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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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den Arm zu nehmen. Er sagte, er heiße Harry Magaña, zumindest schrieb er den Namen so, sprach ihn aber Magana aus, und zwar so, dass er sich wie Macgana anhörte, als würde dieser miese, hinterhältige Wichser von Schotten abstammen. Bei seinem zweiten Besuch im Domino's erkundigte er sich nach einem gewissen Miguel oder Manuel, einem jungen Typen Anfang zwanzig, so und so groß, mit der und der Statur, ein sympathischer Kerl, dieser Miguel oder Manuel, mit ehrlichem Gesicht, aber niemand konnte oder wollte ihm Auskunft geben. Eines Abends kam er mit einem der Barkeeper der Diskothek ins Gespräch, und als der nach der Arbeit die Diskothek verließ, wartete Harry Magaña draußen im Wagen auf ihn. Am nächsten Tag erschien der Barkeeper nicht zur Arbeit, angeblich weil er einen Unfall gehabt hatte. Als er nach vier Tagen wieder im Domino's auftauchte, das Gesicht voller blauer Flecken und frisch verheilter Wunden, staunte man nicht schlecht. Ihm fehlten überdies drei Zähne, und wenn er sein Hemd hob, kamen auf Brust und Rücken unzählige Blutergüsse in den leuchtendsten Farben zum Vorschein. Die Hoden zeigte er ihnen nicht, aber auf dem linken prangte noch das Brandmal einer Zigarette. Natürlich fragten alle, was für ein Unfall das gewesen sei, und er antwortete, er habe am fraglichen Abend bis spät in die Nacht getrunken, mit Harry Magaña, um genau zu sein, und als er sich von dem Gringo verabschiedet hatte und in seine Wohnung in der Calle Tres Vírgenes fahren wollte, sei er von einer Gruppe von etwa fünf Kerlen überfallen und fürchterlich verprügelt worden. Am nächsten Wochenende ließ Harry Magaña sich weder im Domino's noch im Pelícano blicken, sondern stattete einem Nuttenladen namens Innere Angelegenheiten in der Avenida Madero Norte einen Besuch ab, wo er einige Highballs trank und dann an einen Billardtisch trat, wo er gegen einen ein Meter neunzig großen und über hundertzehn Kilo schweren Hünen spielte, mit dem er sich anfreundete, denn der Hüne hatte in Arizona und New Mexico gelebt und dort in der Landwirtschaft gearbeitet, als Viehhüter, um genau zu sein, war dann aber nach Mexiko zurückgekehrt, weil er nicht fern von seiner Familie sterben wollte, wie er sich ausdrückte, obwohl er hinterher zugab, dass er in Wirklichkeit keine oder kaum Familie besaß, eine Schwester, die auf die Sechzig zuging, und eine Nichte, die nie geheiratet hatte, die zusammen in Cananea wohnten, wo auch er herkam, aber dieses Cananea war ihm zu winzig, zu stickig, zu eng, und manchmal packte ihn das Bedürfnis nach der Großstadt, die niemals schlief, und wenn das geschah, stieg er in seinen Lieferwagen, sagte zu keinem ein Wort, höchstens zu seiner Schwester ein Bis dann, und nahm, egal wie spät, die Straße von Cananea nach Santa Teresa, eine der schönsten Straßen, die er kannte, und fuhr ohne Halt bis in die Stadt, wo er in der Calle Luciérnaga ein hübsches Häuschen besaß, das ich dir, mein Freund, gern mal überlasse, eins der wenigen Häuser, die die ganzen Veränderungen und die mehr schlecht als recht, meistens schlecht, durchgeführten Stadterneuerungsprogramme überlebt haben. Demetrio Águila musste etwa fünfundsechzig sein, und Harry Magaña hielt ihn für einen anständigen Kerl. Manchmal ging er mit einer Nutte auf ein Zimmer, aber die meiste Zeit zog er es vor, zu trinken und zu schauen. Magaña fragte ihn, ob er ein Mädchen namens Elsa Fuentes kenne. Demetrio Águila ließ sie sich beschreiben. So groß, sagte Magaña und hob die Hand auf etwa eins siebzig. Blondgefärbte Haare. Hübsch. Klasse Titten. Ja, die kenne ich, sagte Demetrio Águila, Elsita, ein nettes Mädchen. Ist sie hier? wollte Harry Magaña wissen. Demetrio Águila erwiderte, er habe sie noch vor einer Weile auf der Tanzfläche gesehen. Ich möchte, dass Sie sie mir zeigen, Señor Demetrio, sagte Harry, können Sie das tun? Kein Problem, mein Freund. Während sie die Treppe zur Diskothek hinaufstiegen, wollte Demetrio Águila wissen, ob er noch eine offene Rechnung mit ihr habe. Harry Magaña schüttelte den Kopf. Elsa Fuentes saß mit zwei anderen Nutten und drei Kunden an einem Tisch und lachte über etwas, das eine ihrer Begleiterinnen ihr zugeflüstert hatte. Harry Magaña legte eine Hand auf den Tisch, die andere fuhr zum Gürtel im Rücken. Er sagte, sie solle aufstehen. Die Nutte hörte aufzulachen, hob den Kopf und musterte ihn. Die Kunden wollten etwas sagen, aber als sie sahen, dass hinter Harry

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