vertrauenerweckend. Ihm wurde übel. Beinahe hätte er sich übergeben.
»Wird schon wieder«, tröstete Urga. »Dein so ausgefallenes Implantat, das leider ausgefallen ist, hehe - es sitzt in der Schulter, stimmt das?«
»Unterhalb des linken Schl... Schlüsselbeins.«
»Schön. Dann lehn dich hier an diesen Scanner, damit ich eine Einpegelung vornehmen kann. Es tut nicht weh und geht flott.«
Mithilfe der Gnome postierte sich Tifflor, bis die Echse zufrieden war. Er gab ihrem primitiv aussehenden, von altertümlichen Schalthebeln, Drehreglern und matt blinkenden Lämpchen übersäten Gerät keine Chance, die Geheimnisse des Aktivatorchips zu ergründen, geschweige denn dessen Fehlfunktion zu beheben.
Aber Tiff war zu geschlaucht vom Schlafentzug, um Einspruch zu erheben. Sein Kopf dröhnte, sein Magen revoltierte. Entweder hatte er zu hastig gegessen, oder die Nahrung enthielt doch Komponenten, die sein Organismus nicht vertrug.
Oder man hatte ihn vorsätzlich betäubt, und er war in eine Falle gegangen ...
Urga drehte an den Reglern, klappte auch eine Tastatur aus und tippte darauf herum, schlug mit dem muskulösen Schwanz gegen das Gehäuse des Scanners, dass der Raum erzitterte und die Behälter in den Schränken klirrten. Dann stieß sie kehlige Laute aus, die wie ein Fluch klangen.
»Gib's auf«, sagte Tiff müde. »An dieser Technologie sind schon ganz andere gescheitert. Deine Geräte können nichts ausrichten.«
»Weit gefehlt«, sagte die Echse.
*
Sie trat einen Schritt zurück und reckte den Arm in einer Triumphpose nach oben. »Es ist vollbracht!«
»Was?«
»Ich gestehe, euch für geltungssüchtige Schwätzer gehalten zu haben«, sagte Urga zu den Geschwistern. »Außerdem habe ich mir den Zukünftigen immer anders vorgestellt, charismatischer, imposanter, einfach ... größer. Aber ich muss euch Abbitte leisten und gratulieren. Er ist es wirklich.«
Nach dem mittlerweile obligaten Freudentänzchen fragte Krepsh: »Dein Scanner hat also den letztgültigen Beweis erbracht, o edle Urga Chremtaka?«
»In der Tat, Heimlicher. Die besondere Signatur des Zukünftigen wurde vollständig identifiziert.«
»Kann mich auch mal jemand einweihen?« Mühsam verscheuchte Tiff die Schatten vor seinen Augen.
Er erinnerte sich, dass Agrester eine ganz ähnliche Formulierung verwendet hatte. Der Stalwart von TALIN ANTHURESTA hatte Tiffs Aktivatorchip als Vitalenergiespeicher mit besonderer Signatur bezeichnet. »Was ist denn deiner Ansicht nach das Besondere daran?«
»Nun, der Temporalmantel der Ährenspindel emittiert über deren gesamte raumzeitliche Ausdehnung hinweg eine niederschwellige Tast-Strahlung«, erläuterte die Echse bereitwillig. »Diese Strahlung ist auf dein Implantat geeicht.«
»Wie, warum ...?«
»Sobald dessen ganz spezielle
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