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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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vergewaltigte er ihn und sagte hinterher, Gómez lag noch immer unter ihm, dass eine Situation wie diese so oder anders enden müsse. Als Wiedergutmachung bot er Gómez seinen Arsch an. Mehr noch, als Vertrauensbeweis gab er ihm den Eispickel zurück, dann zog er die Hose runter und ließ sich nach vorn auf einen Sack fallen. So hingestreckt, den Arsch in der Luft, sah Farfán aus wie ein Schwein, und trotzdem fickte Gómez ihn, und sie wurden wieder Freunde.
    Da Farfán der Stärkste war, kam es vor, dass er alle anderen aus der Zelle warf. Kurz darauf erschien dann Gómez, und sie trieben es miteinander, und wenn beide fertig waren, lagen sie da, rauchten und unterhielten sich oder schwiegen, Farfán auf seiner Pritsche und Gómez auf der eines anderen Gefangenen, betrachteten die Decke oder die Rauchspiralen, die durch das offene Fenster zogen. Farfán kam es manchmal so vor, als nähme der Rauch seltsame Gestalt an: Schlangen, Arme, Beine, die sich beugten, Gürtel, die durch die Luft sausten, U-Boote aus einer anderen Dimension. Er schloss halb die Augen und sagte: Wie weich, was für ein unendlich weicher Quatsch. Gómez, der praktischer veranlagt war, wollte wissen, von welchem weichen Quatsch er rede, und Farfán konnte es nicht erklären. Da richtete Gómez sich auf, sah sich nach allen Seiten um, als suchte er nach den Hirngespinsten seines Freundes, und sagte schließlich: Deine Quanten stinken, dass es kracht.
    Haas verstand nicht, wie sich ein Schwanz vor dem Loch in Farfáns oder Gómez' Hintern aufrichten konnte. Es mochte vielleicht noch angehen, dachte er, dass ein Mann bei einem Jüngling oder Knaben in Wallung geriet, aber nicht, dass ein Mann oder das Hirn eines Mannes Signale aussandte, die seine Schwellkörper veranlassten, sich einer nach dem anderen mit Blut zu füllen, was schon kompliziert genug ist, ohne andere Stimulanz als das Arschloch eines Farfán oder Gómez. Tiere, dachte Haas. Abscheuliche, nach Abschaum gierende Bestien. In seinen Träumen sah er sich selbst, wie er durch die Gänge des Gefängnisses, die verschiedenen Trakte lief, sah seine Augen, Falkenaugen, während er mit festem Schritt dieses Labyrinth aus Schnarchen und Alpträumen durchquerte und genau registrierte, was in jeder einzelnen Zelle vor sich ging, bis er plötzlich nicht weiterkonnte und am Rand eines Abgrunds stehen blieb (denn das Gefängnis seiner Träume erhob sich wie eine Burg auf einer Klippe über einem bodenlosen Abgrund). Hier konnte er weder vor noch zurück. Er erhob die Arme, als flehte er zum Himmel (der so düster war wie der Abgrund), und versuchte etwas zu sagen, einer Legion winzig kleiner Klaus Haas etwas mitzuteilen, Hinweise, Ratschläge zu geben, bemerkte aber, oder hatte einen Moment lang den Eindruck, dass ihm jemand die Lippen vernäht hatte. Zugleich spürte er etwas in seinem Mund. Das war nicht seine Zunge, waren auch nicht seine Zähne. Ein Stück Fleisch, das nicht zu verschlucken er sich bemühte, während er sich mit einer Hand die Fäden herausriss. Blut rann ihm über das Kinn. Das Zahnfleisch fühlte sich betäubt an. Als er endlich den Mund öffnen konnte, spie er das Stück Fleisch aus, dann ging er auf die Knie und suchte im Dunkeln danach. Als er es fand und es eingehend betastet hatte, erkannte er, dass es ein Penis war. Erschrocken griff er sich zwischen die Beine, aus Furcht, sein eigenes Glied dort nicht mehr zu finden, aber es war noch da, weshalb der Penis, den er in der Hand hielt, einem anderen gehören musste. Aber wem?, dachte er, während von seinen Lippen immer noch Blut troff. Dann fühlte er sich todmüde und rollte sich am Rand des Abgrunds zusammen und schlief ein. In der Regel hatte er danach andere Träume.
    Frauen zu vergewaltigen und anschließend zu töten schien ihm reizvoller, geradezu sexy verglichen mit der Vorstellung, seinen Schwanz in Farfáns Eiterloch oder Gómez' Kackloch zu versenken. Wenn sie es weiter miteinander treiben, bringe ich sie um, dachte er manchmal. Erst bringe ich Farfán um, dann Gómez, die drei T werden mir helfen, mir die Waffe und ein Alibi verschaffen, alles einfädeln, dann werfe ich ihre Körper in den Abgrund und niemand wird sich mehr an sie erinnern.
    Vierzehn Tage nach seiner Überstellung in die Haftanstalt von Santa Teresa gab Haas das, was man seine erste Pressekonferenz nennen könnte, unter Beteiligung von vier Journalisten aus DF und fast sämtlichen Printmedien des Staates Sonora. Während der Konferenz

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